Haus der Vampire 02 - Der letzte Kuss-ok
Kraftfeld der Trauer schützen. »Es war nicht deine Schuld. Du sagtest doch, dass sie depressiv war.«
»Begreifst du das nicht?« Er starrte finster zu ihr auf, dann zu Michael. »Sie hat es nicht getan. Sie waren es. Ihr wisst, wie sie vorgehen: Sie kreisen ein. Sie töten. Sie vertuschen. Sie müssen gekommen sein, kurz nachdem ich gegangen bin. Ich weiß nicht...«
»Shane.«
»... ich weiß nicht, wie sie sie in die Badewanne gekriegt haben. Da waren keine blauen Flecken, aber die Schnitte waren...«
»Shane! Um Gottes willen!« Michael sah jetzt völlig entsetzt aus und Shane verstummte. Die beiden sahen sich einen Moment lang schweigend an und dann lehnte sich Michael sichtlich angespannt in seinen Stuhl zurück. »Shit, ich weiß nicht mal, was ich sagen soll.«
Shane schüttelte den Kopf und schaute weg. »Es gibt nichts zu sagen. Es ist, wie es ist. Ich konnte nicht... Shit. Lass es mich nur zu Ende bringen, okay?«
Als ob sie ihn davon abhalten könnten. Claire fror. Sie spürte, wie Shanes Körper neben ihr zitterte, und wenn ihr schon kalt war, wie musste er sich dann fühlen? Gefroren. Taub. Sie streckte ihre Hand aus, um ihn zu berühren und... hielt inne, genau wie Eve. Shane hatte in diesem Moment etwas an sich, das nicht berührt werden wollte.
»Jedenfalls kam schließlich mein Dad nach Hause. Die Cops sagten, es sei Selbstmord gewesen, aber als sie weg waren, erzählte ich es ihm. Er wollte es eigentlich gar nicht hören. Es war... grausam.« Claire konnte sich gar nicht ausmalen, wie grausam das gewesen war, wenn Shane das schon zugab. »Aber ich sorgte dafür, dass er sich erinnert.«
Eve saß auf dem Fußboden und hatte die Arme um die Knie vor ihrer Brust geschlungen. Sie sah ihn mit Augen an, die so groß waren wie die einer Anime-Figur. »Und?«
»Er betrank sich. So richtig.« Wieder lag Bitterkeit in Shanes Stimme und plötzlich schien die Bierflasche in seiner Hand an Bedeutung zu gewinnen und war nicht mehr nur etwas, womit er seine nervösen Hände beschäftigte. Er stellte sie auf dem Boden ab und wischte die Handflächen an seiner Jeans ab. »Er schloss sich diesen Bikern an und so weiter. Ich...ich war nicht unbedingt an einem guten Ort. Einiges habe ich vergessen. Ein paar Wochen später bekamen wir Besuch von diesen Typen in Anzügen. Keine Vampire, sondern Rechtsanwälte. Sie gaben uns Geld, eine ganze Menge. Versicherung. Aber wir beide wussten, von wem es kam, und der Punkt war, dass sie versuchten herauszufinden, was wir wussten und woran wir uns erinnerten. Ich war zu sehr auf Drogen, um zu wissen, was gespielt wurde, und Dad war betrunken, das rettete uns vermutlich das Leben. Sie beschlossen, dass wir keine Gefahr darstellten.« Er wischte sich die Stirn mit dem Handballen ab und lachte – ein bitteres, gebrochenes Geräusch wie Glas in einem Mixer.
Shane und Drogen. Claire sah, dass Michael das auch mitbekommen hatte. Sie fragte sich, ob er etwas dazu sagen würde, aber wahrscheinlich war jetzt nicht der beste Zeitpunkt zu sagen Hey, Mann, nimmst du immer noch was? oder etwas in der Art.
Er brauchte nicht zu fragen, wie sich herausstellte. Shane lieferte ohnehin die Antwort: »Ich machte Schluss mit den Drogen und Dad nüchterte aus. Dann machten wir uns an die Planung. Das Ding ist, obwohl wir uns an vieles erinnerten – an viel persönliches Zeug –, hatten wir keine Ahnung, wie wir die Vamps finden konnten oder wie die Stadt angelegt war. Wir wussten nicht einmal mehr, wen wir überhaupt suchten. Also wurde das mein Job. Zurückkommen, auskundschaften, herausfinden, wo sich die Vamps tagsüber verstecken. Bericht erstatten. Es war nicht vorgesehen, dass es so lange dauern würde oder dass ich mich in etwas verstricken würde.«
»In uns«, half Eve leise weiter. »Stimmt’s? Er wollte nicht, dass du Freunde hast.«
»Freunde sind tödlich in Morganville.«
»Nein.« Eve legte ihre blasse Hand auf sein Knie. »Shane, Süßer, Freunde sind das Einzige, was dich in Morganville am Leben hält.«
4
C laire konnte gar nicht glauben, wie sehr Shane ihnen sein Herz ausgeschüttet hatte – all die Trauer, der Schrecken, die Bitterkeit und Wut. Er hatte immer irgendwie, na ja, normal gewirkt und es war schockierend, von diesem ganzen emotionalen Blutvergießen zu hören...und es war schockierend, dass er so viel von Dingen erzählte, die so persönlich waren. Shane war eigentlich niemand, der viele Worte machte.
Sie sammelte das Geschirr ein und spülte
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