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Hausbock

Hausbock

Titel: Hausbock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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seufzte sie. »Dragan ist deutlich jünger als ich, etwa
fünfzehn Jahre. Und er hat seine eigene kleine Wohnung.«
    Hecht notierte sich die Adresse in München. »Kannten sich die
Männer?«, fragte er beiläufig.
    »Nein, sie sind sich nie begegnet. Aber Rupert wusste von Dragan.
Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht. Wir sind alle erwachsene Menschen.
Es ist doch nicht unüblich, dass eine Beziehung in die Brüche geht. Wenn ich
recht informiert bin, wird ein Drittel aller Ehen in Deutschland geschieden.«
    Peter Hecht schaute nachdenklich, seine Ehe war schon vor Jahren in
die Brüche gegangen. Allerdings führte er seitdem, im Unterschied zu Elvira
Ledermann, ein Singledasein, mit dem er sich langsam arrangiert hatte.
    »Wir waren vorhin bei den Ursachen für eine Explosion stehen geblieben«,
übernahm Morgenstern. »Gab es vielleicht ein Schweißgerät mit Gasflaschen in
der Mühle?«
    Alle drei Ledermanns verneinten. Aurelius sagte: »Nicht solange wir
noch in der Mühle gewohnt haben.«
    »Dann müssen wir wohl auf die Brandfahnder warten«, sagte Hecht.
»Die haben in solchen Fällen noch immer etwas Verwertbares gefunden. Sie werden
uns bald sagen können, was der Auslöser war. Aber viel dringender ist die
Frage: Wer? Wir müssen wissen, ob Rupert Ledermann Feinde hatte. Menschen, mit
denen er im Streit lag. Die ihm vielleicht schon einmal gedroht hatten.
Anscheinend ist er mit seinem Kampf für die Denkmalpflege angeeckt. Und wir
haben gehört, dass er in seiner Tätigkeit als Amtsrichter einen gewissen, äh,
nun, einen gewissen Ruf hatte.«
    »Sagen Sie es ruhig«, sagte Raphaela und fixierte nun Hecht mit
ihrem Hypnoseblick. »Sagen Sie ruhig, dass man ihn in Weißenburg drüben
›Richter Gnadenlos‹ nannte.«
    Es wurde still am Besprechungstisch, und Raphaela wandte sich ihrem
Hund zu, um ihn im Nacken zu kraulen.
    »Seine Urteile waren also öfter mal ein bisschen streng?«, fragte
Morgenstern vorsichtig.
    Der Sohn übernahm die Antwort. »Was heißt schon ›streng‹? Unser
Vater war sehr korrekt. Und als Amtsrichter hatte er eher die kleineren Delikte
und ging mit Menschen um, von denen er dachte, er könne noch irgendwie
pädagogisch auf sie einwirken.«
    »Indem er sie besonders hart anfasste?«, fragte Morgenstern.
    »Er hat immer darauf gedrängt, dass es sehr rasch zur Verhandlung
kam, dass den Betroffenen der Zusammenhang zwischen Tat und Strafe direkt vor
Augen stand.«
    »Knüppel aus dem Sack«, sagte Morgenstern trocken.
    »Er war mit Sicherheit kein Kuscheljurist. Seine Urteilsbegründungen
waren berühmt. Manchen kleinen Burschen hat er auf so ein Format
zusammengefaltet.« Mit Daumen und Zeigefinger beschrieb Aurelius die Größe
einer Briefmarke.
    Raphaela, die wieder ihren Hund kraulte und deren Kopf dabei halb
unter der Tischplatte verschwunden war, ließ sich gedämpft vernehmen: »Vor
Gericht war er ein Riesenarschloch, das wissen wir doch alle.«
    Morgenstern kniff die Augen zusammen. »Dann müssen wir davon ausgehen,
dass mancher mit ihm noch eine Rechnung offen hatte?«
    Aurelius Ledermann widersprach. »Das denke ich nicht. Diese
Amtsgerichtskandidaten, das sind alles nur kleine Fische. Soweit ich die kenne,
denken die nicht in solchen Dimensionen. Dass man sich am Richter rächen
müsste, bloß weil der mit seinem Urteil ans Limit gegangen ist – wenn das
so wäre, dann gäbe es in ganz Deutschland permanent Mord und Totschlag.
Kleinkriminelle führen keinen Krieg gegen die Gesellschaft. Die wollen sich nur
irgendwie durchs Leben wurschteln.«
    Morgenstern schaute Hecht fragend an. Im Moment kamen sie nicht
weiter.
    »Ich denke, Sie sollten zumindest die nächsten drei Tage für uns hier
verfügbar sein«, sagte er abschließend. »Es gibt für Sie bestimmt auch einiges
zu regeln. Die Beisetzung … Auch an der Schwarzmühle wird man Sie
brauchen. Wir von der Kripo werden Ihre Hilfe benötigen, Informationen, die nur
Sie haben.«
    Die Mutter nickte, und die Kinder schlossen sich zögernd an. »Ich
kann ja wohl in München bleiben. Wenn Sie mich brauchen, bin ich in einer
Dreiviertelstunde hier«, sagte Elvira Ledermann. »Aurelius, wenn du möchtest,
kannst du gerne bei mir wohnen.«
    Der Sohn nickte.
    Morgenstern war überrascht, dass das Angebot nicht auch für die
Tochter galt, aber Raphaela hatte anscheinend nichts anderes erwartet und sich
bereits anderweitig eine Unterkunft organisiert.
    »Ich werde bei Andi in Raitenbuch wohnen.«
    »In dieser seltsamen

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