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Hausers Zimmer - Roman

Hausers Zimmer - Roman

Titel: Hausers Zimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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erste Stock eines Parkhauses aussah, aber das »Projekt« war nicht weiter verfolgt worden. Das Geschoss war eine Fehlkonstruktion und nicht stabil genug, um die Last von Autos zu tragen. Auf dem darunter liegenden Parkplatz residierten schon seit jeher Penner in ihrer Hütte. Residierten? Ja, der Ausdruck war ganz treffend, denn sie hatten allerlei Vereinbarungen mit ihrer unmittelbaren Nachbarschaft getroffen, die ihnen ein verhältnismäßig angenehmes Leben ermöglichten: Von einem nahe gelegenen Theater durften sie sich zum Beispiel Strom abzwacken. Das erlaubte kleine Generatoren, Heizungen, Herdplatten, Stereoanlagen und dergleichen mehr. Das Personal des Theaters hatte ein wohlwollend-fürsorgliches Auge auf sie. Nachbarn wie meine Eltern oder Isas und Fionas Mütter brachten regelmäßig Decken, Zeitungen, Brot, Wurst, Käse, Bratöl, Kuchen, Waffeln und so weiter zum Parkplatz. Wiebke entwickelte im Lauf der Jahre ein richtiggehend freundschaftliches Verhältnis zu den Obdachlosen; man tauschte sich über die ungewisse Zukunft des fehlkonstruierten Parkhauses, die hitzige Debatte über die Neugestaltung der verwilderten Hundewiese und über andere Kiezthemen aus. Der Parkplatz und die Penner waren Wiebkes Domäne. Klaus fühlt sich allerdings dafür verantwortlich, wöchentlich seine ausgelesenen Spiegel -Hefte zu Erwin und Karl zu bringen. Eine Spiegel- lose Woche war für Klaus undenkbar. Nahrungsmittel kümmerten ihn hingegen nicht.
    Ich lief an einigen Opels, Volvos, Enten und Käfern vorbei. Seit Neuestem gab es Autos in merkwürdigen Metallicfarben. Daran musste ich mich noch gewöhnen. Viele Jahre später sollte der seltsame Begriff Generation Golf aufkommen. Wir waren eher Generation Drahtesel (was natürlich nicht gut klan g – Generation Mountain Bike waren wir jedenfalls noch nicht!) oder gar Generation Pedes . Wiebke und Klaus hatten unseren uralten Volvo, unser erstes Auto, gekauft, als Falk dreizehn und ich zehn war. Vorher fuhren wir immer auf unseren vier alten, unterschiedlich großen, mehr oder weniger fahrtüchtigen Rädern durch die Stadt, wobei Klaus, trotz silberner Klammern, alle fünf Minuten ein Hosenbein in die Kette geriet.
    Ich merkte, wie kalt es unter der Betondecke auf dem Parkplatz war; ein leichter Schauer lief mir den Rücken hinunter, auch weil ich mich hier immer ein wenig fürchtete. Außer mir war kein Mensch zu sehen. Doch da winkte mir schon Karl. Er lag auf einer Matratze, die mit einem bunten Frotteelaken mit Seerobbenmotiven bezogen war, das Falk früher benutzt hatte. Ein bisschen irritierte es mich immer, das altbekannte Muster des Frotteestoffs aus meiner Kindheit hier wiederzusehen.
    Karl trank Bier aus der Flasche und sah mich aus blutunterlaufenen Augen an. Er lächelte. »Na, dit is ja dol l … janz doll, Kleen e …« Karl packte aus und betrachtete alles gebührend lange und anerkennend. »Da wird Erwin sich ooch noch freun. Der holt jrade Zijaretten.«
    Ich nickte, schaute betreten auf den Boden, weil ich nicht wusste, wo ich hingucken sollte. Im Vergleich zu anderen Pennern ging es Karl und Erwin zwar blendend, aber dies alles war natürlich nichts gegen unsere Riesenwohnung mit Stuckdecken, Südbalkon und Jugendstilkachelöfen. Ich war immer ein wenig beschämt, wenn ich bei ihnen war, und mochte mich nicht allzu neugierig bei ihnen umsehen.
    »Mit eurem Auto is allet janz in Ordnung«, brummte Karl.
    Ich nickte. Reiner Altruismus war Wiebkes freundschaftliches Verhältnis zu den Obdachlosen nicht; es gab ein praktisches Übereinkommen: Die Penner bewachten stets unser Auto. Hier in Wilmersdorf, im Einzugsgebiet des Zoos, gab es viel Drogenkriminalität, wie es gerade wieder in den Nachrichten geheißen hatte. Auch auf unserem Parkplatz seien Autos geknackt worden. Oma Helene hatte einmal gefragt, ob es auch einen Babystrich bei uns in der Straße gäbe. Wiebke hatte ungerührt geantwortet, nein, der sei ein paar Straßen weiter. Die Gegend hatte damals jedenfalls keinen guten Ruf. Deshalb hatten Wiebke und Klaus Anfang der Siebziger eine heruntergekommene Riesenwohnung zum Selbstinstandsetzen anmieten können. Der Quadratmeterpreis war so niedrig, dass ich ihn vergessen hatte.
    »Janz friedlich stehta da«, meinte Karl noch und machte eine nette Winke-Winke-Bewegung hin zu unserem dunkelgrünen Scirocco, dem Nachfolger des Volvos.
    »Prima, danke«, sagte ich und blickte auf den Boden. Dann nahm ich meinen Leinenbeutel und trat den Rückweg an. In

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