Haus des Todes
im Gesicht, aber immerhin schluchzt sie nur leise, und dafür ist er dankbar. Von den drei Mädchen erinnert sie ihn am stärksten an Jessica.
»Hallo?«
»Adam?«
»Ja. Wer ist da?«
»Caleb.«
Am anderen Ende der Leitung herrscht Schweigen. Caleb wartet, er wartet darauf, dass sein Schwager auflegt, und hofft zugleich, dass er es nicht tut – und das tut er auch nicht. Stattdessen sagt er. »Moment, eine Sekunde.«
Caleb hört, wie eine Tür geschlossen wird, dann das Geräusch von Schritten, und einige Augenblicke später
ist Adam wieder am Apparat. »Mein Gott, Caleb, wie geht es dir?«
»Es ging mir schon mal besser«, sagt Caleb.
»Was du nicht sagst. Sie berichten ständig über dich in den Nachrichten. Du hast ein paar schlimme Dinge getan. Hast du diese Mädchen verletzt?«
»Das würde ich nie tun.«
»Das habe ich Marie auch gesagt«, erwidert er, und Caleb fragt sich, wie seine Schwägerin wohl inzwischen aussieht. Ob sie immer noch so viel Geld dafür ausgibt, sich in eine Barbie-Puppe zu verwandeln. »Ich hab ihr immer wieder gesagt, egal, wie fertig Caleb auch sein mag, Kindern würde er nie etwas antun. Was willst du also, Caleb?«
Er starrt durch die Windschutzscheibe. Die Straße ist menschenleer, aber er zählt mindestens ein Dutzend herumstreunender Katzen, einige schauen einander an, und zwei von ihnen sehen so aus, als wollten sie miteinander kämpfen oder vögeln. Caleb ist klar, dass Katy jedes seiner Worte mit anhören kann. Er wird sie in Kürze wieder betäuben müssen.
»Ich brauche Hilfe.«
Er stellt sich vor, dass Adam genauso wie vor fünfzehn Jahren aussieht. Vielleicht hat er inzwischen eine Glatze und hat ein paar Kilo zugelegt, aber der Gesichtsausdruck ist bestimmt derselbe, ein Ausdruck schmerzlicher Verwirrtheit.
»Mensch, Caleb, das geht nicht. Als ich dir das letzte Mal geholfen habe … Scheiße, du weißt doch.«
»Ich wusste nicht, dass das passieren würde. Nichts davon.«
»Nein, weil du nur an dich gedacht hast, und diesmal ist es wieder so. Ich habe eine Familie, Caleb. Ich kann es mir nicht leisten, deinetwegen Ärger zu kriegen. Übrigens, die Polizei hat schon mit mir gesprochen. Sie wollen, dass ich sie anrufe, wenn ich was von dir höre.«
»Wirst du es tun?«
»Das sollte ich. Ich sollte jetzt auflegen und sie sofort anrufen.«
»Aber?«
»Hängt davon ab, was du zu sagen hast.«
Die beiden Katzen belauern sich immer noch. Sie haben beschlossen, gegeneinander zu kämpfen. Und die anderen Katzen schauen sich die Show an. Sie bilden einen Kreis, und es scheint, als würden gleich Wetteinsätze von Hand zu Hand wandern. Oder von Tatze zu Tatze.
»Wozu?«
»Dazu, was du mit den Mädchen vorhast.«
»Ich werde ihnen nichts tun«, sagt er und schaut Katy an, die seinen Blick jedoch nicht erwidert. Sie beobachtet die Katzen, sie hat die Hände dicht zwischen Glasscheibe und Gesicht gepresst, während sie versucht, mehr zu erkennen.
»Was hast du vor?«
»Ich habe eben eines der Mädchen laufen lassen«, sagt er. »Es ist unverletzt, und die Polizei wird es morgen finden. Und dem anderen werde ich auch nichts tun, versprochen.«
Bei der Bemerkung zuckt Katy zusammen, schaut aber weiter aus dem Fenster. Sie summt wieder ihr putziges Liedchen, und Caleb hofft, dass sie nicht anfängt zu singen.
»Was ist mit dem Arzt?«
»Er wird für seine Taten bezahlen.« Eine der beiden Katzen stürzt vor, und die andere dreht sich um und rennt davon. Der Angreifer jagt sie durch einen Vorgarten und über einen Zaun. Die anderen Katzen wirken, als wüssten sie nicht, was sie tun sollen. »Arbeitest du immer noch als Umzugsunternehmer?«
»Ja. Leider. Ich schleppe allerdings nicht mehr selbst, ich habe mir im Lauf der Jahre den Rücken ruiniert. Aber ich werde dir den Laster nicht noch mal leihen. Es war sowieso schon schlimm genug, was passiert ist, aber um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, ist die Versicherung nicht mal für den Schaden aufgekommen. Es war ein Totalschaden, Caleb. Ich habe meine Nichte und meine Schwester verloren und dann auch noch fast meinen Job. Es hat mich Jahre gekostet, das abzubezahlen.«
»Es geht nicht um deinen Laster, Adam.«
»Nein? Um was dann?«
»Vermietest du immer noch Möbel an Immobilienmakler, die damit leere, zum Verkauf stehende Häuser einrichten?«
Erneut herrscht für ein paar Sekunden Schweigen. Einige der Katzen trollen sich, und Caleb lässt seinen Blick über die Häuser wandern, hält nach
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