Haus des Blutes
thronte neben dem Kamin auf einem reich verzierten Podest.
Das großzügige Zimmer war unglaublich geräumig, größer als viele Luxusapartments. Ebenso wie unten im Wohnzimmer waren die Wände auch hier von Bücherregalen gesäumt, die in Leder gebundene Bände beherbergten, von denen Dream annahm, dass sie sehr alt und wertvoll sein mussten. Den Parkettfußboden zierten verschiedene Läufer, die handgewebt aussahen – das Werk von Kunsthandwerkern der unterschiedlichsten ethnischen Gruppen. Mehrere raumhohe Türen führten auf einen langen Balkon, der eine Aussicht auf ein Panorama aus Bergen und Wäldern bot, das bei Tag atemberaubend sein musste.
Es war einfach himmlisch, eine wundersame Zuflucht vor einer zunehmend böseren Welt.
Dream dachte darüber nach, wie schön es wäre, für immer hierzubleiben. Der Gedanke hätte sie eigentlich erschrecken müssen. Wie klug konnte jemand sein, der wenige Stunden nach dem Kennenlernen bereits über eine derart intensive Bindung an einen anderen Menschen nachdachte? Sie wusste, wie Alicias Antwort auf diese Frage gelautet hätte.
Verdammt!
Der Gedanke an Alicia holte sie für einen Moment lang unsanft in die Realität zurück. Es war ihr gelungen, Kings abnormes Verhör ein paar Minuten lang auszublenden, aber nun hallten seine perversen Worte in ihrem Schädel wider und bereiteten ihr eine Gänsehaut. Sie drehte ihren Kopf, um in Kings dunkle, seelenvolle Augen zu schauen. »Ed … darf ich dich um etwas bitten?«
Er strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn. »Natürlich.«
Sei einfach wie Alicia, dachte sie.
Komm gleich auf den Punkt.
Sie seufzte. »Ich fand alles, was du eben mit mir gemacht hast, einfach wundervoll. Ich fand es unsagbar schön, mich dir hinzugeben, zuzulassen, dass du alles mit mir machst, was du willst, und du kannst mich jederzeit auf jede erdenkliche Weise und so oft du willst wiederhaben, wann immer dir danach ist. Aber bitte zwing mich nicht noch einmal, diese kranke Scheiße über meine Freundinnen zu sagen. Das war einfach furchtbar.«
Ein unergründlicher Ausdruck huschte über sein Gesicht. »War es das?«
Dream nickte. »Ja. Hey, es ist mir ganz egal, worauf du so stehst, Ed. Ganz gleich, was für ’ne abgefahrene Scheiße dich anmacht, tu dir keinen Zwang an, ehrlich. Ich bin ganz dein, du kannst über mich verfügen.«
Dream erschauderte, als die Worte in ihrem Kopf widerhallten – und trotzdem wusste sie, dass es der Wahrheit entsprach.
Sie atmete tief ein und fuhr fort: »Ich bitte dich nur, meine Freundinnen da rauszuhalten und mich nicht noch einmal zu zwingen, etwas zu sagen, was mir im Herzen wehtut.«
Seine Arme umschlossen sie, und er zog sie näher an sich heran. »Dann werde ich deine Wünsche respektieren. Deine Bereitschaft, dich mir völlig hinzugeben, ist äußerst schmeichelhaft, aber vollkommen unnötig. Ich möchte nicht, dass du dich mir unterwirfst.«
Dream verspürte ein seltsames, flüchtiges Gefühl der Enttäuschung. Sie runzelte die Stirn. »Tust du nicht?«
Er lächelte. »Nein. Ganz im Gegenteil. Ich werde dir sagen, was ich glaube, Dream. Ich glaube, dass es kein Zufall war, dass du hier gelandet bist. Ich glaube, dass das Schicksal dich hergeführt hat. Dein Schicksal. Mein Schicksal.« Er legte eine Hand auf ihr Gesicht und streichelte ihre Wange.
Er wandte seinen Blick zu keinem Zeitpunkt von ihr ab, als er fortfuhr: »Es ist wie ein Märchen, Dream, wenn auch keine dieser keimfreien Versionen aus den Märchenbüchern. Ich bin ein König. Der König dieser Welt.« Er nahm seine Hand von ihrem Gesicht und machte eine ausladende Geste mit seinen Armen, von der sie annahm, dass sie sein Haus und die umliegende Berglandschaft einschließen sollte.
»Aber ich war ein einsamer König. Ein müder, trauriger alter König. Ein König, der des Lebens müde war, seines Daseins überdrüssig. Dann, in einer dunklen Nacht voller Magie, ist ein Wunder geschehen, und eine Königin klopfte an der Tür des Königs an.«
Dream schluckte schwer. Es war nicht leicht, sich nicht von Kings Worten verzaubern zu lassen. Welcher Frau würde es nicht gefallen, mit einer Märchenkönigin verglichen zu werden?
Sie lächelte. »Aber wie kann ein König ein König sein, wenn er keine Untertanen hat, die er regieren kann?«
Der stille Anflug eines Lächelns umspielte seine Mundwinkel. »Oh, aber ich habe Untertanen. Eine ganze Menge sogar. Ich möchte, dass du dich mit mir auf eine Reise begibst, Dream. Auf eine
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