Haus der Vampire 02 - Der letzte Kuss-ok
verwendet wurden, gültig waren oder verworfen werden sollten. Ja, es war Shanes Dad, er saß an einer Ecke der Bar und nippte an seiner Tasse. Ganz eindeutig.
Was zum Henker...?
Sie hielt den Atem an, als Oliver gegenüber von ihm Platz nahm. Oliver war ein schlaksiger Typ, groß und ein wenig vornübergebeugt, mit langem, lockigem Haar, das von grauen Strähnen durchzogen war. Nicht gerade bedrohlich – es sei denn, man sah seine Vampirzähne und erkannte seine wahre Persönlichkeit hinter der Fassade, die er für die Öffentlichkeit zur Schau trug. Oliver war ein unheimlicher Typ und sie hatte absolut kein Bedürfnis, in eine Situation zu geraten, in der sie wieder mit ihm zu tun hatte.
Claire wandte sich zum Gehen um und prallte gegen eine breite Brust, die in ein weiches graues T-Shirt gekleidet war. Sie blickte auf und sah einen Typen, den sie nicht kannte – etwas älter als Shane vielleicht, aber nicht viel. Er hatte weiches rotes Haar, helle Haut und Sommersprossen. Große blaue Augen, die sie an strahlenden Himmel und tiefe Ozeane denken ließen. Er war einfach... hübsch. Und irgendwie friedlich.
Er war groß und kräftig und trug in dieser spätsommerlichen texanischen Hitze ausgerechnet eine alte, abgetragene braune Lederjacke. Keinen Rucksack, aber er sah trotzdem wie ein Student aus.
Er lächelte auf sie herunter. Sie erwartete, dass er ihr aus dem Weg ging, aber das tat er nicht. Stattdessen nahm er ihre Hand und sagte: »Hallo Claire. Ich bin Sam. Kann ich dich kurz sprechen?«
Seine Finger fühlten sich kühl an, wie Lehm. Und er war unter seinen Sommersprossen ein wenig zu bleich. Außerdem lag etwas Entrücktes und Trauriges in seinem Blick.
Oh Shit. Vampir!
Claire versuchte, sich loszureißen. Er hielt sie mühelos fest. Er könnte auch Knochen brechen, das spürte sie, aber er setzte gerade so viel Kraft ein, dass sie nicht freikam. »Nicht«, sagte Sam. »Ich muss dich sprechen. Bitte, ich verspreche, dir nichts zu tun. Setzen wir uns, okay?«
»Aber...« Claire schaute sich beunruhigt um. Die beiden Sportler gingen in Richtung Bar davon, um sich was zu trinken zu holen. Es war viel los im Café und überall waren Studenten, die plauderten, lachten, Games spielten, auf ihren Laptops tippten und mit Handys telefonierten. Und natürlich schenkte ihr niemand Beachtung. Sie könnte eine Szene machen und vermutlich von ihm loskommen, aber das würde Olivers Aufmerksamkeit erregen, ganz zu schweigen von Shanes Dad, und das wollte sie nicht. »Den Ball flach halten« war das Motto des Tages.
Claire schluckte und ließ zu, dass der Vampir sie zu einem abgeschiedenen Tisch beim Fenster zog. Er nahm weit weg von dem harten weißen Sonnenstrahl Platz, der über den Holzboden kroch. Die Markise draußen schirmte das meiste ab, aber ein kleiner Gefahrenbereich war noch übrig, wie sie annahm.
Sam hielt noch immer ihre Hand fest. Sie setzte sich und versuchte, ihre Stimme fest klingen zu lassen, als sie sagte: »Würdest du mich jetzt bitte loslassen? Ich sitze doch schon.«
»Was? Oh. Natürlich.« Er ließ sie los und schenkte ihr ein Lächeln, das sogar ihr voreingenommener, misstrauischer (fast schon paranoider) Verstand als...süß interpretierte. »Sorry. Aber du bist so warm. Das fühlt sich gut an.«
Er klang sehnsüchtig. Sie konnte es sich nicht leisten, Mitleid zu haben, auf gar keinen Fall. Das ging einfach nicht. »Woher weißt du meinen Namen?«, fragte sie.
Seine blauen Augen verschmälerten sich, als er lächelte. »Machst du Witze? Jeder kennt dich. Dich, Shane, Eve, Michael. Die Gründerin hat eine Weisung erlassen. Zum ersten Mal in, oh, ich glaube, dreißig Jahren, vielleicht auch vierzig. Hochdramatisch das alles. Wir alle legen euch gegenüber unsere besten Manieren an den Tag, mach dir keine Sorgen.« Sein Blick schweifte umher, blieb an Oliver hängen und kehrte zu ihr zurück. »Na ja, abgesehen von Menschen, die sowieso nicht die besten Manieren haben.«
»Menschen«, sagte Claire und verschränkte die Arme. Sie hoffte, dass sie dadurch taff und stark aussah, aber eigentlich tat sie es nur, weil sie fror. »Ihr seid keine Menschen.«
Sam sah ein wenig verletzt aus. »Das ist hart, Claire. Natürlich sind wir Menschen. Wir sind nur... anders.«
»Nein, ihr tötet Menschen. Ihr seid... Parasiten!« Und sie hatte keine Ahnung, warum sie sich darüber mit einem völlig Fremden in eine Diskussion verstrickte. Dazu noch mit einem Vampir. Zumindest hatte er nicht mit ihr
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