Haus der Vampire 02 - Der letzte Kuss-ok
geraten, Strümpfe mit eingewebten Totenköpfen und ihre schwarzen Mary Janes. Ziemlich wild. Ihr Make-up erstrahlte wieder in alter Pracht, schneeweißes Gesicht, schwarz umrandete Augen, Lippen, die aussahen wie drei Tage alte Blutergüsse.
»Joe!« Eve flog praktisch durch das Zimmer, um ihn zu umarmen. Shane und Claire tauschten Blicke aus. So etwas sahen sie hier nicht alle Tage. »Joe, Joe, Joe! Ich habe mich schon gefragt, wo du steckst!«
»Hi, Skippy. Du erinnerst dich bestimmt an Travis, oder?«
»Big T.!« Noch eine Umarmung. Das überschritt, wie Claire fand, die Grenze des Surrealen, selbst für Morganville. »Ich bin so froh, euch zu sehen, Jungs!«
»Wir auch, Kleines«, sagte Lowe. Er lächelte, was seinem Gesicht fast schon etwas Engelhaftes verlieh.
»Du hast unsere Nummern noch, oder?«
Eve klopfte mit der Hand auf das Handy, das in einem sargförmigen Halter an ihrem Gürtel hing. »Oh ja, auf Schnellwahl. Aber es war nicht... ähm...«
Claire hatte plötzlich das seltsame Gefühl, dass es etwas gab, worüber Eve vor ihnen nicht sprechen wollte. Die Cops schienen dasselbe zu denken, denn ihre Blicke trafen sich kurz und Hess sagte: »Sollen wir dich auf den neuesten Stand bringen? Wie wär’s, wenn du uns mal deine Kaffeemaschine vorführst?«
»Klar!«, sagte Eve strahlend und führte sie in die Küche.
»Na«, sagte Shane, als die Tür hinter ihnen zufiel, »wenn das mal nicht seltsam ist.«
»Habe ich was verpasst?«, fragte Claire. »Kann mir mal jemand auf die Sprünge helfen?«
»Keine Ahnung.«
Die Geräusche einer Unterhaltung drangen aus der Küche, Musik ohne Worte. Claire zappelte ein wenig herum, dann stand sie auf und schlich auf Zehenspitzen hinüber.
Hess redete über jemanden, der Jason hieß. Shane reagierte, indem er seine Hand auf Claires Schulter legte und seinen Finger an die Lippen hob.
Was?, formte sie schweigend mit den Lippen.
Ich möchte zuhören.
Detective Lowe sprach gerade. »... interessiert es dich bestimmt, dass er heute rauskommt. Nun, bevor du etwas dazu sagst, er bekam eine Verwarnung. Es ist ihm nicht erlaubt, sich dir oder deinen Eltern zu nähern. Er wird überwacht.«
»Überwacht.« Eve klang erschüttert. »Aber ich dachte, er würde sehr lange im Gefängnis bleiben! Was ist mit diesem Mädchen...?«
»Sie hat die Anschuldigung zurückgezogen«, sagte Hess. »Wir konnten ihn nicht ewig eingesperrt lassen, Süße. Tut mir leid.«
»Aber er ist schuldig!«
»Ich weiß. Aber jetzt steht dein Wort gegen seines und du weißt, wie so was entschieden wird. Du bist auf niemanden vereidigt, Eve. Er schon.«
Eve fluchte. Es hörte sich an, als versuchte sie, nicht zu weinen. »Weiß er, wo ich bin?«
»Er wird es herausfinden«, sagte Hess. »Aber wie ich schon sagte: Er wird überwacht und wir werden ein Auge auf euch Kids hier haben. Du lässt Jason in Frieden, er lässt dich in Frieden. Okay?«
Falls Eve zustimmte, tat sie das in aller Stille. Claire wäre fast nach hinten gekippt, als Shane sie an den Schultern zog. Dann erlangte sie das Gleichgewicht wieder und folgte ihm zurück zur Couch. »Wer ist Jason?« Sie konnte mit ihrer Frage nicht einmal warten, bis sie sich gesetzt hatten.
»Shit«, seufzte er. »Jason ist ihr Bruder. Das Letzte, was ich über ihn gehört habe, ist, dass er im Gefängnis sitzt, weil er jemanden erstochen hatte. Er ist eine Art Psycho und Eve hat ihn angezeigt. Kein Wunder, sie hat durchgedreht.«
»Ihr älterer Bruder?« Claire stellte sich einen Football spielenden Goth-Muskelprotz vor, der mindestens drei Meter groß war und ein Doping-Problem hatte.
»Jünger«, sagte Shane. »Siebzehn, schätze ich. Dürres, unheimliches Kerlchen. Ich mochte ihn nie.«
»Glaubst du...«
»Was?«
»Glaubst du, er kommt hierher? Denkst du, er wird versuchen, Eve wehzutun?«
Shane zuckte die Schultern. »Wenn er das tut, wird er das auf dem ganzen Weg ins Krankenhaus bereuen.« Er sagte das so, als sei es eine Tatsache, was bei Claire ein seltsam warmes Gefühl hervorrief. Sie rang nach Atem. Shane schien das nicht bemerkt zu haben. Jedenfalls ließ er sich nichts anmerken. »Solange wir hierbleiben, sind wir sicher.« Er schaute hinauf zur leeren Decke. »Nicht wahr, Michael?«
Ein kalter Hauch strich über Claires Haut. »Klar«, sagte Claire an Michaels Stelle.
Aber sie war sich da nicht so sicher.
5
D ie Cops gingen wieder, Shane spielte einige Games und Claire lernte. Alles in allem war es ein ganz
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