Haut aus Seide
behandelt.
Sie aßen im Speisesaal des Hotels. Béatrix wäre lieber in eine Trattoria um die Ecke gegangen – bei dem Lärm und dem Trubel, der in solchen Restaurants herrschte, wäre das Schweigen zwischen ihnen nicht so aufgefallen. Aber Philip hatte sie gar nicht erst gefragt. Um genau zu sein, schien sie in seinen Gedanken gerade überhaupt keine Rolle zu spielen. Als der Kellner die Antipasti brachte, sprach Philip ein geschäftliches Thema an, über das sie am allerwenigsten reden wollte.
»Ich hab ganz vergessen, dir was zu erzählen«, sagte er und machte sich mit Messer und Gabel an einer gebratenen Paprika zu schaffen. »Lela hat mir ihren Bericht aus New York geschickt.«
»Tatsächlich?« Bea schob sich eine halbe Bruschetta in den Mund. Die Vorspeise blieb ihr fast im Hals stecken, und nur das üppig darübergegossene Olivenöl machte ein Schlucken möglich.
Im Gegensatz zu ihr war Philip nicht an Schlingen beim Essen gewöhnt und legte sein Besteck nieder. »Sie hat wirklich gute Arbeit geleistet. Überraschend gründlich. Sie hat ein paar sehr interessante Ideen, wie zum Beispiel Werke von dortigen Künstlern für die Filiale zu kaufen, um dem Laden ein bisschen New Yorker Kolorit zu verleihen.«
»Dann wirst du sie also als Filialleiterin einstellen?«
»Ich weiß nicht recht. Das ist eine große Verantwortung. Meinst du, sie wird damit fertig?«
In Beas Nacken stellten sich die Haare auf. Eigentlich hätte sie mit dieser Frage rechnen müssen. »Darauf soll ich dir eine Antwort geben?«
Philip schien überrascht von ihrer Reaktion. »Sicher. Du kennst sie doch viel besser als ich. Und ich würde
gern wissen, ob du meinst, dass man sich auf sie verlassen kann.«
Das war’s. Bea konnte Lela abschießen, ohne dass ihre Freundin jemals etwas davon erführe. Philip wäre viel zu einfühlsam, um ihr zu erzählen, wer ihm bei seiner Entscheidung geholfen hätte. Aber Bea selbst würde es wissen. Sie würde wissen, dass sie ihrer Freundin nur aus Angst geschadet hatte, von ihr in den Schatten gestellt zu werden. Auf der anderen Seite würde es Lela auch nichts bringen, wenn man mehr von ihr erwartete, als sie leisten konnte. Wenn sie versagte, hätten alle Beteiligten mit den Konsequenzen zu leben. Bea musste also ganz objektiv sein. Sie musste entscheiden, was das Beste für Lela und was das Beste für Meilleurs Amis war. Sie nippte an ihrem Wein und nahm dann einen Schluck Wasser.
»Ich finde, du solltest ihr nicht sofort die gesamte Verantwortung übertragen«, sagte sie schließlich. Die Gedanken kamen ihr eigentlich erst beim Sprechen, und sie musste sich große Mühe geben, das Pochen ihres Herzens zu verdrängen. »Dominique Pomier hat einen Bruder in New York. Wieso schickst du sie nicht dorthin und lässt die beiden erst mal eine Zeit lang Seite an Seite arbeiten? Ich bezweifle, dass die derzeitige Filialleiterin Lela vernünftig ausbilden wird, wenn sie erfährt, dass sie ersetzt werden soll.«
Philips Gesicht strahlte, als Bea zu ihm aufschaute. »Was für eine wunderbare Idee. Ich werde gleich morgen mit Dominique sprechen. Du bist wirklich begabt, wenn es ums Geschäft geht. Wenn du nicht so verdammt talentiert mit dem Pinsel wärst, würde ich mir glatt wünschen, dass du mehr Interesse für Meilleurs Amis zeigtest.«
»Ich habe durchaus Interesse an Meilleurs Amis «, erwiderte sie. »Du kannst mich jederzeit bitten, dort auszuhelfen.«
»Ich werde dich vielleicht bei der ein oder anderen Sache um Rat fragen«, erklärte Philip. »Aber ich würde dir niemals deinen Traum ausreden wollen. Es tut mir nur leid, dass ich nicht vorher erkannt habe, wie viel deine Kunst dir bedeutet und wie gut du darin bist. Ich bin stolz auf dich, Bea. Sehr stolz.«
Er tätschelte ihr auf altbekannte joviale Art die Hand. Béatrix ertrug es kaum, dass er nach allem, was sie zusammen erlebt hatten, jetzt den Stiefvater raushängen ließ! Sie starrte auf ihren Teller. Ohne dass sie es bemerkt hatte, war eine weitere Bruschetta in ihrem Mund verschwunden. Entschlossen schob sie den Kiefer nach vorn. Nein, sie würde nicht klein beigeben. Sie würde sich nicht dafür hassen, eine Scheibe getoastetes Brot zu essen oder irgendwas mit Philip falsch gemacht zu haben. Dann war sie eben nicht perfekt. Wer konnte das auch schon von sich behaupten? Sie hatte ihm nur bisher unbekannte Freuden zeigen wollen. Wenn er damit nicht klarkam, dann war das sein Problem – genau wie die Eifersucht auf Lela ihr
Weitere Kostenlose Bücher