Haus der Vampire 02 - Der letzte Kuss-ok
sie. »Sam«, sagte sie. »Bring das Kind weg. Es soll keine Zeugen dafür geben.«
»Ich gehe nicht weg!«, sagte Claire.
Yeah, prima Plan. Sam kam drei Stufen herauf, nahm sie auf den Arm und trug sie hinauf. Claire versuchte, nach dem Geländer zu greifen, aber ihre Finger rutschten ab. »Michael! Michael, nein! Tu es nicht!«
Sam trug sie in ihr Zimmer und ließ sie auf das Bett plumpsen, und noch bevor sie sich in eine sitzende Position aufgerappelt hatte, war er schon draußen und machte die Tür zu.
Wenn Claire später daran dachte, konnte sie nicht sagen, ob sie den Schrei gehört oder gefühlt hatte; jedenfalls schien er durch die Knochen und Bretter des Glass House zu zucken und durch ihren Kopf, sodass sie stöhnte und die Hände über die Ohren schlug. Das half nichts. Der Schrei hielt an – schrill und schmerzlich wie die Dampfpfeife eines Zuges – und Claire fühlte, wie etwas...an ihr zog, als bestünde sie aus Stoff und ein riesiges, bösartiges Kind würde an ihren losen Fäden zerren.
Und dann hörte es einfach auf.
Sie glitt vom Bett, rannte zur Tür und öffnete sie. Sam war nirgends zu sehen. Eve stürzte aus dem Badezimmer, den Bademantel um den tropfnassen Körper gezogen. Ihre Haare klebten nass an ihrem Gesicht. »Was ist da los?«, schrie sie. »Michael? Wo ist Michael?«
Die beiden Mädchen wechselten einen verzweifelten Blick, dann rannten sie zur Treppe.
***
Amelie saß in einem Lehnstuhl, in dem, den Michael normalerweise benutzte; sie sah verhärmt und erschöpft aus und ihr Kopf war gebeugt. Sam kauerte neben ihr und hielt ihre Hand. Als Eve und Claire atemlos unten an der Treppe angelangt waren, erhob er sich.
»Sie ruht sich aus«, sagte er. »Es gehört viel dazu zu tun, was sie getan hat. Lasst sie in Ruhe. Sie soll sich erholen.«
»Wo ist Michael?«, fragte Eve. Ihre Stimme zitterte. »Was hast du mit Michael gemacht, du Mistkerl?«
»Langsam, Kind. Sam hat nichts damit zu tun. Ich habe ihn befreit«, sagte Amelie. Sie hob den Kopf und ließ ihn nach hinten gegen den Sessel sinken. Sie hatte die Augen geschlossen. »So viel Schmerz in ihm. Ich hatte gedacht, er könnte hier glücklich sein, aber ich habe mich geirrt. Jemand wie Michael kann nicht lange in einem Käfig leben.«
»Was meinen Sie damit, Sie haben ihn befreit?« Eve stotterte jetzt, ihr Gesicht war auch ohne die Unterstützung von Goth-Make-up aschfahl. »Haben Sie ihn getötet?«
»Ja«, sagte Amelie. »Ich habe ihn getötet. Sam!«
Claire verstand erst, weshalb sie den Namen des anderen Vampirs zischte, als Sam sich wie der Blitz umdrehte und ein anderer Blitz von der gegenüberliegenden Seite des Zimmers auf sie zukam. Es kam zum Kampf zwischen zwei Körpern, die sich zu schnell bewegten, als dass Claire ihnen mit den Augen hätte folgen können; er endete, als einer von ihnen flach auf dem Rücken am Boden lag.
Es war Michael da am Boden... aber nicht der Michael, den sie kannte. Nicht der, den sie vor fünf Minuten noch gesehen hatte, als er mit Amelie sprach und seine Entscheidung traf. Dieser Michael war Furcht einflößend . Sam hatte alle Mühe, ihn festzuhalten. Michael kämpfte und versuchte, ihn abzuwerfen. Und er fauchte , oh Gott, und seine Haut – seine Haut hatte die bleiche Farbe von Marmor und Asche...
»Hilf mir auf«, sagte Amelie ruhig. Claire sah sie betäubt an. Amelie hob königlich die Hand und erwartete offensichtlich, dass man ihr gehorchte. Claire half ihr auf die Füße, nur weil man ihr immer eingetrichtert hatte, höflich zu sein, und stützte die Vampirin, da es schien, als würde sie das Gleichgewicht verlieren. Amelie erlangte das Gleichgewicht wieder und schenkte ihr ein schwaches, dünnes Lächeln. Sie ließ Claires Arm los und ging langsam – unter Schmerzen – zu Sam, der versuchte, Michael unten zu halten.
Claire sah Eve an. Eve war in die Ecke zurückgewichen und hielt sich die zu Fäusten geballten Hände vor den Mund. Ihre Augen waren riesig.
Claire legte den Arm um sie.
Amelie legte ihre weiße Hand auf Michaels Stirn und er hörte sofort auf, sich zu wehren. Er bewegte sich überhaupt nicht mehr und starrte mit wilden, seltsamen Augen zur Decke hinauf. »Ruhe«, flüsterte Amelie. »Ruhe, mein armes Kind. Die Schmerzen werden vorübergehen. Der Hunger wird vorübergehen. Das wird helfen.« Sie griff in eine Tasche ihres Kleides und zog ein sehr kleines, sehr dünnes Silbermesser heraus, das nicht größer als ein Fingernagel war, und schnitt sich
Weitere Kostenlose Bücher