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Haut

Haut

Titel: Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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an einem Überseekoffer. Pooleys Hände spannten sich um Cafferys Hals, und sein schaler Atem wehte Caffery ins Gesicht. »Haben Sie gehört? Ich hätte Sie umbringen können.«
    Cafferys Unterleib brannte wie Feuer, nachdem Pooley ihn bei den Eiern zu Boden gerissen hatte. Er bekam kaum Luft, aber blindlings wühlte er in seiner Tasche nach dem ASP. Als er ihn gerade herausgezogen hatte und zuschlagen wollte, stieß Pooley ihn gegen den Koffer, kroch ein kleines Stück weg von ihm und sackte dann mit dem Rücken vor einem Stapel viktorianischer Buntglastüren zusammen. Caffery krümmte sich zu einer Kugel und schnappte nach Luft.
    »Was machen Sie hier?« Pooley spuckte auf den Boden. »Wie sind Sie an dem Wachmann vorbeigekommen?«
    Caffery schob den Schlagstock zusammen und vergrub ihn wieder in der Tasche. Er brauchte noch einen Augenblick, um sich zu erholen. Langsam setzte er sich auf, lockerte seine Krawatte und knöpfte das Hemd auf. Rund um seinen Hals waren geschwollene Stellen, wo der Stoff sich ins Fleisch gegraben hatte. Als er schluckte, fühlte sein Adamsapfel sich hart und rau an. »Damit.« Er deutete mit dem Kopf auf seinen Dienstausweis, der ihm aus der Hemdtasche gefallen war und einen Meter weiter auf dem Betonboden lag. »Meine Sie-kommen-aus-dem-Gefängnis-frei-Karte.« Er schluckte noch einmal und rieb sich die Gurgel. »Was soll dieser Bürgerwehrauftritt?«
    »Ich hab Sie für einen Einbrecher gehalten. Letzte Woche war einer da.«
    »Und was ist mit diesem - dieser Folterbank da drüben? Was haben Sie damit gemacht?«
    Pooley warf einen Blick in die Richtung, in die er zeigte. »Mit dem Gerberbaum?«
    »Wo haben Sie den her?«
    Pooley spreizte müde die Hände, als wäre das alles ohne Bedeutung. »Aus einer Gerberei. Warum?« Er bewegte den Kopf ein wenig, und in dem blauen Licht des Computers, das aus dem Büro drang, sah Caffery, dass sein Gesicht nass war. Er hatte geweint. Das war dieses unheimliche Geräusch gewesen, das sich angehört hatte wie ein winselndes Tier.
    Caffery zog den Dienstausweis zu sich heran und steckte ihn ein. »Warum weinen Sie? Wegen Lucy? Sie kannten Sie besser, als Sie mir gesagt haben, stimmt's?«
    Pooley schüttelte den Kopf. »Gott, o Gott.«
    »Ich habe recht, oder?«
    »Ich vermisse sie... Ich vermisse sie so sehr... Ich habe nie alles für sie getan. Aber es hätte Jane den Rest gegeben, wenn ich sie verlassen hätte.«
    »Jane? Ihre Frau?«
    »Sie haben sie gestern gesehen.«
    »Ihre Frau? Gestern? Die mit dem Kronleuchter?«
    »Sie ist nicht gesund.«
    Caffery schnaubte leise durch die Nase. Da hast du verdammt recht, sie ist nicht gesund. Er tastete seine Taschen nach dem Tabakpäckchen ab, das er immer bei sich trug. Scheiß auf den Nicorette-Kaugummi, dachte er - manchmal gab es Zeiten, da musste man seine guten Vorsätze sausen lassen und sich das Nikotin auf direktem Weg in den Körper jagen. »Wie lange waren Sie mit Lucy zusammen?«
    »Zwei Jahre. Seit sie ihn verlassen hat. Colin. Diesen Dreckskerl.«
    Caffery drehte sich eine Zigarette und befeuchtete die Gummierung des Papiers mit der Zungenspitze. »Und wie oft waren Sie mit ihr zusammen?«
    »Ein - oder zweimal die Woche.«
    »Wenn Ihre Frau nicht da war?«
    »An den Tagen, an denen sie ihre Familie besucht.«
    »Und das Sexspielzeug?«
    »Rein ästhetisch.«
    »Wirklich?«
    »Wirklich. Sie fand die Sachen hübsch, das war alles. Aber ihr Ex, dieser Colin, der kam nie damit zurecht. Nie.«
    »Ja. Ich weiß.« Caffery drehte das Ende der Zigarette zusammen und suchte in seiner Tasche nach dem Feuerzeug. »Und. Waren Sie der Einzige? Für Lucy?«
    Pooley hob den Kopf und starrte ihn an. Sein Blick war hart.
    »Sehen Sie mich nicht so an. Wenn Sie sich ein- oder zweimal die Woche mit einer Frau treffen, können Sie nicht erwarten, dass sie herumsitzt und auf Sie wartet, während Sie zu Hause die glückliche Familie spielen.« Er zündete die Zigarette an und musterte Pooley durch den Rauch. »Ich will nur sicher sein, dass Sie der Vater des Kindes sind.«
    »Des K... ?« Pooley legte verblüfft den Kopf zurück und zog die Stirn kraus. »Welches Kindes?«
    »Hören Sie auf. Irgendwann in den letzten zwei Jahren hat Lucy Mahoney ein Kind bekommen. Was ist aus ihm geworden?«
    Pooley ließ die Arme hängen. »Nein«, sagte er leise, und es klang halb erschrocken, halb verwirrt. »Nein. Da irren Sie sich. Es gab kein Kind.«
    Caffery beobachtete ihn. Der Kerl war ein erstklassiger Schauspieler.

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