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Haus Ohne Hüter

Haus Ohne Hüter

Titel: Haus Ohne Hüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böl
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sie«, sagte Albert, »sie wird schon das Richtige tun.«
    »Was kann sie tun?«
    »Ich weiß nicht, aber sie wird es richtig machen.«
    »Eine Ohrfeige, was Ȭ einen Tritt in den Hintern, was kannst du mit einem solchen Menschen tun? Ihn umbringen, ich würde es tun.«
    Albert schwieg. »Ich bin in Sorge wegen des Jungen«, sagte er. »Ich kann mir
    nicht denken, wo er ist, er wußte doch, daß ich heute mit ihm wegfahren wollte. Hast du Hunger?«
    »Ja«, sagte Bresgote, »mach was zu essen!«
    »Komm«, sagte Albert.
    Sie gingen in die Küche hinüber, und Albert stellte den Topf mit Gemüse auf die Gasflamme und holte den Salat aus dem Eisschrank. Nella hatte den Pfannkuchenteig vorbereitet und Speckwürfel zerschnitten. Sie hatte auch Kaffee gemahlen. Drei Tage lang war sie zu Hause geblieben, ruhig und friedlich, und es war kein Besuch gekommen. Albert starrte auf den Spruch an der Wand: Die Liebe geht durch den Magen.
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    Daß Gäseler aufgetaucht war, störte ihn. Er hatte Angst, den wirklichen Gäseler wiederzusehen; über ihn zu sprechen, an ihn zu denken, war leicht gewesen. Aber nun würde der Junge, würde Nellas Mutter darin verwickelt werden. Bresgote stand mit finster verbissenem Gesicht neben ihm und beobachtete, wie die Pfannkuchen gar wurden und die Speckstückchen leise, in Teig gefangen, tanzten.
    Albert lauerte auf jedes Geräusch von der Straße her, er kannte Martins Gang, es war Rais Gang, ein leichter Gang, und er wußte, wie das Gartentor knirschte, wenn Martin es öffnete. Er stieß es nur bis zu einem bestimmten Punkt auf, während Nella es mit einem heftigen Ruck beiseite schob, so daß es gegen die Haltestange schlug. Martin öffnete es immer nur halb, schlüpfte dann hinein, und er verursachte beim öffnen des Gartentores ein ganz bestimmtes Geräusch, auf das Albert nun wartete. Das Brutzeln der Kuchen und das puffende Dampfen des heiß werdenden Gemüses reizte ihn. Es erschwerte ihm, auf die Geräusche draußen zu achten. Er nahm den ersten fertigen Kuchen, legte ihn für Bresgote auf einen Teller, häufte ihm Salat in eine Schüssel und sagte: »Verzeih, ich halt ȇ es nicht mehr aus, ich muß nach dem Jungen sehen. Es ist schon bald drei.«
    »Was wird schon sein?«
    »Er kann nur an zwei Stellen sein«, sagte Albert, »und ich fahre eben mal hin. Iß schon und setze Wasser für Kaffee auf, wenn du fertig bist.«
    Immer, wenn der Junge nicht pünktlich war, sprang seine Phantasie, und er war hilflos den Bildern ausgeliefert, die auf ihn einstürmten: Unfälle, Blut, Bahren, und er sah schon die auf einen Sarg geworfene Erde, hörte eine Schulklasse singen, so wie damals bei Leens Begräbnis eine gesungen hatte:
    »Media in vita« hatten die englischen Mädchen gesungen. Blut und
    Plötzlichkeit des Todes: »Media in vita«. Er zwang sich, langsam zu fahren, fuhr durch die Allee und blickte hinter jeden Baum, und er suchte weiter, obwohl er wußte, daß er den Jungen nicht finden würde, so sicher, wie er wußte, daß der Mann, mit dem Nella weggefahren war, Gäseler war. Aber das interessiert ihn jetzt nicht, am Atrium vorbei bis zur Ecke der Heinrichstraße, in der die Schule lag. Die Straße war leer, öde im Sonnenschein und still, bis plötzlicher Lärm sie erfüllte; die Mädchenschule
    Lachen und Geschrei, und ein Hund, der aufgeschreckt worden war, lief mit
    gesenktem Schwanz über die Straße. Er fuhr weiter, eine Minute lang hielt er vor dem Schild »Tischlerei«, hupte heftig dreimal, und Heinrich kam ans Fenster: hübsches lächelndes Gesicht. »Ist Martin bei dir?«
    Er wußte die Antwort, die prompt kam, schon vorher. »Nein. Ist er noch
    nicht da? Er lief gleich nach Hause.«
    »Nein Ȭ fährst du mit heute nachmittag?«
    »Ich muß erst die Mutter fragen.«
    »Wir kommen vorbei.« »Ja.«
    Blieb nur Bolda. Er fuhr so langsam, daß die anderen Autos ihn ärgerlich hupend überholten, aber er kümmerte sich nicht darum, bog rechts ein, fuhr um die Kirche herum und hielt vor der Sakristei.
    Blut und die Plötzlichkeit des Todes. Gewißheit, daß er auch bei Bolda nicht
    war, und der lähmende Zwang, auszusteigen, sich diese Gewißheit bestätigen zu lassen. Media in vita. Die Tür war nur angelehnt. Er drückte sie auf, schritt an den kühlen, sauberen Schränken vorbei. Neben dem weißen Rochett des Küsters hing Boldas Mantel am Nagel, dunkelbraun, in der linken Tasche die Thermosflasche mit Bouillon, in der rechten das Butterbrotpaket.
    Er drückte die Tür zur

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