Haut aus Seide
all ihren anderen Talenten einfach nicht besitzen. Wenn Sie Meilleurs Amis in Ihre Firma integrieren wollen, werden Sie ihre Expertise brauchen.«
»Aber darauf zu bestehen, unprofitable Filialen weiterzuführen …«
»Bloß ein Jahr lang. Wenn überhaupt, fährt nur die New Yorker Filiale Verluste ein. Und die können Sie nicht schließen, weil die Präsenz in Manhattan nötig ist, um ernst genommen zu werden.«
»Wieso stehen Sie denn kurz vor der Pleite, wenn Sie solch ein Experte sind?«, fragte Andrew spöttisch.
Simons Geste, um ihn zum Schweigen zu bringen, glich der des Oberhauptes eines feudalen Gerichtshofes. Andrew lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und warf Simon Graves einen eindringlichen, Philips Meinung nach fast flehentlichen Blick zu. Doch sein Chef erwiderte den Blick nicht. Stattdessen legte er die großen Hände auf die Liste von Forderungen, die Philips Anwälte aufgestellt hatten. »Wieso haben Sie solch einen hohen Preis für die Verwendung des Namens Meilleurs Amis angesetzt?«
»Weil das der Posten ist, hinter dem Sie am meisten her sind.«
Simons Mundwinkel zuckte. Dann, als hätte er sich selbst die Erlaubnis erteilt, begann er zu lächeln – und wirkte sofort um Jahre jünger. Philip konnte sich genau vorstellen, was für ein frecher Junge er in seiner Kindheit gewesen sein musste.
»Geben Sie ihnen, was sie verlangen«, erklärte Graves, ohne den Blick dabei von Philip abzuwenden. Seine Gefolgschaft protestierte murmelnd, Andrew am lautesten. Doch Simon legte seine Hand auf die Schulter des jungen Amerikaners. »Sehen Sie zu, dass Sie die Sache unter Dach und Fach bringen. Ich möchte heute Abend eine grundlegende Einigung erzielt haben.«
Ein widerwilliges Zucken huschte über Andrews Gesicht, aber dann entspannten sich seine Züge. Er ließ den Kopf hängen – ein Abbild des einsichtigen Höflings.
»Ja, Sir«, erwiderte er.
Simon schnaubte, schlug seinem Handlanger auf die Schulter und schaute dann zu Philip. »Na schön. Wollen
wir zusammen einen Drink nehmen, während die Jungs miteinander rangeln?«
Philip hatte das widerstreitende Gefühl, dass ihm zwar jemand einen Platz angeboten, ihm gleichzeitig aber den Boden unter den Füßen weggezogen hatte. Er musste sich schon sehr zusammenreißen, um nicht den Eindruck zu erwecken, völlig aus dem Gleichgewicht geworfen zu sein. »Wir können in mein Büro gehen.«
»Gut«, antwortete Simon Graves und lächelte ihn strahlend an.
Philip Carmichael war nicht der Mensch, mit dem Simon gerechnet hatte. Andrew hatte ihm bereits gesagt, dass er kein Schlitzohr, aber sehr wohl in der Lage sei, sich zu wehren, wenn er in die Enge getrieben wurde. Und er rief tatsächlich einen unerwarteten Beschützerinstinkt in Simon hervor. Das mochte an seinen traurigen grauen Augen oder aber auch an seinem kampfbereiten, britischen Schneid liegen. Doch was immer der Grund war, jeder Angestellte von der Sekretärin bis zum Vizepräsidenten blickte Simon beim Durchqueren der Eingangshalle an, als wäre er der Teufel persönlich, der nur gekommen war, um ihren goldenen Prinzen zu stürzen. Der Mann rief Loyalität bei den Menschen hervor. Er wusste nur nicht, was er damit anfangen sollte.
Simon ließ sich einen Whisky aus Philips Privatvorräten einschenken und setzte sich in einen eleganten, aber sehr bequemen Sessel. Philip nahm – ganz seiner Herkunft entsprechend oder vielleicht auch nur wachsam – steif hinter dem Schreibtisch Platz.
»Ich würde Sie gern weiter beschäftigen«, teilte Simon ihm mit, woraufhin Philips Kiefer auf so komische Weise
herunterklappte, dass Simon sich ein Lachen kaum verkneifen konnte. »Es wäre eine sehr schwere Aufgabe, Ersatz für Sie zu finden. Und ich wüsste auch nicht, weshalb ich Sie auswechseln sollte. Sie haben zwar ein paar Fehler begangen, alles in allem aber gute Arbeit geleistet. Außerdem wirken Sie auf mich nicht wie jemand, der mir in den Rücken fallen würde.« Er nahm einen weiteren Schluck vom Whisky und ließ seinem Lächeln freien Lauf. »Ich habe mir mal Ihre Akte angeschaut, Mr. Carmichael. Sie leisten die beste Arbeit, wenn Sie von einer starken Person unterstützt werden. Ich bin vielleicht nicht so angriffslustig wie Ihre Frau, aber dafür ist mein Unternehmen hundertfach so groß, und so gesehen sollte eine Zusammenarbeit zwischen uns gut funktionieren. Ich werde Ihnen das Anderthalbfache von dem zahlen, was Andrew bekommt, und Sie werden dafür die Meilleurs-Amis
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