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Haut

Haut

Titel: Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Schuppen?«
    »Ja.«
    »Ich hab nie gesagt, dass Sie das dürfen.«
    »Aber Sie waren nicht hier. Der arme Mann hat eine Ewigkeit geklingelt.«
    »Ich hätte den Zählerstand telefonisch durchgeben können.«
    »Ich wollte doch nur behilflich sein.«
    »Nächstes Mal lassen Sie es einfach sein. Ich kümmere mich schon darum.« Mit einem höflichen Kopfnicken wollte sie die Tür schließen. »Gute Nacht, Katherine.«
    »Er war erstaunt, als er den Zählerstand gesehen hat. Unglaublich hoch, meinte er.«
    »Gute Nacht, Katherine.«
    »Er sagt, Sie müssen da eine ganze Menge von elektrischen Geräten laufen haben. Mehr als sonst.«
    Flea blieb hinter der halb geschlossenen Tür stehen. Die Glasscheibe im Türfenster löste Katherines fein gemeißeltes Gesicht in konzentrische Kreise auf. Einen Augenblick lang schwiegen sie beide. Dann öffnete Flea die Tür wieder. Sie wusste, dass ihr Gesicht erstarrt war. Spürte, dass das Blut unter der Haut zu fließen aufhörte und blau gefror. »Wie bitte?«
    »Er sagt...« Katherine wandte sich um und schaute über die leere Zufahrt zu den Ziersträuchern hinüber, die ihren Schatten über das Gras warfen, als argwöhnte sie, dass jemand sie beobachtete. »Er sagt, irgendetwas in Ihrem Haus frisst Strom. So etwas hat er noch nie gesehen.« Sie ließ den Blick zur Garage und den mit braunem Papier verklebten Fenstern wandern. »Er sagt, Sie sollten sich darum kümmern.«
    Flea schloss die Augen und öffnete sie dann langsam wieder. Das kalte Ticken der Angst kehrte zurück. Irgendwo tief in ihren Eingeweiden. »Was wollen Sie andeuten?«, fragte sie langsam.
    »Gar nichts. Ich bin nur herübergekommen, um es Ihnen auszurichten. Und um Sie zu fragen, ob Sie vielleicht noch einmal darüber nachgedacht haben...«
    »Nein«, sagte Flea eisig. »Hab ich nicht. Ich hab's mir nicht anders überlegt, und ich bleibe auch dabei. Und jetzt gute Nacht.«
    Katherine holte Luft, um zu antworten, aber dann überlegte sie es sich offenbar anders. Achselzuckend drehte sie sich auf einem Fuß um und spazierte anmutig davon, das Händchen mit flatternden Fingern erhoben.
    Flea blieb auf der Schwelle stehen und sah ihr nach, bis sie um die Ecke verschwunden war. Dann schlug sie die Tür zu, schloss ab und ging in die Garage. Alles war so, wie sie es verlassen hatte. Sie überprüfte das Packpapier vor den Fenstern und schaute nach, ob die Riegel am Garagentor vorgeschoben waren. Dann stellte sie sicher, dass Mistys Leiche nicht angerührt worden war. Als sie sich davon überzeugt hatte, dass niemand hier gewesen sein oder hereingeschaut haben konnte, ging sie ins Haus zurück und schloss die Innentür ab.
    Im Wohnzimmer nahm sie eine Karaffe vom alten Eichenholzsekretär ihres Vaters und entkorkte sie. Dieser Port war seit fünf Jahren offen und von Zucker überkrustet. Als der Korken herauskam, hätte der schwere Weihnachtsduft sie beinahe umgeworfen. Erinnerungen an ihren Dad, wie er im Mantel von der Universität nach Hause kam und nach Regen und dem Zigarettenrauch auf dem Bahnsteig roch, stiegen in ihr auf. Beschwipst am zweiten Weihnachtstag, mit seinem Papphütchen auf dem Kopf. Lächelnd eingeschlafen auf dem Sofa. Oder wie er an einem Samstagmorgen in seinem alten Oxford-Hemd und mit der Brille auf der Nasenspitze im Arbeitszimmer stand, umständlich in den Steinen wühlte und gelegentlich in die Küche rief: »Jill, der Granit - ist der aus dem Karstfenster in Telford oder aus Castleton?«
    Sie nahm ein Kristallglas aus dem Schrank und füllte es bis zum Rand, dann kippte sie das Getränk in einem Zug hinunter, schenkte nach und trank das Glas erneut leer. Dann setzte sie sich auf den Boden und schlang die Arme um den Oberkörper.
    Wenn sie wie Cafferys Tansanier wäre, wie dieser Arnos Chipeta, dann würde Mistys Leiche in der Garage sie nicht aus der Fassung bringen. Sie würde wissen, was damit zu tun war - es wäre etwas Alltägliches für sie. Aber diese Situation war nicht alltäglich, und sie konnte sie nicht beherrscht oder vernünftig oder locker behandeln. Jetzt nicht mehr. Nicht nachdem Thom sie verraten hatte.
    Sie sah auf die Uhr. Es war elf. In dreizehn Stunden würde sie das Geld haben. Und dann das Foto von Thom.
    Und was sie dann tun würde, wusste der Himmel.
     

51
    »Fuck, ich hätte Sie beinahe umgebracht!« Pooley schüttelte Caffery wutentbrannt, dass es ihm das Blut ins Hirn trieb und die Augen aus den Höhlen quellen ließ. Sie lagen auf dem Boden, mit den Köpfen

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