Haus des Blutes
Gesicht zu ihren Schuhen hinunter. Die Art und Weise, wie sie sich tief in die Matratze eingruben, gefiel ihm ganz und gar nicht. Aber wenigstens waren es keine Stilettoabsätze. Sie hob ein Bein und stellte die kalte Sohle ihres Schuhs auf seine Brust. Sie übte fast keinen Druck dabei aus und hielt über einen erstaunlich langen Zeitraum perfekt sowohl das Gleichgewicht als auch die leichte Berührung aufrecht.
Dann steigerte sie den Druck ein wenig.
Und noch ein wenig.
Als sich der Absatz tief in sein Fleisch bohrte, schrie Eddie auf.
Im nächsten Moment ließ sie ihn ihr ganzes Gewicht spüren. Er verzerrte vor Qual das Gesicht. Inzwischen thronte sie mit beiden Füßen auf ihm.
Sie machte einen Schritt nach vorne.
Ging im wahrsten Sinne des Wortes über ihn hinweg.
Die flache Sohle von einem ihrer Schuhe berührte seine linke Wange und zwang seinen Kopf zur Seite, während sich der Absatz in die weiche Haut am unteren Ende seiner Kehle grub.
Eddie sah das Blatt auf dem Boden liegen, seine Botschaft eine ungeschönte Verurteilung.
DAS IST ES DOCH, WAS DU IMMER GEWOLLT HAST.
Zu seinem Entsetzen war er nicht sofort in der Lage, die Frage zu beantworten, die er sich innerlich stellte: Ist es das wirklich?
Oh mein Gott … ist es das?
Der Druck auf sein Gesicht nahm weiter zu.
Kapitel 12
Dream hatte Angst. Sie sinnierte kurz über die fantastische Ironie ihrer Situation, aber an der absoluten Wahrheit gab es nichts zu rütteln. Hier war sie nun, ein Mensch, der sich dafür entschieden hatte, seinem Leben noch vor dem nächsten Sonnenaufgang ein Ende zu setzen, und hatte Angst. Nur dass Angst die Intensität dessen, was in ihr vorging, nicht einmal annähernd zum Ausdruck brachte. Angst war etwas, das man empfand, wenn man in einem dunklen Kinosaal saß und einen guten Horrorfilm anschaute. Das Wort implizierte einen gewissen Abstand zum Auslöser des Schreckens. Der Film mochte einen vielleicht ein bisschen aus der Fassung bringen, aber dann flimmerte der Abspann über die Leinwand, das Licht im Saal ging an und man konnte wieder hinaus in die Wärme der Sonne treten.
Nein, dies hier glich vielmehr einem kranken, schleichenden Gefühl des nervenaufreibenden Entsetzens. Es saugte auch das letzte Quäntchen Kraft aus ihrem Körper, und sie fühlte sich hundeelend. Sie krallte sich noch verkrampfter am Lenkrad des Hondas fest, um das Zittern ihrer Arme zu stoppen. »Ich muss mal kurz anhalten, Mädels.«
Alicia kniff besorgt die Augen zusammen. »Geht’s dir nicht gut?«
Dream schüttelte energisch den Kopf. Sie riss das Steuer herum und der Wagen schlitterte über den Seitenstreifen. Sie würgte den Motor ab, öffnete die Fahrertür und beugte sich ins Freie, um es ihm gleichzutun. Ihr Magen krampfte sich zusammen und sie quetschte ein dünnes Säurerinnsal heraus. In ihrem Magen befand sich nichts, was sie hätte erbrechen können, aber sie musste die Krämpfe trotzdem eine Zeit lang hilflos über sich ergehen lassen. Als sie schließlich abebbten, pfefferte Dream die Tür zu und ließ sich in ihren Sitz zurücksinken.
»Gott, es tut mir so leid. Es tut mir so leid.«
Alicia betrachtete sie mit dem Blick einer Krankenschwester, die einen ernsthaft erkrankten Patienten vor sich hat. »Oh, sei doch still.« Sie legte eine Hand in Dreams Nacken. »Dir hat diese ganze Sache eben ziemlich zugesetzt, das ist alles.«
Womit sie den Anblick von Shanes zerfetztem Körper meinte.
Nun, es war eine plausible Erklärung. Die Erinnerung war auf alle Fälle grauenvoll genug, um einen sofortigen Übelkeitsanfall auszulösen. Trotzdem war es nicht der eigentliche Grund, weshalb Dream sich übergeben hatte. Sie wollte es den anderen gerade erklären, als Karen erneut zu sprechen begann.
»Bitte.« In ihrer Stimme lag ein untypisch beißender Unterton. »Ich liebe euch beide wirklich, aber bitte beleidigt mich nicht mit dieser Scheiße. Keine von euch war jemals Mitglied im Shane-Wallace-Fanclub.«
Alicia protestierte: »Was hat das denn damit zu tun, verdammt noch mal? Absolut nada. Nicht das Geringste, verflucht. Wir sind menschliche Wesen, Süße, und Sympathien oder Antipathien spielen keinerlei Rolle, wenn einem anderen Menschen so etwas zustößt.«
Karen schnaubte. »Wie auch immer. Ich sag das ja auch nur, um meine Meinung zu verdeutlichen. Dream nimmt nicht das so mit, was vorhin passiert ist.« Sie deutete mit einem Daumen über ihre Schulter zurück. »Sie nimmt das mit, was jetzt gerade
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