Haut aus Seide
Und vielleicht war es auch der einzige Weg, jemandem zu beweisen, wie liebenswert er war.
Doch Béatrix konnte diesen Beweis nicht annehmen. Nicht mehr. Philip vertraute ihr, und diese Sache mit Lela war eben nicht dasselbe wie der gemeinsame Sex mit dem rassigen Italiener. Hierbei handelte es sich nicht um einen Fremden, der am Ende des Tages auf Nimmerwiedersehen verschwand. So sanft wie möglich befreite Bea sich aus der Umarmung ihrer Freundin.
Lela wandte das Gesicht ab und presste die Faust auf den Mund, als wolle sie sich selbst zum Schweigen bringen. Béatrix berührte sie besorgt an der Schulter. Als Lela sich ihr wieder zuwandte, waren ihre Augen rot umrändert.
»Ich weiß nicht, ob du es dir schon selbst zusammengereimt hast«, fing sie an, »aber Simon Graves ist der Mann, mit dem ich etwas habe. Er ist der Mann, den ich für etwas ganz Besonderes hielt. Ich hatte keine Ahnung, was er da vorhatte. Ich war nicht vorsichtig genug, und ich glaube, er hat mich benutzt, um an Informationen über Meilleurs Amis heranzukommen. Ich fühle mich betrogen. Ich … ich wollte jemandem nahe sein, der mich
wirklich lieb hat. Aber ich hätte dich nicht so küssen dürfen. Es wird nicht noch mal vorkommen, Bea. Niemals. Dafür bedeutet mir deine Freundschaft zu viel.« Erneut ballte sie die Hand vor ihrem Mund zu einer Faust. »Ich glaube, ich sterbe, wenn ich dich verliere.«
In diesem Moment erkannte Béatrix zum ersten Mal, wie wichtig sie für Lela war – Lela, ihre schönere, glamourösere und charmantere Freundin. Ein Teil von ihr freute sich auf extreme, fast kindliche Weise über diese Erkenntnis, doch ein anderer Teil – der erwachsene Teil, den Philip in ihr ansprach – wusste, dass ihre Freundin Hilfe brauchte.
Sie umfasste Lelas Gesicht auf die Weise, wie Philip das ihre umfasst hätte. »Du wirst mich nicht verlieren. Ich werde immer deine Freundin sein. Und wenn ich auf Mädchen stehen würde, wärst du die Erste, mit der ich ins Bett steigen würde. Wenn ich damit nicht Philip betrügen würde.«
»Na, das ist doch mal was«, sagte Lela mit ihrem vertrauten ironischen Lächeln.
»Nicht, dass ich dich als Lückenbüßerin ablehnen würde«, fügte Bea hinzu.
Lela rollte über diesen lahmen Witz nur mit den Augen, wurde dann aber wieder ganz nüchtern. »Er hat mich getäuscht, Bea. Ich dachte wirklich, ich würde ihm etwas bedeuten«, sagte sie und fuhr mit dem Finger über den Rand ihres Glases.
»Vielleicht bedeutest du ihm ja auch wirklich etwas. Vielleicht wusste er einfach nicht, wie er es dir erklären sollte.«
Aber Lela schüttelte nur den Kopf. »Er hat mich angelogen. Ich könnte ihm niemals wieder vertrauen.«
Béatrix hatte sie noch nie so niedergeschlagen erlebt. Dieser Graves würde ihr einiges erklären müssen.
Am selben Abend bestellte Philip sie in sein Büro und erzählte ihr von Simons Angebot. Er schien vor Erleichterung in sich zusammengesunken zu sein, ermattet vom Wechselbad der Gefühle. Er spielte mit zwei Gummibändern herum. »Das Ganze ist vielleicht gar nicht schlecht. Er scheint ein anständiger Kerl zu sein.«
»Für einen Unternehmensaufkäufer, meinst du.«
»Ja«, erwiderte er, lächelte aber nicht. Auf die Unterarme gestützt, beugte er sich vor. »Ich weiß, das wird eine große Umgewöhnung für alle Beteiligten werden, aber ich glaube, er bietet uns die beste Chance, die Firma am Leben zu erhalten. Und außerdem werde ich da sein, um auf unsere Leute aufzupassen.«
Béatrix wusste, dass er genau das tun würde. Für andere konnte er sich ohnehin viel besser einsetzen als für sich selbst. Das Bürofenster hinter ihm bot einen herrlichen Blick auf das nächtliche Paris. Die Lampe auf seinem Schreibtisch warf einen kleinen Lichtkegel auf einen Haufen Übernahmeverträge, die sie als Mitinhaberin ebenfalls zu unterzeichnen hatte.
»Es liegt an dir«, erklärte er. »Wenn du das Angebot nicht annehmen und auf etwas Besseres warten willst, dann werden wir es so machen.«
Béatrix lächelte ihn an. Sein Respekt amüsierte und berührte sie gleichzeitig. Sein Haar glänzte in dem kargen Licht wie stumpfes Gold. Wie jung er doch aussah. Jünger noch als sie selbst.
»Du kannst es dir nicht leisten, die Sache mir zu überlassen«, sagte sie. »Was ist, wenn meine Entscheidung
nun der Firma schadet? Du hältst die Aktienmehrheit, Philip. Und du bist es, der Meilleurs Amis bisher geleitet hat. Außerdem wissen wir beide, dass die Aussicht auf ein
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