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Hausers Zimmer - Roman

Hausers Zimmer - Roman

Titel: Hausers Zimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Motorradkleidung auf ihn zu, »Mensch Peter, dich jibt’s noch«, rief er. Die beiden begrüßten sich, indem sie sich heftig auf die Schultern klopften. Während Wiebke mich zur Kasse drängelte, hörte ich sie lautstark über einen »Kanarenurlaub« sprechen, den sie mal gemeinsam gemacht hatten. Der Rückweg mit den vollen Taschen machte deutlich weniger Spaß.
    »Mir ist was aufgefallen, was du nicht gern hören wirst«, ich zupfte Wiebke am Ärmel. »Der Hauser hat sich den grünen Igel aufs Motorrad geklebt! Den gleichen, der bei uns am Kühlschrank klebt. Ihr habt voll ähnliche Ansichten!«
    »Ach, so ein Schwachsinn. Der interessiert sich doch nicht für Politi k … dieser Kleinkriminelle.« Wiebke regte sich gleich auf.
    »Igel bleibt Igel, Zürn gleich Hauser«, stichelte ich. Wiebke und Klaus wählten ja auch die Igelpartei. Von den alten Parteien waren sie »insgesamt sehr enttäuscht«. So, wie sie oft von politischen Ereignissen enttäuscht waren. Dass sie vorm Fernseher saßen und sich freuten, hatte ich noch nie erlebt.
    »Der Hauser ist auch einer von den Igel s – wie ih r …«
    »Hach, Julika, lass mich doch mal mit diesem ewigen Hauser in Ruhe!« Wiebke verdrehte die Augen. Entschlossen trat sie in unsere Bäckerei und kaufte ein Vollkornbrot. Thema beendet. Schade. Der Hauser hatte nämlich tatsächlich seit ein paar Tagen so einen Igel auf dem Motorradsitz. Er saß dann auf dem Biest drauf, eigentlich ein merkwürdiger Gedanke. Aber vielleicht wählte der Hauser gar nicht die Grünen, bloß weil er seinen Hintern auf einen Igel setzte. Vielleicht gefiel dem Hauser ja einfach nur der Aufkleber.
    Vermutlich verpennte der Hauser den Wahltag und guckte statt der öden Hochrechnungen (merkwürdiger Begriff!) lieber Auf los geht’s los oder andere niveaulose Sendungen. Jedenfalls hatte er im Gegensatz zu meinen Eltern oft gute Laune, wenn er fernguckte. Er lachte und klatschte in die Hände, jonglierte mit Apfelsinen, zerdrückte mit dem Boden einer Bierflasche Fliegen auf dem Fensterbrett, krakelte mit seinem Edding auf der Fototapete herum, räkelte sich auf dem Bett und machte riesige Kaugummiblasen.
    Auf dem Rückweg nahmen wir die Fasanenstraße, damals noch eine dunkle Straße, in der es so gut wie keine Geschäfte gab. Eine Art Olk nutzte, über einen ganzen Straßenabschnitt verteilt, mehrere Erdgeschossräume als Möbellager. Der miese Zustand der Straße sei eine Folge der Verkehrswegeplanung der Sechziger- und Siebzigerjahre, hatte Klaus mir mal erklärt. Damals hatte man eine auf Stelzen stehende Hochstraße geplant, die sich etwa in Höhe des Fasanenplatzes auf das übliche Straßenniveau absenken sollte. Diese Planung wurd e – ob aus Einsicht oder Geldmange l – erst Ende der Siebzigerjahre aufgegeben, aber es verging noch einige Zeit, bis sich die Straße wandelte. Dass hier in wenigen Jahren Cartier - und Louis-Vuitton -Dependancen eröffnen würden und die Straße zu einer der teuersten der Stadt zählen würde, konnte ich mir damals nicht vorstellen. In der Luft hing Kohlegeruch, und an einer Mauer prangte in riesigen schwarzen Lettern: Kein Abriss unter dieser Nummer .
    Wir schleppten uns weiter mit unseren Einkäufen ab. Da war schon unser kleiner Parkplatz. Bei seinem Anblick rief Wiebke: »Ach, Jule, du könntest eigentlich Karl und Erwin noch ein paar Sachen vorbeibringen! Ich gehe schon mal hoch, ich erwarte einen Anruf wegen der neuen Übersetzung.«
    Nun war mir klar, warum wir zwei Ein-Kilo-Graubrote und derart viele Tetra-Paks gekauft hatten. Das hatte Wiebke geschickt eingefädelt, und jetzt tat sie so, als wäre ihr das in dieser Sekunde eingefallen. Ich nickte ergeben. Im Gegensatz zu meiner Mutter hatte ich Angst vor den Pennern. Ich ging, vor allem abends, nicht gern allein auf den düsteren Parkplatz zu dem Verschlag und stand zwei abgerissenen Männern gegenüber. Sie hatten Hunde, die nicht viel kleiner waren als ich. Außerdem wusste ich nie, was ich sagen sollte. Falk meinte, ich solle mich nicht so anstellen, die beiden seien »so harmlos wie Simon & Garfunkel «. Ich ärgerte mich, dass er dabei so gemein grinste, nur weil ich hin und wieder diese angeblich »ultrasofte Musik« hörte.
    Wiebke packte mitten auf der Straße die Einkaufstaschen um, bis ich mit Graubrot, Apfelsaft, Scheiblettenkäse und einer Teewurst in einem ihrer vielen zerschlissenen Leinenbeutel in Richtung Parkplatz marschierte.
    Dort war eine Etage errichtet worden, die wie der

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