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Hausbock

Hausbock

Titel: Hausbock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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auf
seine Mühlen. Und es kam noch besser. Der Experte war durch Fionas Fragen
anscheinend in Fahrt gekommen und schilderte nun ausführlich, was vor und
während einer Sanierung alles zu berücksichtigen sei. Da brauche es
Genehmigungen, Ortsbegehungen, Expertengespräche. Und: »Sie brauchen natürlich
eine professionelle Befunduntersuchung, am besten ein verformungsgerechtes
Aufmaß …«
    Morgenstern schaltete auf Durchzug und ließ den Fachmann reden.
»Verformungsgerechtes Aufmaß«, murmelte er. Den Begriff musste er sich merken,
um Fiona damit zu malträtieren, wenn sie wieder mal die Immobilienanzeigen nach
Altbauten durchstöberte.
    Er drehte sich um und ging schon einmal die steile, ausgetretene
Holztreppe nach unten. Dabei murmelte er: »Heiliger Sankt Bürokratius: Du bist
mein Schutzpatron!«

VIER
    Am nächsten Morgen fuhr Morgenstern schon früh nach Ingolstadt. Wie
immer mit der Bahn, um sich den allmorgendlichen Dauerstau auf der Bundesstraße 13
zu ersparen: Spätestens ab Friedrichshofen ging es mit dem Auto nur noch im
Schleichtempo Richtung Ingolstadt. Das engste Nadelöhr bildete ein dreispuriger
Verkehrskreisel auf Höhe des Westparks, eines riesigen Einkaufszentrums, das
die Stadtväter vor Jahren der Innenstadt vor die Nase gesetzt hatten. In der
Mitte des Kreisels stand silbern glänzend ein Denkmal, das als moderne Kunst
gelten sollte: die überlebensgroße Replik eines Audi-Sportwagens, den die
örtliche Automobilfabrik der Stadt spendiert hatte. Zum Dank dafür durften
sämtliche Autofahrer auf ihrem Weg von und nach Ingolstadt den Silber-Boliden
umtanzen wie einst die Israeliten das Goldene Kalb. Morgenstern hatte sich
schon oft gewundert, dass eine Stadt so offensichtlich ihre ganze Identität mit
einer Aktiengesellschaft verschmolzen hatte.
    Schöner war die Stadt durch ihren neuen Reichtum seiner Ansicht nach
nicht geworden. Alle neuen Gebäude, mit viel Glas und Stahl innerhalb weniger
Jahre hochgezogen, rochen für ihn nach geschmackloser, beliebiger Protzerei.
Wenn man aber auch nur ein bisschen an der pompösen Fassade der Stadt kratzte,
kam rasch die ehrliche, wenn auch schrumpelige Haut einer leicht proletarisch
angehauchten bayerischen Industriestadt zum Vorschein. Morgensterns Kollegen
von der Polizeiinspektion Ingolstadt konnten ein Lied davon singen, dass an
jedem Wochenende trinkfreudige junge Leute vor Kneipen und Diskotheken wüste
Schlägereien vom Zaun brachen und sich auch vom Anrücken der Ordnungsmacht
wenig beeindrucken ließen.
    Gemächlich zuckelte die Bayerische Regiobahn von Eichstätt zum
Ingolstädter Nordbahnhof. Morgenstern las den Eichstätter Kurier, der mit einem
halben Dutzend Fotos auf einer ganzen Seite von Rupert Ledermanns Tod und dem
Brand der Schwarzmühle berichtete. Der Oberstaatsanwalt sprach in der Zeitung
bereits deutlich von einem »Verbrechen« und bemühte den Standardsatz, die
Polizei ermittle »in alle Richtungen«. Der Bürgermeister kam zu Wort und zeigte
sich »erschüttert«, ebenso der Feuerwehrkommandant. Nur den Begriff »Richter
Gnadenlos« hatte sich die Redaktion aus Pietätsgründen verkniffen. Die
Bildzeitung würde das in ihrer Version der Geschichte gewiss anders halten.
    Der Zug hatte Ingolstadt fast erreicht. Er fuhr direkt durch das
Audi-Werksgelände, vorbei an grau lackierten durchnummerierten Hallen und
schier endlosen Güterzügen, auf denen die fabrikneuen Autos an die
norddeutschen Häfen gefahren wurden. Mit einem leisen Quietschen hielt er
schließlich am Nordbahnhof, und nach einem zehnminütigen Fußmarsch war
Morgenstern im Polizeipräsidium. Peter Hecht war schon seit einer halben Stunde
im Dienst.
    »Wir haben Neuigkeiten«, sagte er. »Gerichtsmediziner Hagedorn hat
Dr. Ledermann schon untersucht.«
    »Und, was sagt er?«
    »Wir sollen zu ihm rauskommen. Ins Klinikum. Mit dem Säbel liegen
wir wohl einigermaßen richtig. Mehr wollte er noch nicht sagen.«
    Morgenstern dachte nach. »Jemand hat also mit irgendetwas auf
Ledermann eingeschlagen und dann das Haus samt Amtsrichter angezündet. Aber was
hat er davon, wenn er das Haus zerstört? Hat der Brandfahnder schon etwas
gefunden?«
    »Der ist momentan noch draußen und ermittelt.«
    »Wir müssen Ledermanns Telefonanschlüsse überprüfen lassen«, schlug
Morgenstern vor. »Ich beantrage das gleich mal. Wie ich die Telekom kenne,
dauert das alles seine Zeit.«
    Er schaute auf die Uhr. In Kürze würde sich die Familie des Toten
hier versammeln. Drei

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