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Haut aus Seide

Titel: Haut aus Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Holly
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obwohl sich sehr schwer sagen ließ, wer hier eigentlich wen festhielt. Sie waren alle betrunken, aber Andrews Zustand ließ sich eher als richtig besoffen bezeichnen. » Target ist eine Marke. Saks Fifth ist eine Marke. Aber wer zum Teufel weiß schon, was er von Graves -Kaufhäusern erwarten soll?«
    »Ich jedenfalls nicht«, murmelte Béatrix und musste blinzeln, um das Türschloss zu finden.
    »Genau!«, bestätigte Andrew, als sie in die Wohnung stolperten. »Wir sind vielleicht nicht gerade Saks , aber wir haben viel schönere Sachen als Target . Wir müssen dem Konsumenten unsere Identität vermitteln. Wir müssen uns als Marke etablieren.«
    Er schlug mit der Faust in die Luft, was ihn prompt sein Gleichgewicht kostete. Lela führte ihn mit sanftem Lachen zu der großen, geblümten Couch, die das Wohnzimmer dominierte.
    »Die Coffeeshops in den Häusern waren schon mal ein Anfang«, sagte er, während Lela ihm die Schuhe auszog. »Sie haben dafür gesorgt, dass die Frauen länger in den Läden blieben und so auch länger einkauften.« Er klopfte sich auf die Brust. »War meine Idee, die einzuführen. Simon sagte, ich wäre ein Genie.«
    »Du bist ja auch ein Genie«, versicherte ihm Lela und drückte ihm einen Kuss auf die gerunzelte Stirn. »Und
das Parfüm, was du finden wirst, wird auch ganz wundervoll sein.«
    »Na hoffentlich.« Andrews Augen schlossen sich, und seine langen goldenen Wimpern berührten fast die Wangen.
    »Apropos Kaffee«, erklang es plötzlich von Béatrix, »ich glaube, ich setze lieber mal eine Kanne auf.«
    Zu ihrer Erleichterung blieb Lela bei Andrew – Bea musste einfach mal einen Moment allein sein. Das Angebot ihrer Freundin, die New Yorker Boutique zu leiten, hatte sie völlig unvorbereitet getroffen. Sie bezweifelte, dass Lela es bisher jemals länger als ein paar Monate in einem Job ausgehalten hatte. Abgesehen natürlich von ihrer freiberuflichen Arbeit für ein Magazin, die allerdings keine festen Bürozeiten kannte und daher kaum als regelmäßig bezeichnet werden konnte. Lela war eine Frau, die sich gern amüsierte. Der Gedanke, dass sie mehr als zehn Minuten die Verantwortung für eine gesamte Boutique übernehmen würde, war lachhaft.
    Dennoch schien sie es wirklich zu wollen.
    Béatrix erinnerte sich an das Gespräch … »Wieso nicht?«, lautete Lelas Kommentar, als Bea sich bei ihrer Ankündigung fast an einem Shrimp verschluckt hätte. »Ich habe schon im Einzelhandel gearbeitet. Ich kenne mich mit Mode aus. Ich kenne mich mit Frauen aus. Ich bin jung und voller Energie. Ich bin charmant und habe wahrscheinlich schon mehr Zeit mit Shoppen verbracht als sonst jemand in diesem Raum.«
    Philip hatte natürlich seine Zweifel. Er mochte Lela, aber wenn es ums Geschäft ging, war er kein leichtgläubiger Mensch. Dann aber machte Lela das entscheidende Angebot.

    »Schick mich doch einen Monat als Verkäuferin hin«, schlug sie vor. »Ich verschaffe mir vor Ort einen Eindruck von der Situation, fühle mich ein bisschen in das Personal ein, und am Ende des Monats schicke ich dir einen Businessplan, was meiner Meinung nach geändert werden muss, um die Boutique wieder auf Vordermann zu bringen. Wenn du damit etwas anfangen kannst, stellst du mich ein. Und wenn nicht, bin ich auch nicht böse.«
    »Es würde mindestens einen Monat dauern, Gespräche mit möglichen Kandidaten zu führen«, fügte Andrew unterstützend hinzu.
    »Und das kannst du tun, während ich schon vor Ort bin.« Lela legte die Hände flach neben ihren Teller. »Hör mal, ich bitte dich doch nicht, mir den Job auf einem Silbertablett zu servieren. Ich bitte dich nur um eine Chance.«
    »Fairer geht es eigentlich nicht«, kam es von Andrew, und Philip wurde vor ihren Augen schwach.
    »Einen Monat«, erklärte er. »Und noch einen Monat Probezeit obendrauf, falls du den Posten wirklich übernehmen solltest.«
    Lela sprang kreischend auf, und Béatrix rutschte das Herz in die Hose. Zwar wollte sie den Job gar nicht selbst übernehmen, aber sie war auch nicht erpicht darauf, dass Lela ihn bekam. Nicht aus Furcht, dass ihre Freundin versagen könnte, sondern aus Furcht, dass sie Erfolg haben könnte.
    Ich bin eine schreckliche Person , dachte sie, als sie jetzt den Kaffee in die glänzende italienische Espressokanne füllte. Ich bin ein schrecklicher, neidischer Mensch, der sich eigentlich für seine Freundin freuen sollte. Für die beste
Freundin. Für die Freundin, die ihr niemals die Chance auf Erfolg

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