Haut
»Nein. Darauf falle ich nicht herein. Ein Kind können Sie nicht wegzaubern, und wenn Sie sich noch so sehr bemühen.«
»Das tue ich ja nicht«, sagte Pooley. »Ehrlich nicht. Ich weiß nicht, von wem Sie reden, aber Lucy, meine Lucy - sie hatte nie ein Kind.«
52
Der Anruf kam kurz vor der Morgenandacht. Eine der Krankenschwestern, die mit Susan Hopkins in der Klinik in Rothersfield zusammengearbeitet hatte, war die ganze Nacht bei ihrem Freund gewesen und hatte ihr Handy abgeschaltet. Von Susans Tod erfuhr sie erst, als sie am Morgen zum Dienst kam. Sie rief die Polizei an, weil sie etwas zu wissen glaubte, was die Polizei nicht wusste - etwas, das keiner der gestern vernommenen Mitarbeiter wissen würde. Die Zentrale bat sie, in der Klinik zu warten; jemand werde sofort vorbeikommen.
Beatrice Foxton wohnte nur ein paar Meilen weit von der Klinik in Rothersfield entfernt. Als Caffery sie anrief und sagte, er müsse mit ihr sprechen, antwortete sie, es sei sowieso Zeit, die Hunde auszuführen. Rings um die Klinik lagen Felder; dort würden sie sich treffen, bevor er hinginge.
Sie standen in der Morgensonne und sahen den beiden Hunden zu, die in großem Bogen um sie herumrannten. Caffery rauchte wieder. Er zog die Schultern ein wenig hoch; seine Arme und sein Hals waren verspannt. »Lucy Mahoney.«
»Was ist mit ihr?« Beatrice war sommerlich gekleidet: Bluse und Hose aus weißem Leinen und Segeltuch-Espadrillos. Völlig unpassend war der verschlissene Gärtnerhandschuh, den sie an der rechten Hand trug, um den Tennisball für die Hunde zu werfen.
»Sie hatte eine Abdominoplastik.« Sein Blick wanderte zur Klinik hinauf, zu den gepflegten Rasenflächen, den Buchsbaumhecken, den Kolonnaden und den teuren Autos auf dem Parkplatz. Hierher mussten Lucys siebentausend Pfund geflossen sein. James Pooley hatte nicht gern über die Operation gesprochen. Lucy habe nicht gewollt, dass jemand es erfuhr, und er sehe nicht ein, weshalb er ihre Privatsphäre nicht auch nach ihrem Tod schützen solle. Aber er hatte Caffery erzählt, wo sie es hatte machen lassen. Hier oben in der Klinik Rothersfield. Da, wo Susan Hopkins gearbeitet hatte. Was immer Lucy mit Susan Hopkins verbinden mochte, war dort am Ende der Zufahrt geschehen. Caffery wusste nur noch nicht, was es war. »Eine Bauchstraffung. Vor zwei Jahren, sagt ihr Freund.«
»Ich weiß.«
Er seufzte. »Dachte ich mir.«
»Das war die Narbe, die aussah wie ein Kaiserschnitt, erinnern Sie sich? Nachdem Sie gegangen waren, habe ich sie aufgemacht, und der Uterus war intakt. Sie war G Zero.«
»G Zero?«
»Gravida Zero. Null Schwangerschaft. Sie hatte nie entbunden und war nie schwanger gewesen. Der Schnitt reichte nicht sehr tief.«
»Sie haben gesagt, das sei Pfusch gewesen. Was haben Sie damit gemeint?«
»Keine Nachlässigkeit. Es war sehr fachmännisch gemacht und ich meine, sehr fachmännisch. Aber ich hatte das Gefühl, dass der Chirurg viel zu weit unten geschnitten hat, weiter unten als nötig. Er hat die halbe Pubis weggesäbelt. Und eine Sympathektomie wurde auch vorgenommen. Zur selben Zeit, nach dem Heilungszustand zu urteilen.«
»Eine was?«
»Der Nervus Sympathicus wurde durchtrennt. Das ist der Nerv, der das Erröten und Schwitzen im Gesicht steuert. Sie erinnern sich an die Schnitte unter den Armen?«
Er erinnerte sich. Zwei Narben in den Achselhöhlen.
»So etwas würde man nach einer Lungenbiopsie mittels einer videounterstützten Schlüsselloch-Operation sehen. Man schiebt einen dünnen Schlauch in den Brustraum und führt das Skalpell durch ihn ein. Aber in diesem Fall ging es um die Nerven, nicht um die Lunge. Viele Leute lassen es machen. Meistens verläuft es katastrophal; es muss rückgängig gemacht werden - und auch das scheitert dann. Die Chirurgen in den USA haben das allmählich begriffen; sie klemmen den Nerv ab für den Fall, dass der Patient es sich anders überlegt. Wir hinken da noch hinterher.«
Caffery sah Lucys Gesicht im Video vor sich - Willkommen in meinem Atelier - und erinnerte sich, wie ihre Hände den Bauch betasteten. Und wie sie nicht errötete. Diese Veränderung war nicht auf etwas Spirituelles zurückgegangen, nicht auf ein gestiegenes Selbstbewusstsein, sondern auf eine Operation. Das war ihm entgangen. Er zog heftig an seiner Zigarette. Alles - alles -, was er über Lucy Mahoneys Leben zu wissen geglaubt hatte, war falsch gewesen.
»Warum haben Sie mir nicht...«
Beatrice hob warnend die Hand. »Ich
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