Haus der Vampire 03 - Rendezvous mit einem Unbekannten-ok
was nach der manischen Phase kam, aber sie traute sich nicht.
»Ich warte im anderen Zimmer«, sagte Sam. Myrnin winkte ihn ungeduldig hinaus, wobei er ihn kaum eines Blickes würdigte.
»Jaja, schon gut, geh. Hier. Fangen wir mit der ägyptischen Inschrift für asem an. Asem. Weißt du, welches Element das darstellt?«
»Elektrum«, sagte Claire und malte das Symbol sorgfältig mit Kreide auf. Eine Art Schüssel mit einem großen Stab in der Mitte. »Gut so?«
»Ausgezeichnet! Ja, das ist es. Jetzt mal etwas Schwieriges.
Chesbet.«
Saphir. Das war schwer. Claire biss sich einen Augenblick auf die Lippen, ordnete ihre Gedanken und zeichnete dann los. Ein Kreis über einer doppelt durchgestrichenen Linie, daneben ein Bein, daneben etwas, das aussah wie eine Art Auto ohne Reifen über zwei getrennten Kreisen.
»Nein, nein, nein«, sagte Myrnin, griff nach einem Tuch und wischte das Auto weg. »Zu modern. Schau.«
Er zeichnete es neu, dieses Mal etwas grober, aber es sah für Claire noch immer wie ein Auto aus. Sie zeichnete es ab, zweimal, bis er schließlich zufrieden war.
Es waren viele Symbole und er fragte sie praktisch alle ab, wobei er immer aufgeregter wurde. Ihr Arm tat davon weh, an der hohen Tafel zu schreiben, vor allem als sie das Symbol für Blei vermasselte und er sie dazu zwang, es hundertmal abzuzeichnen.
»Wir sollten das auf einem Computer machen«, sagte sie, als sie es sorgfältig zum neunundachtzigsten Mal zeichnete. »Mit einem Zeichenprogramm.«
»Unsinn. Sei froh, dass ich es dich nicht mit dem Griffel auf einer Wachstafel einritzen lasse wie in den alten Zeiten«, schnaubte Myrnin. »Kinder. Verwöhnte Kinder, die immer mit dem glänzendsten Spielzeug spielen.«
»Computer sind effektiver!«
»Auf diesem Abakus kann ich Rechenaufgaben schneller lösen als du am Computer«, spottete Myrnin.
Okay, so langsam wurde sie böse auf ihn. »Beweisen Sie es!«
»Was?«
»Beweisen Sie es.« Dieses Mal sagte sie es freundlicher, aber Myrnin wirkte nicht verärgert, sondern seltsam interessiert. Einen Moment lang sah er sie schweigend an, dann brachte er das breiteste, seltsamste Lächeln zustande, das sie je auf dem Gesicht eines Vampirs gesehen hatte.
»Also gut«, sagte er. »Ein Wettstreit. Computer gegen Abakus.«
Sie war sich überhaupt nicht mehr sicher, ob das eine gute Idee war, auch wenn sie von ihr stammte. »Ähm – was kann ich dabei gewinnen?« Und vor allem, was habe ich dabei zu verlieren? Deals zu machen, gehörte in Morganville zum Leben und angesichts der Verhandlungspartner war man besser vorsichtig bei dem, was man forderte.
»Deine Freiheit«, sagte er feierlich. Seine Augen waren groß und unschuldig, sein allzu junges Gesicht strahlte Ehrlichkeit aus. »Ich werde Amelie sagen, dass du für die Arbeit nicht geeignet bist. Sie wird dich mit deinem bisherigen Leben weitermachen lassen.«
Guter Preis. Zu gut. Claire schluckte schwer. »Und wenn ich verliere?«
»Dann fresse ich dich auf«, sagte Myrnin.
Ohne dabei auch nur im Geringsten die Miene zu verändern.
»Sie...das können Sie nicht tun.« Sie zog den Ärmel ihres Shirts hoch und hielt ihr Handgelenk so, dass Licht auf das goldene Armband fiel.
»Mach dich nicht lächerlich«, sagte er. »Natürlich kann ich das. Ich kann tun, was ich will, Schätzchen. Ohne mich gibt es keine Zukunft. Niemand, schon gar nicht Amelie, wird mir den einen oder anderen Leckerbissen missgönnen. Du bist ohnehin kaum groß genug, um als Mahlzeit durchzugehen. Außerdem wirst du deinen Spaß dabei haben.«
Sie wich einen Schritt vor ihm zurück. Einen großen. Dieses wahnsinnige Lächeln...Sie warf einen Blick auf die Tür des anderen Zimmers, in dem Sam auf sie wartete. Kein Wunder, dass Amelie ihm befohlen hatte zu bleiben.
Myrnin stieß einen traurigen, theatralischen Seufzer aus. »Sterbliche sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren«, sagte er. »Vor tausend Jahren hätte man seine unsterbliche Seele noch für eine alte Brotkruste verkauft. Heute kann ich euch nicht einmal mehr zum Wetten bringen, noch nicht einmal um eure Freiheit. Also wirklich, die Menschen sind so... langweilig geworden. Keine Wette also? Wirklich nicht?«
Sie schüttelte den Kopf. In seinem Gesicht spiegelte sich tiefe Enttäuschung wider. »Na schön«, sagte er. »Dann wirst du mir eben bis morgen einen Aufsatz über die Geschichte der Alchemie schreiben. Ich kann keine wissenschaftliche Abhandlung erwarten, aber ich erwarte, dass du die
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