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Haus des Todes

Haus des Todes

Titel: Haus des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Cleave
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ihm die Knochen zu brechen.
    »Er hat auf jedes seiner Opfer neunzehnmal eingestochen«, sagt er, »und ich weiß, warum.«
    Ich bleibe stehen und drehe mich zu ihm um. »Wer hat Ihnen das erzählt?«, frage ich.
    »Es stimmt also«, sagt er.
    »Kein Kommentar«, erwidere ich.
    »Ah, verstehe, Sie haben wirklich keine Ahnung. Tja, Sie werden es bald erfahren. Ich weiß es.«
    »Weil Sie Kontakt mit jemandem aufgenommen haben?«
    »Das ist eine Gabe«, erklärt er.
    »Eine sehr lukrative.« Ich drücke den Aufzugknopf. Und zwar mehrfach. Denn ich hoffe, es handelt sich lediglich um eine moderne Legende, dass er dadurch auch nicht schneller kommt. »Warum also neunzehnmal?«

    »Das ist einfach«, sagt er, »aber wenn ich Ihnen den Grund nenne, möchte ich auf dem Laufenden gehalten werden. Sie sind zwar kein Cop, aber offensichtlich fungieren Sie als Berater, denn Sie waren gestern an allen Tatorten, und jetzt sind Sie hier, und ich weiß, dass Sie das Geld brauchen.« Er spricht mit gedämpfter Stimme. Denn der Beamte hinter dem Empfangsschalter beobachtet uns. »Um das zu erkennen, muss man kein Hellseher sein«, sagt er, doch wenn er Hellseher wäre, wüsste er, dass ich ein Cop bin und nicht bloß Berater. »Ich gebe Ihnen die Info, und Sie halten mich auf dem Laufenden. Das hier kann der Beginn einer fruchtbaren Partnerschaft sein.«
    Auch wenn ich keinen Erfolg damit hatte, wiederhole ich den Spruch von eben, vielleicht klappt es ja diesmal. »Wie gesagt, Jones, zischen Sie ab, okay?«
    »Ich will den Menschen helfen«, sagt er. »Und Sie wollen den Menschen helfen. Es spricht also nichts dagegen, wenn wir zusammenarbeiten.«
    Ich drücke erneut auf den Knopf. Doch der Fahrstuhl kommt dadurch nicht schneller. »Und es spricht auch nichts dagegen, keinen Profit daraus zu schlagen, was?«
    »Von irgendwas muss man ja leben«, sagt er. »Ihr seid da nicht anders. Jeder in diesem Gebäude schlägt Profit aus dem Leid anderer Menschen, Tate, oder machen die Mitarbeiter hier ihren Job umsonst?« Er gibt mir seine Karte. »Rufen Sie mich an, wenn Sie Hilfe brauchen.«
    Die Aufzugtüren öffnen sich, und er verschwindet. Ich bin stinksauer, denn er hat recht. Ich betrachte seine
Karte  – auf elfenbeinfarbenem Untergrund steht in silbernen Lettern Jonas Jones und darunter fett gedruckt Medium. Das ist ein Druckfehler  – eigentlich müsste da Made stehen. Da es im Fahrstuhl keinen Mülleimer gibt, zerreiße ich die Karte und steckte sie in die Tasche. Sollten sich die beiden Hälften wieder zusammengefügt haben, wenn ich den vierten Stock erreiche, bin ich bereit zu akzeptieren, dass Jones über magische Fähigkeiten verfügt. Ich frage mich, ob er wirklich weiß, warum die Opfer neunzehn Stichwunden haben. Eigentlich hätte ich ihn am Kragen packen, nach oben schleifen und dort befragen sollen. Mag ja sein, dass Hellseher nur Scheiße reden, aber manchmal haben sie eine ganz eigene Sicht auf die Dinge und kommen mit einer Theorie an, die  – auch wenn sie unzutreffend ist  –, neue Überlegungen in Gang setzt.
    Ich werde ihn nach der Einsatzbesprechung anrufen.
    Im vierten Stock öffnen sich die Fahrstuhltüren auf eine Welt, die sich von der im Erdgeschoss deutlich unterscheidet. Hier oben gibt es Dutzende Mitarbeiter, die alle verkatert und müde wirken. Das Stockwerk riecht nach billigem Bourbon. Das Revier ist nicht mehr so sauber wie früher, weil der Hausmeister letztes Jahr in den Knast gewandert ist, nachdem sich herausgestellt hatte, dass er eine Vorliebe fürs Töten von Menschen besaß. Schroder trägt ein neues Hemd und die Schuhe von gestern  – sie sind inzwischen getrocknet  –, aber er hat immer noch dieselben Hosen an. Er stinkt aus dem Mund, als hätte er ein Bier getrunken und mit Zahnpasta nachgespült.

    Das Besprechungszimmer ist um einiges größer als bei meinem letzten Aufenthalt hier. Früher gab es einen Konferenzraum, in dem ein Dutzend Personen sitzen und etwa zehn weitere stehen konnten. Doch inzwischen wurde eine der Wände eingerissen und nach hinten versetzt, sodass der Raum jetzt doppelt so groß ist. Die Verbrechensrate in Christchurch hat diese Umbaumaßnahme erforderlich gemacht. Früher standen in der Ecke Topfpflanzen, und an der Wand hingen ein paar Landschaftsdrucke, doch davon ist nichts mehr zu sehen. Jetzt hängt hier eine große Luftaufnahme von der Stadt aus dem letzten Jahr. Im Moment des Auslösens hat die Kamera wahrscheinlich unzählige Straftaten

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