Haus des Todes
falsche Prostituierte mitgenommen. Und ich denke, wenn Cole Whitbys Anwalt eine Mitschuld an der Sache gibt, dann gilt das auch für den Richter. Damit ist der Richter eine mögliche Zielperson, vielleicht bietet sich über ihn die Gelegenheit, Cole zu schnappen.«
»Gute Idee«, sagt Schroder. »Wir werden den Richter aus seinem Haus schaffen und dort bewaffnete Beamte postieren. Vielleicht haben wir Glück und erwischen Cole, wenn er versucht, dort einzubrechen.«
»Für Mrs. Whitby gilt dasselbe«, sage ich, während ich ihr Polizeifoto betrachte, das aufgenommen wurde, während ihr Sohn in einem Krankenhauszimmer um sein Leben kämpfte. Ihre Haare am Hinterkopf stehen ab, weil sie sich mehrere Stunden auf dem Sofa herumgefläzt und ferngesehen hat. Ihre Augen sind halb geschlossen, sie ist betrunken und müde und wirkt, als wäre ihr alles scheißegal. »Wie ich gesagt habe, sie hat den Ball ins Rollen gebracht.«
»Du solltest noch mal zu Ariel Chancellor fahren und
mit ihr reden«, sagt er. »Und nimm Kent mit. Es sind seit deinem heutigen Besuch bei ihr jede Menge neuer Fragen aufgetaucht. Vielleicht sind die beiden in Kontakt geblieben. Vielleicht kann Ariel Chancellor uns etwas erzählen, das uns hilft, ihn aufzuspüren.«
»Ja«, sage ich und gehe zur Tür.
Schroder greift in seine Tasche und zieht eine Packung Koffeintabletten heraus.
»Weißt du noch, wie wir das Mädchen gefunden haben?« , fragt er.
Ich bleibe an der Tür stehen und drehe mich zu ihm um. »Sicher.«
»Landry war auch dabei«, sagt er. »Ist das wirklich schon fünfzehn Jahre her?«
»Ja, kaum zu glauben.«
»Ich denke, die Tatsache, dass Cole Whitby in den Schlachthof gebracht hat«, sagt Schroder, »deutet auf ein Muster hin. Was meinst du? Glaubst du, dass er diesmal wieder dorthin gefahren ist?«
Mir fällt der Schnee ein, und das Blut, und ich frage mich, wie der Schlachthof jetzt wohl aussieht. Ich stelle mir vor, wie Caleb Cole sich dort mit dem Arzt und seiner Familie verkrochen hat. Wenn nicht dort, wo sonst?
»Gut möglich«, sage ich.
»Ich werd’s überprüfen.«
»Soll ich mitkommen?«
»Ich schaff das schon«, sagt Schroder und wirft eine Tablette ein, während ich zur Tür hinausgehe.
Kapitel 30
»Ticktack«, sagt Caleb.
»Bitte …«
»Tick. Und …« Caleb wirft einen Blick auf seine Uhr, während er in seinem Kopf die Sekunden zählt. »… tack. Die Zeit ist um. Die zwei Minuten sind vorbei.«
»Nein, nein«, sagt Stanton.
»Wen?«
»Ich kann nicht.«
»Ich hatte gehofft, es würde nicht dazu kommen«, sagt Caleb, und das stimmt. »Aber sei’s drum.«
Er nimmt das Messer. Und geht zu Katy hinüber. Er muss es hinter sich bringen. Wenn er zögert, wenn er Zweifel zulässt, tut er womöglich nicht, was getan werden muss. Er hat keinen Platz für Mitgefühl, er hat nur Platz für seinen Plan, und wenn er jetzt einen Rückzieher macht, wird er es nicht tun. Er muss sich darauf konzentrieren. Er mustert Katy. Er darf nicht Kätzchen Katy in ihr sehen. Er muss sie als Gegenstand betrachten. Mein Gott, sie erinnert ihn so sehr an seine eigene Tochter, sie sind beide …
Schluss damit! Das macht alles nur schwerer!
Er geht auf Melanie zu.
Mäuschen Mel. Bei ihr ist es dasselbe, ja …
»Bitte, bitte, nicht«, sagt Stanton. »Es tut mir leid. Es tut mir so leid, wirklich.«
»Das kommt zu spät.«
»Tu’s nicht! Verdammte Scheiße, tu’s nicht! Du musst das nicht tun!«
Er hockt sich über Melanie. »Entscheide dich für eine, Doktor, mach es kurz und schmerzlos.«
»Ich kann nicht«, schreit Stanton. »Merkst du das nicht? Wenn du an meiner Stelle wärst und von drei Kindern eines auswählen müsstest, könntest du es auch nicht«, sagt er schnell und voller Hoffnung, als wäre sein Gedanke von so bezwingender Logik, dass Caleb augenblicklich sein Vorhaben verwirft.
Allerdings ist an dem Gedanken durchaus etwas dran. Doch Caleb ist nicht hier, um Argumente auszutauschen. Sondern, um Stanton leiden zu lassen.
»Entscheide dich«, sagt er.
»Es geht nicht.«
»Du hast recht. Es geht nicht, trotzdem musst du eine auswählen. Entweder, es stirbt jetzt nur eine von ihnen oder gleich alle drei. Wenn du das bedenkst, ist es nicht mehr ganz so unmöglich.«
»Du bist verrückt.«
»Vielleicht. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass es hier gleich ein Blutbad gibt, wenn du mir nicht innerhalb von fünf Sekunden einen Namen nennst.«
»Ich …«
»Eins«, sagt
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