Haus des Blutes
»Ich weiß.«
Der Transporter kam abrupt zum Stehen und katapultierte einige der Passagiere auf der Ladefläche von ihren Sitzen. Chad hatte das Gefühl eines Déjà-vus, als er von der Bank kippte. Die Machete fiel ihm aus der Hand und hüpfte scheppernd zum Ende der Ladefläche. Er krabbelte der Waffe hinterher, schloss seine Hand um den Griff und keuchte.
»Was zur Hölle?«
Es war die Stimme von Jack Paradise. Er klang panisch, bis aufs Äußerste angespannt. Es war äußerst beunruhigend, erkennen zu müssen, dass selbst ein so imposanter, seelenruhiger Mann wie Paradise von derartigem Entsetzen gepackt werden konnte. Andererseits war Entsetzen die einzig rationale Reaktion auf das, was sie hörten.
Das Geheul von vorhin war durch Knurren und Schreie ersetzt worden. Und durch seltsames Reißen. Chad stellte sich die Zähne von Wölfen vor, die menschliches Fleisch zerfetzten. Er zitterte am ganzen Körper und seine Eier schrumpelten in sich zusammen.
Es gab nicht das Geringste, was er tun konnte, um den Schrecken aufzuhalten, der ihn zu übermannen drohte. Die Geräuschkulisse des wilden Abschlachtens wurde immer dissonanter, ein wachsendes Crescendo aus Angst und Qual. Er wollte raus aus diesem Lastwagen, wollte sich eine dunkle Ecke suchen, in die er hineinkriechen konnte, um sich zu verstecken, aber eine Hand packte ihn am Hemd und holte ihn auf die Beine.
Er drehte sich um und blickte in die funkelnden Augen von Jack Paradise.
»Raus aus dem Wagen, Kinder.« Er schubste Chad zum hinteren Ende des Transporters. »Von hier aus gehen wir zu Fuß weiter.«
Chad folgte seinen Anweisungen und sprang von der Ladefläche. Wie durch ein kleines Wunder gelang es ihm, sich auf den Beinen zu halten. Paradise sprang als Nächster. Gefolgt von Lazarus. Auch die Wachen strömten aus dem Fahrzeug und nahmen links und rechts neben dem Transporter ihre Verteidigungspositionen ein. Lazarus zog eine Pistole aus seinem Hosenbund und gesellte sich zu ihnen.
Es folgte ein Moment der Stille, der wie eingefroren wirkte. Das Surreale der ganzen Situation führte dazu, dass Chad beinahe glaubte, er bilde sich alles nur ein. Er sah in die Richtung, aus der sie gekommen waren, und wusste, dass sich irgendwo dort hinten eine Nachhut von Verbannten befand, die sich zu Fuß durch die Tunnel schlugen, die meisten von ihnen lediglich mit Stöcken und Messern bewaffnet. Falls es dem Vortrupp nicht gelingen sollte, diese heulenden Ungeheuer zu überwältigen, waren diese Menschen geliefert.
Plötzlich dröhnte der erste Schuss in Chads Ohren.
Die Wachen drangen tiefer in den Tunnel ein und feuerten ihre Waffen in wütender, schneller Folge ab. Schon bald hallten die Wände vom Lärm barbarischer Qualen wider.
Chad spürte erneut die Hand von Paradise auf seinem Rücken.
Aber dieses Mal brauchte er keinen Anstoß.
Ihm blieb nun wirklich keine andere Wahl mehr.
Er hob die Machete und folgte den Wachen.
Dream schrie auf und stolperte gegen das riesige Bett.
Der Meister stellte sich hinter sie, packte sie an den Haaren, riss ihren Kopf zurück und drang in sie ein. Es war dieselbe Position, in der er sie schon in der vergangenen Nacht erobert hatte. Dieser Erfahrung haftete jedoch nichts von der berauschenden, erotischen Energie ihrer vorherigen Begegnung an. Nicht ein Hauch des Subtilen. Keine allmählich wachsende Lust. Dies war reine, verzweifelte Ekstase. Der Akt eines einst stolzen Wesens, das kurz davorstand, endgültig die Kontrolle zu verlieren.
Sie weinte jetzt, stützte sich mit den Armen am Bett ab und verfluchte sich selbst dafür, dass sie tatsächlich geglaubt hatte, sie könne ihm das Gleiche antun, was er ihr angetan hatte.
Wie naiv.
Wie gottverdammt naiv.
Dann schrie er auf.
Ein Geräusch, das Dream in ihrem tiefsten Inneren traf und ihr wild pochendes Herz umklammerte wie die eiskalten Pranken des Todes.
Der missgebildete Kopf der Kreatur ragte in der Dunkelheit empor, und ihre gelben Augen leuchteten wie die grelle Neonreklame eines Nachtclubs. Chad stieß einen Kamikazeschrei aus, stürmte auf sie zu und musste dabei über eine zerfledderte Leiche springen. Der Formwandler riss sein Maul ganz weit auf, schürzte seine Lippen und entblößte eine Palette glänzender Zähne. Das Raubtier stürzte sich mit einer Geschwindigkeit auf Chad, die jeden Windhund vor Neid hätte erblassen lassen. Aber Chad holte bereits mit seiner Machete aus – ein perfekt getimter Schlag. Die Klinge drang tief in den mit dicken
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