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Haut aus Seide

Titel: Haut aus Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Holly
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York.«
    »New York?« Bea richtete sich unvermittelt in ihrem Stuhl auf. Andrew beugte sich gerade zu ihr herüber, um ihr einen Shrimp in den Mund zu stecken. Die zwei hatten sich zwar erst heute kennengelernt, aber Bea benahm sich nicht so, als störe sie die Intimität. Sie legte die schwere Silbergabel auf ihrem Teller ab. »Was ist denn mit dem Laden in New York?«
    Herrgott, hatte er das unbedingt sagen müssen? Eigentlich war das gar nicht geplant gewesen. Aber jetzt war die Katze aus dem Sack. Vielleicht war es auch ganz gut, das Thema anzuschneiden. Vor den Gästen würde Bea ihm wenigstens keine Szene machen.
    »Die Filiale macht Verluste«, gab er zu. »Im letzten Quartal sogar so viel, dass die Gewinne der San-Francisco-Filiale fast komplett aufgebraucht wurden, um das Minus auszugleichen.«
    Zwischen Beas Augenbrauen bildete sich eine dicke Zornesfalte. »Hab ich nicht irgendwo gehört, dass die Geschäftsführerin eine Beurlaubung beantragt hat?«
    Philip hoffte inständig, dass ihm die Röte nicht ins Gesicht schoss. Er wusste genau, wo sie diese Information
schon einmal gehört hatte: als Alain in seinem Büro gewesen war. Genauer gesagt, als sie mit seinem Schwanz im Mund unter dem Schreibtisch gekauert hatte. Er konnte sie gar nicht ansehen aus Angst, dass auch sie in diesem Moment daran denken könnte.
    »Ja«, erwiderte er schließlich, »sie geht in Mutterschaftsurlaub. Mehr oder weniger ein Aufschub, bevor sie endgültig gefeuert wird. Ich hatte mir gedacht – oder eigentlich eher gehofft -, dass du vielleicht ihren Posten übernehmen würdest.«
    »Ich?«
    »Ja«, antwortete er. Béatrix schien aufrichtig überrascht zu sein. Philip fragte sich, wie treibsandig der Boden wohl war, auf dem er sich da bewegte. Bei Bea ließ sich das nie so recht vorhersagen. »Du hast doch die letzten Monate viel Zeit in unseren Läden verbracht. Da dachte ich mir, dass du vielleicht Lust auf eine offizielle Position hättest.«
    »In New York?« Ihr Gesicht wurde blass.
    Und auch auf seinen Wangen breitete sich ein kühler Hauch aus. Verdammt!, dachte er. Sie weiß ja gar nicht, dass ich ihr das schon vor Wochen anbieten wollte. Jetzt denkt sie bestimmt, ich versuche sie loszuwerden, weil sie sich an mich rangemacht hat. Sie glaubt sicher, ich will sie verbannen.
    »Nein«, antwortete er und klammerte sich an Messer und Gabel fest. Er sah aus wie Heinrich der Achte, konnte seinen Griff aber nicht lockern. »So habe ich es nicht gemeint. Die offene Position ist zufälligerweise in New York. Wenn du jedoch lieber hier arbeiten möchtest … Dein Einsatz für die Firma ist genauso wichtig wie meiner. Da weiß ich natürlich jeden Beitrag zu schätzen, den du bringen kannst.«

    »Ich will aber gar nichts beitragen.« Sie klang fast benommen. »Abgesehen von dem, was ich ohnehin schon tue.«
    »Natürlich. Auch das ist gut. Wie du willst. Deine Arbeit ist sicher sehr hilfreich.« Er schluckte und musste sich sehr beherrschen, nicht weiter an seinen ohnehin schon zerkauten Nägeln herumzubeißen. Philip wusste, dass er Phrasen drosch. Er atmete auch zu schnell. Die Luft wollte einfach nicht recht in seine Lungen gelangen.
    Lela tätschelte seinen Arm, so wie man es bei einem alten Mann tun würde. »Bea kann keine Vollzeitstelle annehmen. Sie braucht doch Zeit zum Malen.«
    »Zum Malen? Also, ich wusste ja, dass du mal eine Ausstellung hattest, aber ich dachte …«
    Béatrix sah ihn nicht an. Ihre Daumen rieben über den Rand des Tellers. Wie oft hatte er diesen Gesichtsausdruck schon bei ihr gesehen, wenn ihre Mutter irgendeine ihrer Aktionen schlechtgemacht hatte? Stur. Schmollend. Den Schmerz auf keinen Fall zeigen wollend. Und jetzt war er es, der diesen Schmerz verursacht hatte.
    »Natürlich solltest du der Malerei weiter nachgehen«, erklärte er, sehr bemüht, herzlich zu klingen. Doch eigentlich wirkte er nur idiotisch. Auf seiner Stirn bildeten sich Schweißtropfen. Mist! Wieso konnte er nicht den Mund halten?
    Bea fluchte leise vor sich hin.
    »Ich würd’s gerne tun«, schaltete sich auf einmal Lela ein.
    »Was tun?«, fragte er, dankbar für die Unterbrechung, aber reichlich verwirrt.

    Lelas Grinsen hätte nicht breiter sein können.
    »Ich«, meinte sie und legte eine Hand auf ihr Herz, »werde die New-York-Filiale übernehmen.«
     
    »Es geht nur um die Marke«, erklärte Andrew, als sie die schiefe Treppe zu ihrer Wohnung erklommen. Er hatte erneut die mittlere Position in dem Trio eingenommen,

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