Haus des Blutes
in einem nasskalten Raum endete. Er war völlig leer, aber in der hinteren Wand befand sich eine Öffnung, eine Art Durchgang, der in die Erde hineingegraben worden war. King wollte, dass sie hindurchflog, das wusste sie, also ignorierte sie ihr neu erwachtes Gefühl der Beklommenheit und tat es.
Sie fand sich in einem Tunnel wieder, der sich tief in das Gestein hinabschlängelte, weit unter das Haus auf dem Hügel. Sie folgte ihm, schwebte immer tiefer und tiefer, bis sie eine geräumige Höhle erreichte, und verharrte an der Decke. Von dort aus beobachtete sie die Szene, die sich unter ihr abspielte.
Es war grauenvoll.
Sie blickte auf eine unterirdische Gesellschaft, ein Königreich, das auf verstörende Weise der Szene rund um die Pyramide glich. Sie sah sofort, dass es eine herrschende Klasse und eine Unterschicht gab. Noch mehr Sklaven. Sie wurden furchtbar schlecht behandelt, viel schlimmer als die Sklaven, die in der Wüste geschuftet hatten. Am schlimmsten war jedoch der Moment, als sie erkannte, dass es sich um eine Schöpfung von King handelte. Diese Menschen waren dort, weil … er sie eingefangen hatte.
Es waren Reisende, Unglückliche, die auf den falschen Weg abgebogen waren.
Sie waren …
»Hier sind meine Untertanen, Dream«, enthüllte Kings Stimme.
Sie entdeckte die widerwärtigen, wolfsähnlichen Kreaturen, die an den Ausgängen des Tunnelsystems kauerten.
Shane, dachte sie.
Eine von diesen Bestien hat Shane getötet.
Kings Tonfall veränderte sich nicht. »Du kannst jetzt zurückkommen, Dream. Komm zu mir zurück.«
Es war ihr recht.
Mit einem Mal wünschte sie sich nichts sehnlicher, als wieder in ihrem eigenen Körper zu sein. Sie wollte nichts mehr von alldem sehen.
Die Höhlenszene verblasste.
Und sie stürzte erneut ...
… fiel und fiel …
Sie riss die Augen auf und stürzte in Kings Arme.
Er drückte sie ganz fest an sich. »Entspann dich, Dream.« Er strich mit seinem Zeigefinger über ihre Lippen. »Bei mir bist du in Sicherheit.«
»Aber du bist ein Ungeheuer«, keuchte sie.
Er lachte. »Das ist rein subjektiv. Bin ich ein Ungeheuer? Oder bin ich ein König? Was die Märchenbücher niemals verraten, ist, dass diese beiden Extreme oft eng miteinander verwoben sind. Ich bin nur für jene ein Ungeheuer, die ich aus meinem innersten Kreis ausschließe. Ich habe Bedienstete. Schüler. Meine Auserwählten verfügen über eine Macht, die sie in der Welt dort draußen niemals erlangen könnten. Und nichts ist verführerischer als Macht, Dream. Diese Menschen sind mir sehr dankbar. Sie lieben und verehren mich.«
Dream zitterte. »Sie fürchten dich.«
King wirkte amüsiert. »Natürlich.« Sein Lächeln war beunruhigend. »Und das sollten sie auch. Aber sie lieben und verehren mich auch, und sie leben dafür, mir zu dienen.«
Er küsste Dream auf den Mund. »Genauso, wie sie dafür leben werden, dir zu dienen.«
»Lieben dich.«
»Und verehren dich.«
King küsste sie immer wieder, und Dream spürte, wie der Widerstand in ihr erlahmte. Sein Mund fühlte sich noch immer unheimlich gut auf ihren Lippen an. Verflixt, er fühlte sich ganz wunderbar an. Er war eine monströse, böse, unmenschliche Kreatur. Seine bloße Existenz war eine Verletzung sämtlicher Prinzipien, an die Dream jemals geglaubt hatte.
Und doch …
Seine Hand glitt an der Seite ihres Körpers hinab, strich über ihre Hüfte und an ihrem Bein entlang. Seine Fingerspitzen streiften ihre Kniescheibe und glitten schließlich langsam und fordernd an der Innenseite ihres Oberschenkels hinunter.
Es war zu viel für sie.
Zu erregend.
Zu köstlich.
Also ordnete sie rigoros ihre Gedanken, schob das Entsetzen, das seine Enthüllungen in ihr ausgelöst hatten, beiseite und gab sich ganz ihren sinnlichen Empfindungen hin.
»Du bist so wunderschön, Dream. Ich habe so lange auf dich gewartet.« Seine tiefe Stimme, kräftig und klangvoll, beruhigte sie und ließ sie in Wollust erbeben. »Meine Königin.«
Königin.
Was für eine unglaubliche Vorstellung.
Sie schloss die Augen.
Konzentrierte sich auf das körperliche, sinnliche Erlebnis von Kings Zunge auf ihrer Haut.
Und ließ sich fallen.
Gab sich Eros erneut hin.
Verlor sich einmal mehr in süßem Vergessen.
Denn es gab nichts Besseres als das.
Kapitel 23
Chad folgte Cindy durch ein Gedränge aus Frauen und Männern, die dem Wahnsinn verfallen waren. Sein Kopf befand sich ständig in Bewegung, und sein Mund blieb immer wieder offen stehen, während
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