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Haut aus Seide

Titel: Haut aus Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Holly
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bisher durch dieses Manko zerstört worden. Es war ein Makel. Und dieser Riss in ihrer Persönlichkeit lief durch sie hindurch wie eine geologische Verwerfung zwischen den Kontinenten.
    »Verzeihen Sie bitte.« Lela konnte nicht einen Moment länger hier sitzen bleiben. »Ich müsste mal telefonieren.«
Simon fand Lela in der Bibliothek, wo sie gerade versuchte, ein Taxi zu finden, das Kreditkarten nahm. Auf ihren Wangen waren noch die Spuren der Tränen zu erkennen, die sie vergossen hatte, doch ihre Stimme war durch und durch geschäftsmäßig. Als sie ihn in der Tür stehen sah, wandte sie das Gesicht ab. In Simons Brust vermischte sich Erleichterung mit Besorgnis. Er nahm ihr den Hörer aus der Hand und legte ihn auf die Gabel.
    »Das ist wirklich nicht nötig«, sagte er so sanft, wie es ihm möglich war. »Wenn du nach Hause willst, fahre ich dich natürlich.«
    Lelas Schultern zitterten, und sie schien nicht in der Lage zu sein, ihrem Geliebten ins Gesicht zu sehen. »Deine Eltern … die Party …«
    Er zog sie an sich und rieb beruhigend über ihren Rücken. Lela schlang die Arme um ihn – steif und schutzsuchend.
    »Das verstehen sie schon«, erwiderte er, und sie schmiegte sich noch enger an ihn. Sein Herz schmerzte ihretwegen. Hätte er sie jetzt lieben können, er hätte es getan. »Meine Mutter wollte dich nicht aufregen.«
    Ihr Kopf rutschte auf seinem Hemd hin und her. »Ich weiß auch nicht, weshalb ich mich so aufführe.«
    »Ich glaube schon, dass du es weißt.« Er gab ihr einen Kuss auf den Kopf. »Einer meiner Mitbewohner im College hat mir mal verraten, dass er noch nie so neidisch war wie bei dem Weihnachtsfest, das er bei meiner Familie verbrachte. Howard und Tess sind großartig. Glaub mir, ich weiß schon, wie viel Glück ich habe.«
    »Du verdienst sie.« Lela richtete sich auf und putzte ihre Nase. »Gott, ich hasse diese Gefühle, sie sind so albern.
Eigentlich müsste ich es besser wissen. Ich bin, wer ich bin, und das ist auch gut so.«
    Simon runzelte die Stirn. »Natürlich ist das gut so. Du bist wunderbar, Lela.«
    Sie zog eine Grimasse. Wenn er doch nur die Gabe hätte, die richtigen Worte zu finden. Wie sein Vater oder Andrew. Wenn er doch nur wüsste, wie man am besten mit Frauen umging. Aber so war er nun mal nicht. Simon musste aus dem, was er hatte, das Beste machen. Er beugte sich zu Lela hinunter, sah ihr in die Augen und umfasste ihre Schultern.
    »Du bist wundervoll, Lela. Für mich bist du einfach wundervoll.«
    Er musste wohl ausnahmsweise doch einmal die richtigen Worte gefunden haben, denn sie schniefte zwar, lächelte ihn dann aber an. »Ich wäre noch wundervoller, wenn ich ein Taschentuch hätte.«
    Er fand eines auf dem Schreibtisch der Bibliothek. »Willst du immer noch nach Hause, oder wollen wir noch ein wenig bleiben?«
    Sie putzte sich erneut die Nase. Die Spitze war genauso gerötet wie ihre Augen, doch für eine Frau, die gerade noch geweint hatte, sah sie überraschend hübsch aus. Vielleicht lag das auch daran, dass sie für ihn immer hübsch aussah.
    »Lass uns noch ein bisschen bleiben«, erklärte Lela schließlich und entspannte sich ein wenig. »Dein Vater hat mir noch einen Tanz versprochen.«
     
    Die Feier wurde schließlich zu einem der schönsten Abende, den sie je erlebt hatte. Vielleicht war es sogar der allerschönste Abend überhaupt gewesen. Es gefiel Lela
überaus gut, wie Simons Freundin behandelt zu werden. Sie liebte es, sich an ihn zu lehnen und seiner tiefen, umsichtigen Stimme zu lauschen. Er ließ sie fast den gesamten Abend nicht los und hielt sie an sich gedrückt, als wäre er ihr ganz persönlicher Ankerplatz.
    Nur dieses eine Mal , dachte sie. Nur dieses eine Mal werde ich so tun als ob.
    Sie verließen das Fest gegen Mitternacht – unter heftigem Protest von Simons Vater.
    »Die Nacht ist doch noch jung«, sagte er.
    Simon lächelte nur und schüttelte den Kopf. »Lela muss morgen arbeiten. Sie braucht ihren Schönheitsschlaf. Genau wie du, Dad. Ich möchte, dass du gut auf dich achtgibst.«
    »Keine Sorge, ich pass schon auf mich auf«, erwiderte sein Vater und ließ sich von seinem Sohn umarmen.
    Auch die Rückfahrt verlief schweigend. Nur war dieses Schweigen so angenehm wie ein kuschelig weicher Bademantel. Simon hatte sie dicht neben sich platziert, sodass er die ganze Fahrt über eine Hand auf ihr Knie legen und es ab und zu streicheln konnte, als wolle er ihr wortlos zu verstehen geben, dass er sie nicht vergessen

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