Haus des Blutes
Stirnrunzeln. »Was? Aber er hat doch gerade erst angefangen.«
Er gestattete Wanda trotzdem, ihn wegzuziehen. »Genau wie wir«, erklärte sie.
Chad sah zu Todd hinüber, der vor ihnen her trottete. Dann erst wurde ihm bewusst, wohin sie gingen – zu dem großen Zelt, das er sich als »Backstagebereich« vorgestellt hatte. Zwei Wachmänner standen vor den geschlossenen Planen am Eingang des Zelts. Sie wirkten behäbig hinter ihren Visieren und hielten ihre Gewehre schräg vor die Brust. Sie strahlten eine Aura stahlharter Effizienz und Rücksichtslosigkeit aus, und Chad verfluchte seine Erinnerung dafür, dass sie sich ausgerechnet diesen Moment ausgesucht hatte, um das Bild von Cindys Hirnmasse, die auf die Weste der Wache spritzte, noch einmal vor seinem inneren Auge auftauchen zu lassen.
Todd blieb stehen, um mit der Wache zu sprechen, die seine Anwesenheit kaum zu registrieren schien. Wandas Hand schloss sich fester um Chads Arm, als sie nur wenige Schritte vor dem Eingang des Zelts haltmachten. »Beruhige dich.«
»Ich bin ruhig.« Aber die Worte waren zu hektisch aus ihm herausgeplatzt.
Wanda lächelte. »Okay, Chad. Aber vergiss eins nicht: Wir befinden uns bereits in einer verbotenen Zone. Die Menschen Unten wissen es besser, als sich hierherzuwagen.«
Chad sah die Wachen stirnrunzelnd an. »Ach ja?«
»Ja.« Sie nickte den Wachen zu. »Die gehören zu uns, Chad. Kümmer dich nicht um sie. Wir haben ganz andere Sorgen. Ich muss dich etwas fragen.«
Chad seufzte. »Sicher.«
Das Gemurmel der Menge wurde lauter. Chad hörte, wie der alte Mann etwas über die Russische Revolution und die Zaren erzählte. Er ebnete den Weg für etwas Außergewöhnliches und einige seiner Zuschauer spürten das allmählich.
Wandas Lächeln war einem sehr nüchternen Ausdruck gewichen. »Ich muss wissen, ob du einen empfindlichen Magen hast, Chad.«
Darüber musste er nicht lange nachdenken. »Nicht mehr.«
Sie nickte. »Gut.«
Chad sah, wie Todd durch die herunterhängenden Zeltplanen verschwand. Wanda zog Chad erneut hinter sich her und sie traten zwischen den Wachen hindurch. Als sich ihre Hände um eine der Planen legten, überkam ihn ein lebhafter Schock der Vorahnung. Etwas, worauf er ganz und gar nicht vorbereitet war, erwartete ihn im Inneren. Er wusste zwar nicht, worum es sich handelte, aber es würde absolut grauenhaft sein.
Er schluckte schwer. »Wanda …«
»Entspann dich, Chad.«
Als sie das Zelt betraten, kitzelte aufsteigende Galle in Chads Rachen. Er presste eine Hand gegen die Stirn, kniff die Augen zusammen und versuchte, zu begreifen, was er vor sich sah. »Oh mein Gott …«
Es war das reinste Leichenschauhaus. Überall lagen Tote herum. Unmöglich, zu sagen, wie viele, denn die meisten von ihnen waren vollkommen zerstückelt. Blut sammelte sich in riesigen Pfützen auf dem Boden und floss in wahren Sturzbächen davon. Bei den Opfern schien es sich durchgehend um Männer im mittleren Alter zu handeln.
Jene, die offenkundig für das Gemetzel verantwortlich waren, standen in einem losen Kreis um die verstümmelten Leichen. Sie alle hielten noch immer die bluttriefenden Macheten in der Hand. Kleidung und Gesichter waren von Blutspritzern übersät. Chad erkannte nur einen von ihnen – Shaft, den einzigen dunkelhäutigen Mann im Zelt.
Chad begann zu schwanken und in seinem Kopf drehte sich alles. Wandas Griff um seinen Ellenbogen wurde fester, und sie half ihm, aufrecht stehen zu bleiben, bis er sich wieder aus eigener Kraft auf den Beinen halten konnte. »Was ist hier passiert?«
Todd kam mit einer Machete in der Hand auf ihn zu. »Das ist der Anfang, Chad. Der erste Sieg des Aufstands.«
»Diese Männer waren Lehensherren, Chad. Jeder Einzelne von ihnen«, fügte Wanda hinzu.
Shaft grinste höhnisch. »Die Arschlöcher haben überhaupt nicht richtig mitgekriegt, was geschieht. Nach ein paar Minuten war alles vorbei.«
Chad zuckte zusammen, als Todd seinen Arm bewegte, aber dann wurde ihm bewusst, dass der Junge ihm lediglich die Machete überreichen wollte. Chad nahm sie mit großem Widerwillen entgegen und hielt sie lose am Ende des Griffs fest. Er hätte ihnen am liebsten gesagt, dass er nicht dazu in der Lage war, Menschen in Stücke zu hacken, aber er wusste, dass hier kein Platz für Zimperlichkeiten war.
Todd deutete mit einem Kopfnicken auf eine weitere Öffnung in der Zeltwand. Chad erspähte eine im Schatten liegende Treppe, von der er annahm, dass sie zur Bühne
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