Haus der Vampire 02 - Der letzte Kuss-ok
es allein. Das heiße Wasser und der Schaum des Spülmittels auf ihren Händen hatten eine tröstliche Wirkung. Sie wusch Töpfe und Pfannen und wischte Spritzer roter Soße ab, wobei sie daran denken musste, wie Shane seine Mutter tot in einer blutigen Badewanne gefunden hatte.
Ich war nicht unbedingt an einem guten Ort, hatte Shane gesagt. Der Meister der Untertreibung. Claire war sich nicht sicher, ob sie je wieder hätte lächeln können, wieder lachen können, wieder funktionieren können, wenn ihr das zugestoßen wäre. Vor allem wenn sie eine Schwester verloren und mit ihrem Vater bei »Amerika sucht den Super-Alki« gewonnen hätte. Wie machte er das? Wie behielt er alles im Griff und blieb so... tapfer?
Sie wollte für ihn weinen, aber sie war sich fast sicher, dass ihm das peinlich gewesen wäre, deshalb behielt sie ihre Trauer für sich und schrubbte das Geschirr. Das hat er nicht verdient. Warum lassen ihn nicht einfach alle in Ruhe? Warum muss er derjenige sein, auf den alle einprügeln?
Vielleicht nur, weil er gezeigt hatte, wie stark er ist und wie viel er wegstecken kann.
Die Küchentür schwang auf und sie zuckte zusammen. Sie hatte Shane erwartet, aber es war Michael. Er ging hinüber zur Spüle, ließ kaltes Wasser in seine Hände laufen und spritzte es sich über Gesicht und Nacken.
»Üble Nacht«, sagte Claire.
»Was du nicht sagst.« Er warf ihr von der Seite einen schneidenden Blick zu.
»Glaubst du, er hat recht? Wegen ihnen, du weißt schon, ob sie seine Mutter umgebracht haben.«
»Ich glaube, Shane trägt Schuldgefühle mit sich herum, die so hoch sind wie das Empire State Building. Und ich glaube, es hilft ihm, zornig zu sein.«
Michael zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Möglich wäre es. Aber ich glaube, wir werden nicht dahinterkommen, ob es so war oder anders.«
Das hörte sich irgendwie... schaurig an. Kein Wunder, dass Shane nur widerwillig darüber sprach. Sie versuchte, sich vorzustellen, wie es war, mit dieser Art von Ungewissheit zu leben, diesen Erinnerungen. Aber sie schaffte es nicht.
Und sie war froh darüber.
»Also«, sagte Michael. »Ich habe noch ungefähr drei Stunden bis zum Morgen. Wir müssen uns überlegen, was wir machen und was wir nicht machen.«
Claire nickte und legte einen Teller zum Trocknen beiseite.
»Erstens verlässt keiner von euch das Haus«, sagte Michael. »Verstanden? Kein Unterricht, keine Arbeit. Ihr bleibt zu Hause. Ich kann euch nicht beschützen, wenn ihr rausgeht.«
»Wir können uns doch nicht einfach hier verstecken!«
»Wir können das eine Zeit lang und wir werden das auch tun. Schau mal, Shanes Dad kann nicht ewig da draußen herumrennen. Es ist ein vorübergehendes Problem. Jemand wird ihn finden.« Was mit Shanes Dad passieren würde, wenn man ihn fand, sprach keiner der beiden aus – das stand auf einem anderen Blatt. »Solange wir nichts tun, was uns direkt damit verbindet, was auch immer Shanes Dad tut, sind wir okay. Dafür steht Amelies Wort.«
»Du setzt eine Menge Vertrauen in...«
»... einen Vampir, ja, ich weiß.« Michael zuckte mit den Schultern und lehnte sich mit der Hüfte gegen die Theke, wobei er auf sie herabschaute. »Was bleibt uns anderes übrig?«
»Nicht viel, glaube ich.« Claire betrachtete ihn eingehender. Er sah müde aus. »Michael? Alles in Ordnung mit dir?«
Nun war es an ihm, überrascht auszusehen. »Klar. Shane ist derjenige, der hier Probleme hat. Nicht ich.«
Nein, Michael ging es blendend. Getötet, zerstückelt, begraben, wiedergeboren...ein ganz normaler Tag eben. Claire seufzte. »Männer«, sagte sie traurig. »Heute bleibe ich zu Hause, Michael, aber ich muss echt zum Unterricht, weißt du? Wirklich!« Denn wenn sie den Unterricht verpasste, war das, als würde ein Koffeinsüchtiger nicht seinen täglichen Kick kriegen.
»Deine Ausbildung oder dein Leben, Claire. Mir wäre es lieber, du wärst ein wenig dümmer, aber dafür am Leben.«
Sie schaute ihm direkt in die Augen. »Nun, mir nicht. Ich werde heute zu Hause bleiben. Für morgen verspreche ich nichts.«
Er lächelte, beugte sich vor und drückte ihr einen warmen, feuchten Kuss auf die Stirn. »Braves Mädchen«, sagte er und ging hinaus. Sie stieß erneut einen Seufzer aus, diesmal vor Glück, und ertappte sich bei einem Grinsen. Michael mochte zwar vor allem Eves großer Schwarm sein, aber sie war noch immer für einen Oh-my-God-wie- süß -er-ist-Kick zu haben.
Claire spülte fertig ab und ging zurück ins
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