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Haut aus Seide

Titel: Haut aus Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Holly
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Lela war keiner seiner geschäftlichen Sparringspartner. All das war ihr gegenüber nicht fair.
    Simon schwieg und starrte auf die Fotos an der Wand. Natürlich musste er das, was er da erfuhr, nicht unbedingt verwenden. Er konnte es für sich behalten und den Jungs aus der Finanzabteilung nichts davon erzählen. Sie waren gut genug, die Übernahme perfekt zu machen, auch ohne Lelas Selbstbewusstsein zu kompromittieren.
    Perfekt , dachte er und ignorierte die kleine Stimme in seinem Kopf, die ihm sagte, dass sein Schweigen ein fauler Kompromiss war. Er konnte jedoch einfach nicht riskieren, sie zu verlieren. Nicht jetzt. Nicht, wo das Band zwischen ihnen noch so zart war.
    Die Wahrheit würde wohl noch ein wenig warten müssen.

Zehn
    Simon verließ Lelas Wohnung und fuhr nach Hause, um sich umzuziehen. So wie in letzter Zeit immer häufiger, legte sich beim Öffnen der Wohnungstür ein Mantel aus Depressionen um ihn. Das Zimmermädchen war hier gewesen. Die Suite war staubfrei und aufgeräumt. Es roch nach Putzmittel. Sein Zuhause verriet fast nichts über seinen Bewohner; es hätte auch irgendein x-beliebiges Hotelzimmer sein können.
    Simon hasste diesen Ort. Er hatte noch nie richtig darüber nachgedacht, aber es war so. Er blieb mit dem Schlüssel in der Hand inmitten des Wohnzimmers stehen und betrachtete die schweren, männlich wirkenden Möbel. Der Inneneinrichter hatte sie ausgesucht und befunden, dass sie seine Persönlichkeit widerspiegelten. Seine Persönlichkeit schien sehr braun zu sein. Der Teppich war braun, das Sofa war braun, und auch Schränke und Tische hatten einen merkwürdigen Braunton, der an einen gesprenkelten Schildkrötenpanzer erinnerte. Die Wände waren in Gold gestrichen, aber es war ein kalter, metallischer Ton. Vielleicht hatte der Designer ja gedacht, die Farbe werde ihn an Geld erinnern.
    Mit einem Seufzen warf Simon den Schlüssel auf den Sofatisch und rubbelte sich durch die Haare. Wenn Lela seine Bleibe sehen könnte, sie würde sofort schreiend davonlaufen. Er trug sich mit dem Gedanken – mit dem
sehr vagen Gedanken -, sie zu fragen, ob sie nicht mit ihm zusammenziehen wolle. Hier aber würde sie ganz sicher nicht mit ihm leben wollen. Sie schaute ihn ja schon komisch an, wenn er auch nur eine Zahnbürste in ihrem Badezimmer deponierte. Wahrscheinlich würde sie nirgendwo mit ihm zusammenwohnen wollen.
    Weichei , dachte er und marschierte entschlossen zu seinem Kleiderschrank. Die geschäftliche Konkurrenz nannte ihn nicht umsonst Gletscher-Graves. Er wusste, wie man Geduld erzeugte. Er wusste, wie man die Gegenpartei in die Knie zwang. Wäre da nur nicht dieses Gefühl gewesen, jedes Mal, wenn er von ihr fortging, einen wichtigen Teil von sich zu verlieren.
    Er schnitt eine Grimasse, als er einen braunen Seidenschlips in seiner Garderobe entdeckte. Mit Diane war das Leben wirklich weitaus einfacher gewesen.
    Das Telefon klingelte genau in dem Moment, als er nach seiner Aktentasche griff. Lela , dachte er sofort, und sein Herz begann zu rasen, als hätte er gerade einen ganzen Becher Espresso runtergestürzt.
    Aber bei der Anruferin handelte es sich nicht um Lela. Es war seine Mutter.
    »Gut, dass ich dich dran habe«, begrüßte sie ihn mit ihrer warmen, freundlichen Stimme. »Es ist immer so anstrengend, mit deiner Sekretärin zu sprechen. Sie führt sich jedes Mal auf, als müsste man Angst vor mir haben.«
    Simon setzte sich auf die Sofalehne. »Ich bin es, vor dem sie Angst hat, Mom. Und sie denkt wahrscheinlich, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.«
    »Und genauso ist es auch, mein lieber Junge.«
    Simon lächelte. Ebenso wie sein »Dad« Howard war auch Tess für ihn »Mom«, wenn er mit ihr sprach, aber in
seinem Kopf blieb sie immer Tess. Es war seine Art, damit umzugehen, dass die beiden nun seine Eltern waren. Lustigerweise war Tess der einzige Mensch, der ihn je mit »mein lieber Junge« anredete und dachte, er wäre genauso wie sie. »Was gibt’s, Mom?«, fragte er. »Ist mit Dad alles in Ordnung?«
    »Natürlich, Darling. Fit wie ein Turnschuh. Seine Sprache ist fast vollständig zurückgekehrt. Nein, ich rufe dich wegen unseres vierzigsten Hochzeitstages an. Wir haben beschlossen, eine große Party zu geben, damit alle Welt sehen kann, dass dein Dad wieder wohlauf ist.«
    »Sag mir, wann ihr feiern wollt, damit ich mir den Tag freischaufeln kann.«
    »Alsooooo …« Seine Mutter zog das Wort in die Länge, so wie sie es immer tat, wenn es ihr schwerfiel, um

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