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Hausers Zimmer - Roman

Hausers Zimmer - Roman

Titel: Hausers Zimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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er verstanden sich seit ihrer Scheidung vor fünf Jahren blendend, er war, so schien mir, bestimmt dreimal die Woche bei Hülsenbecks. Heute saßen Isas Eltern auf dem Balkon. Frau Hülsenbeck besprach mit ihrem Exmann die Fälle, die sie als Staatsanwältin zu betreuen hatte, er hatte ihr Unterlagen zu seinen Patienten mitgebracht und bat sie um ihre Einschätzung.
    Wahrscheinlich sah Isa ihren Vater öfter als manches Kind, dessen Eltern nicht geschieden waren. Mit dem Unterschied, dass ihr Vater aus jedem Tag, ob es ein Mittwochnachmittag nach der Schule oder ein Donnerstagabend in der Pizzeria war, einen Sonntag machte. Herr Hülsenbeck hatte eine neue Frau, die die gleiche Frisur trug wie Frau Hülsenbeck. Sie war allerdings nicht Staatsanwältin, sondern Geschäftsführerin eines Gefängnismobiliarherstellers. Und Frau Hülsenbeck hatte einen älteren Bekannten, der die gleiche Frisur (keine Haare) wie Herr Hülsenbeck trug und ebenfalls mit schwierigen Menschen zu tun hatte, allerdings als Leiter einer Stiftung für Künstlerförderung. Manchmal gingen sie am Wochenende zu viert am Grunewaldsee, an der Havel oder an der Krummen Lanke spazieren. Oft saßen sie später noch gemeinsam bei Frau Hülsenbeck, tranken Earl Grey und hörten Klavierkonzerte. Mir schien, sie mussten sich alle für die vor ihnen liegende schwere Arbeitswoche wappnen.
    Isa und ich standen manchmal hinter der Flügeltür des Hülsenbeckschen Hauptwohnzimmers, um den merkwürdigen Gesprächen, die hinter der harmlosen Tee-und-Klaviermusikkulisse geführt wurden, zu lauschen. Es ging dann um Menschen, die den Zwang hatten, den Satz »Ich bin ein Berliner« jeden Morgen hundertmal aufzusagen, weil sie befürchteten, ohne dieses Ritual würde ihnen etwas Furchtbares geschehen, oder um Künstler, die bei der Stiftung angegeben hatten, nur produktiv sein zu können, wenn sie genug Geld hatten, um jeden zweiten Tag ins Solarium gehen zu können.
    Als Fiona, Isa und ich am nächsten Morgen wie immer an der Peepshow vorbeigingen, starrten wir wie gewohnt zur Öffnung mit dem Glittervorhang, als wäre sie das Orakel von Delphi. Tatsächlich hing der Vorhang für einige Sekunden still. Jede normale Tür wäre bei diesem Betrieb längst aus den Angeln gefallen; der robuste Plastikvorhang war eine gute Wahl gewesen. Schon wehte er wieder auf. Eine Gruppe von schnauzbärtigen Männern in weißen Anzügen trat auf die Straße und stellte sich im Kollektiv vor das Schaufenster der Herrenboutique. Einer ging zum Schein in den Laden. Ein anderer zündete sich seine Zigarette-danach an und schaute mit halb geschlossenen Augen auf ein paar gestreifte Seidenkrawatten. Für einen Moment glaubte ich, in ihm Herrn Adán zu erkennen.
    »Ist das der Adán?«, fragte ich Fiona und Isa.
    »Nee, nee, der hat nicht so’n runden Kopp. Außerdem raucht der bestimmt nicht, so als Apotheker«, meinte Fiona sofort.
    Nach einer Weile antwortete Isa mit der Ausdrucksweise ihres Vaters: »In deiner Phantasie verknüpfst du Herrn Adán mit erotischen Inhalten. Warum du das tus t – darüber solltest du mal nachdenken.«
    Dafür, dass Isa ihren Vater nur ein-, zweimal die Woche sah, hatte sie ziemlich viel von ihm übernommen. Sie grinste mich an und hakte sich bei mir unter.
    Beim nächsten Frühstück hatte Klaus es auffällig eilig. Er musste in die Amerika-Gedenkbibliothek, um dort für eine Kunstkritik zu recherchieren.
    Wiebke betrachtete ihn argwöhnisch. »In letzter Zeit bist du dauernd unterwegs.«
    Klaus guckte überrascht.
    »Na, mit wem bist du zum zweiten Frühstück verabredet?«, fragte Wiebke und tat nur so, als ob dies ein Scherz sein sollte.
    Klaus schüttelte den Kopf, nahm ihre Hand. »Red doch nicht so einen Unsinn!«
    Dann fuhr er sich mit seiner Serviette über die Lippen und stand auf. Ich wusste, Wiebkes Verdächtigungen waren unberechtigt, mein Vater begehrte keine anderen Frauen, sondern andere Dinge. Ich beeilte mich, so schnell wie möglich meinen Rucksack zu packen, um ihm heimlich zu folgen.
    Später sahen Isa, Fiona und ich, wie er vor uns die Lietze und dann die Uhland entlangging. Ich wurde immer nervöser. Nur noch zwanzig Meter bis zur Peepshow. Isa und Fiona blickten mich an, sie schienen meine Gedanken erraten zu haben. Je näher Klaus der Peepshow kam, desto mehr verlangsamte sich sein Schritt. Jetzt blieb er stehen. Und betrat die Herrenboutique Chapeau! Diesmal warteten wir drei in der Pizzeria. Wir verpassten alle die erste Stunde,

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