Haus des Todes
holen, doch als er zurückkehrt, ist sie auf dem Hintern in die andere Ecke des Raums gerutscht und spielt mit einem rostigen Nagel. Er reißt ihn ihr aus der Hand und wirft ihn fort.
»Verdammt«, sagt er zu den anderen Mädchen. »Warum zum Teufel habt ihr sie mit dem Nagel spielen lassen?«
Die Mädchen können nicht antworten, und natürlich ist es nicht ihre Schuld. Sie hatten keine Möglichkeit, Octavia davon abzuhalten. Er hätte eine von ihnen ungefesselt lassen sollen, damit sie auf das Baby aufpasst. Er schaut auf Octavia hinunter, die jetzt anfängt zu schreien.
»Nicht«, sagt er, doch vergeblich. »Na klasse«, murmelt Caleb und legt die Kleine auf die Decke.
Herrgott, es ist eine Ewigkeit her, dass er so etwas gemacht hat.
Er hält die Luft an, schaut zur Seite und öffnet die Windel. Es war schon schlimm genug, die Windeln seiner eigenen Tochter zu wechseln, aber die eines anderen Kindes … als er den Inhalt sieht, fängt er an zu würgen und wendet sich ab. Dann würgt er erneut und springt auf, er kann nichts dagegen tun. Er schafft es durch die Tür ins Büro, beugt sich aus dem Fenster, würgt einmal, und ein zweites Mal und übergibt sich in die Dunkelheit. Er hätte es eine der beiden Schwestern machen lassen sollen. Beim nächsten Mal. Als er zurückkehrt und sich weiter um Octavia kümmert, kann er sie nicht mal dabei anschauen. Er zieht die Windel weg und stopft sie in eine Plastiktüte und macht ihren Hintern mit mehreren Feuchttüchern sauber, den Blick immer noch abgewendet. Schließlich hört sie auf zu schreien.
»Ich hätte im Knast bleiben sollen«, sagt er und schmeißt die Tücher zu der Windel in die Tüte, die er zuknotet und in die Ecke mit dem Nagel wirft. Aber das ist nicht weit genug entfernt, also geht er rüber, hebt die Tüte auf und bringt sie nach draußen.
Anschließend legt er Octavia eine frische Windel an, knöpft das Unterteil ihres Strampelanzugs wieder zu, setzt sie in den Kindersitz und legt ihr die Gurte an.
Dann stellt er sie zwischen ihre Schwestern. »Hallo«, sagt sie erneut.
Er nimmt das Klebeband und schneidet einen Streifen davon ab, doch er kann sich nicht dazu überwinden, ihn ihr auf den Mund zu kleben.
»Ladl ladl«, sagt sie und kichert. Wenn sie nicht bald einschläft, muss er ihr den Mund doch noch zukleben. Sie verzieht ihr kleines Gesicht, läuft rot an und lächelt erneut. Es stinkt.
»Verdammt noch mal«, sagt er.
»Ladl ladl.«
Caleb greift in die Tasche und zieht zusammen mit dem Klebeband eine weitere Windel heraus.
Kapitel 17
John Morgan ist schon wach, und in seinem Wohnzimmer wartet ein Kaffee auf mich. Der Geruch weckt meine Sinne, was mich ein wenig überrascht, denn ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich abgebaut habe. Ich entschuldige mich dafür, dass ich ihn so früh am Morgen befragen muss, aber er winkt ab. Wir nehmen auf zwei gegenüberliegenden Sofas Platz, zwischen uns ein Sofatisch mit einem akkurat gestapelten Stoß Zeitschriften in der Mitte – mehrere Mode- und Architekturmagazine und obenauf eine Fernsehzeitschrift, die kürzlich als Untersetzer gedient hat. Seine Frau liegt noch im Bett und schläft oder versucht zu schlafen. Der Kaffee ist heiß und richtig gut. Ich bin unendlich dankbar dafür. Morgans grau meliertes Haar steht auf einer Seite ab, dort, wo er die
letzten Stunden auf einem Kissen gelegen hat; darum ist die rechte seiner Koteletten auch buschiger als die linke. Über seinem Schlafanzug trägt er einen Morgenmantel.
»Brad war, also, er war ein großartiger Buchhalter«, sagt John, »und es wird schwer sein, ihn zu ersetzen. Haben Sie von der Sache mit Edward Hunter gehört?«
Edward Hunter war ein Buchhalter, dessen Familie getötet wurde und der sich nicht damit begnügen wollte, dass die Polizei in seinem Namen für Gerechtigkeit sorgt. Stattdessen hat er sich selbst um die Sache gekümmert, darum sitzt er jetzt im Knast. Ihn hat Brads Frau vorhin erwähnt.
»Ich hab ihn mal getroffen«, sage ich.
»Ein sympathischer Bursche, wirklich«, sagt John. »Na ja, das sind Verrückte häufig, wenn sie es schaffen, ihren Wahnsinn zu verbergen.«
So gut hat es noch keiner auf den Punkt gebracht.
»Er war immer irgendwie … seltsam«, sagt Morgan.
»Hat Brad Edwards Aufgaben übernommen?«
»Nicht alle. Wir haben seine Arbeit aufgeteilt, und Brad hat davon etwas übernommen.«
»Er hat also Überstunden gemacht?«
»Wie wir alle«, sagt er.
»Hat sich Brad, soweit Sie das
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