Hausmaestro - Kriminalroman
maskiert da hereinspaziert seid.«
»Es hätt ja geklappt, wenn das blöde Alarmpaket net gleich losgangen wär, und dann stolpert der Trottel auch noch über seine eigenen Füß’«, antwortete Ettl in beleidigtem Ton. Offenbar fühlte er sich durch die Umstände in seiner Ganovenehre getroffen.
»Ja, wenn’s dich auf so was Großes wie einen Banküberfall einlässt, da ist eben auch das Risiko höher … Wie um aller Welt kamt ihr auf die blöde Idee, so was zu machen? Bewaffnet auch noch!«
»Die waren doch gar net echt«, antwortete Ettl mit beschwichtigender Geste.
»Das ist wurscht. Ein bewaffneter Raubüberfall ist’s trotzdem, und dafür gehst’ diesmal sicherlich zehn Jahre in den Häf’n, bei deinen Vorstrafen. Vielleicht a bisserl weniger, wenn du kooperierst. Also, wer von euch kam auf diese blödsinnige Idee?«
Unwillig verzog Ettl das Gesicht. »Der Wolfi hat mir im Häf’n erzählt, dass in Frankreich zwei Männer eine Bank in einer Burka überfallen haben, und weil die Angestellten geglaubt haben, das sind nur moslemische Frauen, sind die mit dem Geld unerkannt verschwunden. Und da hat er mich g’fragt, ob ich hier bei einer solchen Sache mitmachen würd’«.
»Mit dem Wolfi meinst’ den Wolfgang Nemecic?«
Ettl nickte wortlos.
»Aber ihr habt doch beide überhaupt keine Erfahrung mit einem Bankraub. Mehr als Autodiebstahl, Einbrüche und Ladenüberfälle habt ihr noch gar nicht gemacht. Oder war da was in den letzten Tagen, seitdem du draußen bist? Wir hätten da schon ein paar Banküberfälle, für die wir noch jemanden suchen. Und wenn wir das so wollen, dann seid ihr auch da die Täter gewesen. Dann gibt’s noch ein paar Jahre drauf.«
Ettl machte eine abwehrende Handbewegung. »Na, Inspektor, damit hab ich ganz sicher nichts zu tun. Das war unser erster Banküberfall. Ich schwör’s.«
»Und was hast du in den 14 Tagen gemacht, seitdem du draußen bist?«
»Was man halt so macht. So ein Überfall musst’ ja genau planen. Und eine Burka kriegst’ ja a net an jedem Eck. In unserer Größe noch dazu. Dann musst’ noch die geeignete Bank suchen, des braucht scho’ sei’ Zeit«, fügte er erklärend hinzu.
Gerade als Vogel die Vernehmung fortsetzen wollte, unterbrach ihn das Läuten seines Mobiltelefons.
»In der Strudlhofgasse 13, sagst du, im Obergeschoss? – In Ordnung, wir kommen gleich.« Schwungvoll schloss Vogel den vor ihm liegenden Akt und läutete nach dem Wachbeamten.
Walz sah ihn fragend an.
»Wir fahren mit der Vernehmung fort, wenn der Nemecic wieder ansprechbar ist. Pack dein G’raffl z’amm, Walz, wir müssen … Ein Mann ist in seiner Wohnung tot aufgefunden worden.«
Es war kein besonders weiter Weg von ihrem Büro, das ja nach der Schließung des Kommissariats in der Boltzmanngasse nunmehr in der Fuhrmannsgasse in der Josefstadt beheimatet war, sodass die Kriminalisten bereits nach zehn Minuten vor einem herrschaftlichen Zinshaus standen, das sich in der Sackgasse befand, die direkt in die berühmte Strudelhofstiege mündet, die weiland Heimito von Doderer zu seinem gleichnamigen Opus magnum inspirierte.
»Im obersten Geschoss, sagst du? Na, hoffentlich haben die einen Lift, zu sportlichen Aktivitäten fehlt mir heute eindeutig der Schlaf«, sagte Walz, der missmutig an dem Haus emporsah.
Umso mehr waren die beiden vom Entrée beeindruckt, das sich in noch originaler Jugendstil-Pracht präsentierte. Selbst die farbigen Fenster, mit denen die Türen des Windfangs und die Scheiben des Stiegenhauses geschmückt waren, schienen sich über das Jahrhundert unversehrt erhalten zu haben.
Auch der Aufzug, den sie zu Walz’ Erleichterung vorfanden, schien noch original zu sein. Mit einem reich ornamentierten grünen Metallgitter versehen, wäre er wohl in den meisten anderen Orten Europas als Kleinod des Jugendstils schon längst ins Museum gewandert.
Als sie die hölzerne Liftkabine betraten, war Walz, wie jedes Mal vor dem Anblick eines Toten, in seltsame Gedanken versunken. Wie viele Schicksale waren mit diesem im Laufe seines Lebens wohl verbunden gewesen? Welche Spuren werden von ihm bleiben? Wie viele wertvolle Erfahrungen und Geschichten gehen mit ihm unwiederbringlich verloren?
Kurz nachdem sie die herrschaftliche Wohnung betreten hatten, musste er feststellen, dass sein eigenes Schicksal mit dem des Toten enger verknüpft war, als ihm recht sein konnte, hatte er doch gerade ein Gutteil seines kostbaren Schlafes geopfert, um die
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