Haut aus Seide
allerdings auch irgendwie stimmig wirkte. »Wenn es nur das wäre, hätte er auch dich so angeschaut. Er will das Mädchen. Er will die Laken mit ihr einsauen.«
»Hm«, entfuhr es Lela zweifelnd.
»Ich habe ganz sicher Recht, chère . Ich erkenne einen sexhungrigen Mann, wenn ich ihn rieche.«
»Du und deine Nase.« Gläser klirrten – Lela schenkte
sich etwas zu trinken ein. »Aber wenn du Recht hast, könnte das durchaus Ärger bedeuten.«
»Wieso denn? Ich weiß, er ist ihr Stiefvater, aber der Altersunterschied ist doch minimal. Und wir sind hier in Frankreich.«
»Wir mögen hier zwar in Frankreich sein, aber die Gerüchteküche der Haute Couture kocht schnell hoch. Jedermann weiß, dass er Eves Toyboy war. Béatrix gehört die Hälfte der Aktien. Wenn er was mit ihr anfinge, würde er jede Glaubwürdigkeit verlieren. Und ich bin nicht sicher, ob die Firma das überstehen würde.«
Die Worte der Freundin legten sich wie Steine auf Béatrix’ Brust. Sie hielt sich an dem Skizzenbuch fest und schloss die Augen. Sie wusste das alles, hatte es immer gewusst. Aber Lelas Befürchtungen waren sowieso rein hypothetischer Natur: Philip war nicht rot geworden, weil er sie begehrte, sondern weil Beas Verhalten ihn bis ins Mark schockiert hatte.
Phil, der Prinz, sollte sie begehren? Das war ja einfach lächerlich!
Béatrix nahm ein spätes Frühstück zu sich, während Lela weiter mit ihrem Kaffee in der Küche herumsaß. Noch bevor die Gastgeberin ihn aufhalten konnte, hatte Andrew das Geschirr abgewaschen und war dann verschwunden, um sich anzuziehen. Er tauchte noch einmal kurz auf, um sich zu verabschieden. Während er sich zu Lela hinabbeugte, um ihr einen Kuss auf die Wange zu geben, band er sich seine Krawatte.
»Es bricht mir das Herz, euch das mitzuteilen, meine Damen, aber ich muss einen Zug in die Provence erwischen.«
Lela zog seinen Schlipsknoten gerade. »Geht es auf Parfümjagd?«
» Oui, mademoiselle. Heute werde ich an den neuesten Proben der Parfümeurs schnuppern, durch Lavendelfelder stapfen und meinen Kopf in Fabrikfässer stecken.«
»Fall nicht rein«, neckte ihn Lela.
»Nie und nimmer.« Andrew umrundete den Tisch und verabschiedete sich auch von Béatrix.
»Danke für alles«, sagte sie. Seine Aufmerksamkeit machte sie etwas verlegen.
Andrew umfasste ihr Gesicht mit den Händen. »Ich danke dir , Béatrix. Es hat mich sehr gefreut, dich kennenzulernen, und wenn ich wiederkomme, würde ich unsere Bekanntschaft sehr gern vertiefen.«
Die Augen seines attraktiven, von Sonnenfältchen durchzogenen Gesichts glitzerten. Mon Dieu! , war der Mann sexy. Sie konnte allerdings kaum glauben, dass er seine Worte ernst meinte.
»Ich würde dich auch sehr gern wiedersehen«, murmelte sie schüchtern. Er grinste und küsste sie. Seine Zunge drängte sich tief in ihren Mund, bis das Feuer auf ihren Wangen den ganzen Körper erfasste. Es kam Béatrix wie eine Ewigkeit vor, bis er den Mund von ihren Lippen löste.
» Au revoir«, verabschiedete er sich endlich und war eindeutig erfreut, sie in die Sprachlosigkeit geküsst zu haben.
Béatrix presste sich die Finger auf die Lippen, als sie ihn gehen sah.
Dann war sie mit Lela allein.
»Und?« Lela führte ihre Tasse mit beiden Händen zum Mund.
Und?, wiederholte Bea in Gedanken und wünschte sich gleichzeitig, dieser Frage ausweichen zu können. Doch das konnte sie nicht, und jetzt war eindeutig nicht der richtige Zeitpunkt, um den Angsthasen zu geben. Sie schob den Teller beiseite, schenkte sich ebenfalls einen Kaffee ein und goss über ihren Löffel etwas Sahne dazu.
»Du hast das schon öfter gemacht, nicht wahr?«, fragte sie. »Du warst schon öfter mit Frauen zusammen, meine ich.«
»Ein oder zwei Mal.« Lelas Gesichtsausdruck verzog sich abtuend. »Ach, jetzt schau mal nicht so grimmig. Du wirst nach einer Nacht schon nicht zur Lesbe werden.«
»Bist du denn eine?«
»Ob ich eine Lesbe bin? Bea. Mit wie vielen Männern hast du mich in deinem Leben gesehen?«
»Dann bist du bisexuell?«
Lela strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Ich hab mich noch nie gern in Schubladen stecken lassen, das weißt du doch.«
»Na gut.« Béatrix legte ihren Löffel auf den Tisch. »Geht mich ja auch nichts an.«
»Ganz recht«, erwiderte Lela. »Das geht dich nichts an.«
Béatrix hatte diesen kühlen Ton schon öfter gehört, doch bisher war er nie auf ihre Person gerichtet gewesen. Sie wand sich vor Verlegenheit. Lela hielt sie zweifellos
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