Haut aus Seide
statt. Nach einer Stunde Fahrt gelangten sie zu einem großen Fachwerkhaus mit einem riesigen gepflegten Grundstück und einem gepflasterten Kreisel vor dem Eingangsportal. Obwohl es sich um ein Privatgebäude handelte, wurde der Mercedes wie bei einem Luxushotel sofort von einem uniformierten Parkwächter in Empfang genommen.
»Dann mal los«, sagte Simon und zog sein Sakko gerade. Er trug einen ungewöhnlich lässigen braunen Leinenanzug mit schwarzem Sporthemd, in dem er unglaublich attraktiv aussah – wenn auch alles andere als entspannt. Wäre er noch steifer gewesen, hätte man seine Krawatte glatt für einen Henkerstrick halten könnten. Die Hand leicht auf ihren Rücken gelegt, führte er Lela durch ein Rankenspalier im Garten. Hinter dem Haus auf einem Rasen, der so grün und gepflegt wie ein Golfplatz aussah, stand eine Gruppe schwatzender, gut gekleideter Menschen, die fast alle älter als Simon und Lela waren. Hinter ihnen lag die typische Kulisse Long Islands – ein kleiner Steg mit einem Segelboot, das davor in den leichten Wellen schaukelte und dessen einzelner Mast grazil wie eine Haselnussgerte wirkte. Die Champagnergläser glitzerten in der Sonne. Genau wie die Perlen, die Manschettenknöpfe und die ebenmäßigen, strahlend
weißen Zähne der Gäste. Lela hatte das Gefühl, direkt in eine Szene aus Der große Gatsby geraten zu sein. Nicht, dass es schlimm gewesen wäre. Lela hatte sich schon öfter unter die versnobten Reichen gemischt und wusste, wie man sich in deren Gegenwart benahm. Und wenn sie jetzt doch ein klein wenig unruhig war, dann lag das allein an Simons Nervosität, die auf sie abfärbte.
Sie wollte sich gerade ins Getümmel stürzen, als Simon ihren Arm umfasste und sie mit ausgesprochen verlegenem Gesichtsausdruck in eine rosenumrankte Laube zog.
»Ich muss dir etwas sagen«, stieß er hervor.
Lela verschränkte die Arme unter ihrer Brust zusammen. »Ja?«
Er holte tief Luft. »Dies ist keine Wohltätigkeitsveranstaltung. Es ist eine Feier zum Hochzeitstag meiner Eltern. Mein Vater macht sich Sorgen um mich. Er glaubt, dass ich nicht genug Frauen kennenlerne.«
Lela begann schallend zu lachen. Sie konnte nichts dagegen tun. Das war nun wirklich das Letzte, was sie erwartet hatte. »Ich fass es nicht, dass du keine andere Begleitung gefunden hast!«
Seine Lippen wurden zu einem sturen Strich. »Ich wollte gar keine andere Begleitung. Ich wollte dich. Und ich dachte mir, du würdest nicht mitkommen, wenn es nichts mit dem Geschäft zu tun hat.«
»Du hättest mich doch nur zu fragen brauchen.«
»Aber unsere Vereinbarung …«
»Simon.« Sie berührte ihn an der Schulter. »Ich hätte ganz sicher Ja gesagt. Ich mag dich.«
Er blinzelte überrascht. Gott, wie hinreißend er doch war. Der Gedanke, dass er sie ihren Eltern vorstellen wollte – selbst wenn es unter Zwang geschah -, ließ ein
herzerwärmendes Glühen in ihrer Brust erstehen. Lela konnte sich nicht erinnern, wann einer ihrer Liebhaber schon mal vor anderen Leuten mit ihr hatte angeben wollen. Außer vor irgendwelchen Saufkumpanen.
»Ich mag dich«, wiederholte sie. »Es ist nicht nur die Vereinbarung.«
Simons Wangen wurden rot, und er räusperte sich.
»Gut«, erklärte er. »Ich mag dich auch.«
Simons Mutter war ein Engel und sein Vater ein großer Charmeur. Die beiden gaben ein ausgesprochen attraktives Paar ab. Howards rotes Haar war mittlerweile ergraut, und auch Tess war über die Jahre recht weiß geworden. Sie waren beide rüstig, hochgewachsen und überaus freigiebig mit ihrem Lächeln. Tess war die Stillere, und Lela wusste sofort, dass sie die Hosen anhatte. Sie nahm an, dass ein Großteil von Howards charmantem Geplauder dazu gedacht war, seine Frau zu amüsieren.
Als Lela ihm vorgestellt wurde, sagte er sofort, dass Simon sie nicht verdiene. »Brennen Sie doch mit mir durch«, drängte er scherzhaft. »Ich weiß, wie man mit schönen Frauen umgeht.«
»Achten Sie gar nicht auf ihn«, sagte seine Frau. »Er ist unverbesserlich.«
Simons Vater bestand darauf, ihr Steak eigenhändig zu grillen. »Nur das Beste für Simons Begleiterin.« Seine Stimme war stockend, aber laut, und schon zwei Minuten nach ihrem Kennenlernen erklärte er Lela, dass er sich von einem Schlaganfall erhole. »Ich kann die Damen also nicht mehr so bezirzen wie einst.«
Lela versicherte ihm, dass er ausgesprochen gut in Form sei. Simon hatte wirklich nicht zu viel versprochen.
Sein Vater war ein Riese mit großem
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