Haut aus Seide
etwas zu bitten. »Ich hatte eigentlich gehofft, dass du ein bisschen mehr tun könntest. Wieso bringst du nicht diese nette Diane mit, die wir bei dem Wohltätigkeitsball für Kinder kennengelernt haben? Ich weiß, es geht uns eigentlich nichts an, aber dein Dad macht sich Sorgen, dass du nicht genug unter Menschen kommst und dich amüsierst. Außerdem fand er sie einfach hinreißend. Wochenlang hat er über nichts anderes gesprochen. Wie reizend sie war und wie nett.«
Simon schob die Haut seiner Stirn mit den Fingern nach oben. »Ich fürchte, Diane und ich haben nicht mehr viel miteinander zu tun. Sie ist verlobt.«
So zurückhaltend Tess’ Enttäuschung auch war, sie bescherte ihm doch leichte Kopfschmerzen. Tess und Howard Graves hatten ihm so viel gegeben. So viel mehr, als er jemals gutmachen konnte. Er fand es schrecklich, einem von ihnen Sorgen zu bereiten.
»Ich werd mal sehen, ob ich nicht eine andere Begleiterin mitbringen kann«, erklärte er. »Ich treffe mich da seit einiger Zeit mit einer Frau.«
»Wirklich?« Tess konnte die mütterliche Neugier in ihrer Stimme nicht ganz verbergen. »Ist sie nett? Nein, vergiss meine Frage. Natürlich ist sie nett. All deine Freundinnen sind immer nett.«
Diese Bemerkung veranlasste Simon, leicht genervt die Augen zu rollen. Seine Geliebten waren bisher immer nett gewesen, ja. Seine Freundin – wenn man Lela so bezeichnen konnte – war da schon eine ganz andere Geschichte. »Ich kann aber nicht versprechen, dass sie mitkommt, Mom. Es könnte durchaus sein, dass sie schon was anderes vorhat.«
Schweigen war die einzige Reaktion auf seine Erklärung. Offensichtlich konnte Tess sich nicht vorstellen, dass jemand ihrem Liebling einen Korb gab.
»Oh. Aber sicher. Moderne Frauen bauen ihr Leben nicht mehr um einen Mann herum, nicht wahr?«
»Nein. Aber ich werde mein Bestes tun, um diese moderne Frau zu eurer Feier zu locken. Du, ich muss jetzt Schluss machen, bevor meine Angestellten mir noch Faulheit vorwerfen.« Mit einem warmen Lächeln hörte Simon sich die ausführlichen Abschiedsworte seiner Mutter an, bevor er sich mit einem »Ich liebe dich« von ihr verabschiedete.
Tess schnappte hörbar nach Luft. »Ich liebe dich auch, Darling.«
Er legte den Hörer auf. Ihr Luftholen verriet ihm etwas, das er eigentlich auch so hätte wissen müssen: Er sagte diese Worte nicht annähernd oft genug.
Lela verstand nicht, warum Simon so nervös wurde, nur weil sie gemeinsam zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung gingen. Er schien außergewöhnlich erleichtert gewesen zu sein, als sie zugestimmt hatte, ihn zu begleiten. Und dann, zwei Tage vor dem Fest, hatte er darauf bestanden, ihren Kleiderschrank durchzugehen, um sich anzusehen, was sie tragen sollte.
»Irgendwie ist nichts Passendes dabei«, hatte er gesagt, nachdem jedes einzelne Kleid begutachtet worden war. »Ich werde dir was von Graves mitbringen.«
»Ich sagte doch – keine Geschenke.«
»Gut. Dann kannst du es mir ja bezahlen, wenn du den Filialleiterposten hast.«
»Wenn ich es dir bezahlen soll, dann kann ich es mir doch wohl auch selbst aussuchen, oder nicht?«
»Bitte, Lela. Es mag ja sein, dass mein Stilgefühl nicht ganz so sicher wie das von Andrew ist, aber ich weiß immerhin, was passend ist und was nicht. Vertrau mir. Dir wird schon gefallen, was ich aussuche.«
Simon hatte die Bitte auf so ernsthafte, bescheidene Weise vorgebracht, dass Lela es nicht übers Herz gebracht hatte, sie ihm abzuschlagen. Und tatsächlich gefiel ihr das Outfit, das er für sie ausgewählt hatte. Es handelte sich um ein knielanges Etuikleid aus lavendelfarbener Naturseide, das fantastisch mit ihrem braunen Hautton harmonierte. Der Schnitt war klassisch und unprätentiös: ärmellos und figurbetont mit einem schlichten, eckigen Ausschnitt. Lela hätte es am liebsten ohne Unterwäsche getragen, aber Simon kam dieser Anwandlung mit einem trägerlosen Korselett zuvor. Es war so wunderschön und sexy gearbeitet, dass sie nicht mal so tun konnte, als hätte sie etwas daran auszusetzen. Das ausgeklügelte
Wäschestück verlieh ihr sogar ein richtiges Dekolleté. Simon musste schwer schlucken, als sie ihm das Ganze vorführte.
Doch jetzt schaute er einfach nur grimmig drein. Seine Hände krallten sich in das Lenkrad des großen Mercedes, sodass die Knöchel weiß hervorstanden. Gott bewahre, wenn sie ihn angesprochen hätte – das wäre ihr nicht gut bekommen.
Die Feier fand an der Nordküste von Long Island
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