Haut
versperrte ihr den Weg. Dabei schaute er Caffery in die Augen und lächelte ein wenig.
Flea blieb stehen und sah ihm ins Gesicht. »Wissen Sie was?«, fragte sie in ruhigem Ton. »Es ist Jahre her, dass ich mir wegen eines Falls wie der Kitson-Sache einen Knoten ins Hemd gemacht hab, bloß weil das Opfer ein Promi war. Und wissen Sie, warum?«
»Warum?«
»Weil ich ein kleines bisschen Angst hätte, jemand könnte sich umdrehen und mich ein pressegeiles Äffchen nennen.« Sie atmete schwer. »Gehen Sie mir jetzt aus dem Weg, Sie alter Spacko mit Ihrer zugekämmten Glatze? Oder muss ich Sie schubsen?«
Pearces Nasenlöcher weiteten sich kaum merklich. Einen Augenblick lang glaubte sie, er werde stehen bleiben und sich behaupten. Aber dann traute er sich doch nicht. Er rieb sich die Nase und ging zur Seite.
Mit einem kurzen, triumphierenden Grunzen warf sie sich das Handtuch über die Schulter, drehte sich um und stapfte zum Wagen ihrer Einheit. Verdammte Grünschnäbel. War vermutlich früher bei der Freiwilligenpolizei gewesen, der Typ. Sie hatte einfach keinen Nerv für so was.
»Marley«, rief Caffery. Aber sie hob nur winkend die Hand und ging weiter zum Wagen, wo das Team gerade die letzten Sachen einlud. Sie stieg in ihren Focus, startete den Motor und fuhr auf die Straße hinaus. Die Sonne schien auf die Frontscheibe und ließ die Muster im Staub aufleuchten. Als der Parkplatz im Rückspiegel verschwand, gestattete sie sich ein Lächeln.
Muss ich Sie schubsen, Sie alter Spacko mit Ihrer zugekämmten Glatze?
Gut gebrüllt, Löwe. Sie drehte die Lautstärke am Ende der Arctic-Monkeys-CD hoch. Es hatte ihr gefallen, wie Caffery auf ihre Brüste gestarrt hatte. Als wäre das T-Shirt gar nicht da. Als könnte er einfach hindurchblicken. Es war eine Ewigkeit her, dass jemand sie so angesehen hatte. Eine Ewigkeit. Sie wünschte, es würde noch einmal passieren.
Sie lachte und drehte das Fenster herunter. Sie Spacko mit Ihrer zugekämmten Glatze. Ja. Darauf war sie stolz. Richtig stolz.
9
Alle fühlten sich verschwitzt und müde, als sie wieder zum Stützpunkt zurückkamen. Und noch immer war der Geruch nicht verschwunden. Sie hatten geduscht und geduscht, die Anzüge ein ums andere Mal dekontaminiert und ihr Unterzeug in luftdichte Säcke gestopft, und trotz allem lag der Geruch immer noch in der Luft. Flea war, als hinge er sogar in ihren Kleidern, als sie in ihren Wagen stieg, um nach Hause zu fahren. Als sie vor einer roten Ampel halten musste, steckte sie die Nase in den Halsausschnitt ihres T-Shirts und schnupperte.
Es war ein trauriger Gedanke, dass vom Leben einer Frau nur das übrig bleiben sollte: ein Geruch, den andere mit allen Mitteln loswerden wollen. Es hatte vor allem in ihrer ersten Zeit bei der Einheit Tage gegeben, da dachte sie, dass jede Leiche, mit der sie zu tun hatte, ihr etwas Lebendiges raubte. Doch im Laufe der Jahre war sie pragmatischer geworden, und heute schob sie den Gedanken an Lucy Mahoney mühelos beiseite und ließ die Landschaft am offenen Wagenfenster vorbeifliegen. Ihr Telefon lag auf der Mittelkonsole. Cafferys Nummer war eingespeichert. Sie könnte ihn jederzeit anrufen. Sie könnte das Telefon einfach nehmen und ihn anrufen.
Als sie zum Haus kam, in dem sie aufgewachsen war, hoch auf einem Hügel mit Blick auf das ferne Bath, meldete sich ihr Magen. Seit dem Frühstück war viel Zeit vergangen. Sie parkte auf dem Kies und stieg aus. Wie immer ging sie nach hinten, um die Tasche mit ihrer Ausrüstung in den Kofferraum zu legen. Erst als sie den Schlüssel auf das Schloss richtete, fiel ihr ein, dass der Kofferraumdeckel klemmte. Das war seit vier Tagen so, seit Thom sich den Wagen ausgeliehen hatte und dann nachts betrunken nach Hause gekommen war. Das Schloss gab einen seltsamen kleinen elektronischen Piepton von sich und schien aufzuschnappen, aber wenn sie den Deckel heben wollte, rührte er sich nicht. Jetzt steckte sie den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn um. Wieder klickte es, und wieder ließ der Deckel sich nicht öffnen.
Fluchend stellte sie die große Tasche ab, hockte sich vor das Schloss und erkannte, warum es hakte. Ein Stück Stoff klemmte in der Verriegelung. Sie zog daran; vielleicht war ihr Overall dazwischengeraten, aber es war ein anderer Stoff, weich, samtig, nicht glatt. Ratlos hockte sie sich auf die Fersen, strich mit den Fingern über das Stoffstück und versuchte sich zu erinnern, was sie da in den Kofferraum gelegt hatte. Dann
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