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Hausverbot

Hausverbot

Titel: Hausverbot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariola Brillowska
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Bars abklapperte, bis er heimkehrte. Ein bisschen war er wie ich früher. Er konnte sich nicht schlafen legen, bevor es hell wurde. Ich erkundigte mich nach Gina. Auf die musste man auch achtgeben. Sie kam manchmal zu spät nach Hause. Wie die meisten Eltern von Jugendlichen zitterte ich ständig um sie, wenn sie sich abends außerhalb der Wohnung aufhielt. Gina schlief zu meiner Beruhigung in ihrem Bett. Adrian wollte mir den Perso mit dem Taxi schicken. Ich wurde wieder in der Zelle eingesperrt. Ich wartete, dass man mir Bescheid gab, wenn der Ausweis eingetroffen war. Nichts passierte. Ungefähr nach einer Stunde drückte ich erneut auf den Klingelknopf. Die Tür ging auf.
    - Was ist?
    - Ist mein Perso da?
    - Schon lange.
    - Warum sagt mir keiner was?
    - Gehört nicht zu unserem Job.
    - Das kann doch nicht wahr sein.
    Ich schüttelte mit dem Kopf. Ich verließ die Zelle. Ich nahm den Ausweis am Empfang entgegen. Ich verließ die Wache. Ich winkte mir auf der Straße ein Taxi herbei. Ich setzte mich rein. Ich nannte meine Adresse. Es fiel mir ein, dass wir von der ›Oberhafenkantine‹ eigentlich mit dem Taxi auf den Kiez hatten fahren wollen. Wir hatten eins bestellt und sogar schon drin gesessen. Weil ich aber einen Drink in der Hand hatte, wollte uns der Taxifahrer nicht befördern. Deswegen hatte Gustav beschlossen, selber zu fahren.
    Am nächsten Tag hatte ich natürlich einen riesigen Kater. Daran war ich inzwischen gewöhnt. Seit ich mit Adrian zusammen war, führte ich ein Doppelleben. Tagsüber schuftete ich als straighte Workoholicerin und Mutter, nachts trieb ich mich in den Clubs rum. Ich schickte Gina zur Schule raus, nahm ein Aspirin und arbeitete am Computer, an der Nähmaschine, am Zeichentisch. Ich verdiente kaum Geld, hatte aber mehr zu tun als jeder andere. Meine Ich- AG e vereinnahmte mich vollkommen. Und dieser Monat war besonders anstrengend. Ich hatte drei Veranstaltungen hinter mir und noch fünf vor mir. Meine Schädeldecke löste ich von meinem Gehirn, aber ich werkelte weiter. Ich wusste, dass ich an meine Grenzen ging, mich selbst ausbeutete und mich so lange um mich selbst drehte, bis der Psychiater kam. Dennoch war das für mich besser, als für andere zu jobben. Wer das tat, der litt unter Depressionen, bekam Burnout und starb an Krebs. Mir drohten zwar Herzinfarkt, Gehirnschlag oder Lungenembolie, ich blieb aber dauernd energiegeladen und motiviert. Weil es immer um nichts anderes ging als nur um mich selbst.
    Am Nachmittag klingelte es bei Herrn Sonder. Er hörte seine Klingel nie. Er war ja jetzt auch schon neunundneunzig Jahre alt. Für mich war seine Schwerhörigkeit von Vorteil. Weil ihn die laute Musik auf meinen Partys nicht störte. Ich machte auf. Fünf Männer standen vor der Tür. Zwei von ihnen trugen schwarze Lederhandschuhe und neongrüne Sanitätsjacken, zwei weitere hatten Anzüge, der fünfte einen Anorak an. Einer hielt eine Aktentasche, einer einen Ordner, der Anorak einen blauen Plastiksack in der Hand. Die Situation kam mir irgendwie bekannt vor. Ich hatte ein Déjà-vu. Wer zum Kuckuck waren diese Gestalten? Mein Gedächtnis ratterte. Ist Herr Sonder zu Hause?, fragte der Ordner.
    - Ich weiß es nicht. Wer sind Sie?
    - Wir sind vom Bezirksamt Mitte. Dürfen wir reinkommen?
    - Und was wollen Sie?
    - Wir wollen zu Herrn Sonder.
    - Ich gucke nach, ob er da ist. Sie warten hier.
    Ich ging in die hintere Wohnung von Herrn Sonder. Ein paar Mäuse huschten vor mir davon. Ich rief laut: Herr Sonder, sind Sie da? Im letzten Zimmer links hörte ich den Fernseher ohrenbetäubend laut laufen. Die Tür war offen. Ich klopfte provisorisch an. Keine Reaktion. Ich ging rein. Herr Sonder schlief barfuß im Sessel. Ich weckte ihn: Herr Sonder, Sie haben Besuch. Geistesabwesend schaute mich Herr Sonder an. Seine langen, grauen Haare fielen ihm ins Gesicht: Was haben Sie gesagt? Ich musste brüllen.
    - Sie haben Besuch.
    - Ach so, wer ist das?
    - Es sind irgendwelche Männer vom Bezirksamt Mitte.
    - Ich komme gleich. Ich ziehe mir nur die Schlappen an.
    - Wissen Sie, wo Ihre Schlappen sind?
    Herr Sonder guckte sich verwirrt in seinem Wohnzimmer um. Ein Paar karierte Hausschuhe lagen direkt neben dem Sessel auf dem Boden. Ich bückte mich, hob sie auf und hielt sie Herrn Sonder vor die Augen: Meinen Sie diese? , fragte ich. Genau diese meine ich, wo waren sie?, murmelte er und begann die Schlappen sehr langsam anzuziehen. Ich ging schon zurück. Herr Sonder kommt gleich, sagte ich

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