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Haut

Haut

Titel: Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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festen, sommersprossigen Waden, die nicht schwabbelten, als sie vor ihm die Treppe hinaufging. Sie hätte ausgesehen wie eine Hockeytrainerin, wenn ihr Haar nicht gewesen wäre, die Strähnen, die leuchteten wie eiskaltes Bier, und ihre breiten Fersen, die über die Ränder der Riemchensandalen ragten.
    Sie besaß ein neues Telefon und war stolz darauf, wie gut sie auf sich Acht gab: Niemals ohne Kondom, und niemals spielte sie etwas vor. Die meisten Mädchen machen das. Sie haben Oberschenkelmuskeln wie Schraubzwingen. Schmier sie ein und klemm sie zusammen. Wenn der Typ betrunken genug ist, wird er den Unterschied gar nicht bemerken. Keelie war anders. Sie war ein Profi. Sie benutzte immer ein Kondom, und sie setzte immer einen Sicherheitsanruf mit dem Handy ab: Sie gab den Namen des Freiers durch, sein Aussehen, sein Autokennzeichen, und sie teilte mit, wo sie sich aufhalten würde. Das hatte sie auch in der Nacht getan, als sie mit Caffery in seinem Wagen in der Gasse gewesen war. Doch als er sie jetzt beobachtete, bezweifelte er, dass sie tatsächlich mit jemandem sprach. Sie hatte ihm den Rücken zugewandt, lehnte mit der Hüfte am Waschbecken, hob mit einem Finger die schmuddelige Gardine hoch und schaute zu ihren Kolleginnen auf der Straße hinunter. Wahrscheinlich wollte sie sich das Geld für den Anruf sparen. Es machte ihn ein bisschen traurig zu sehen, wie sie diesen untauglichen Versuch unternahm, tough und nüchtern zu erscheinen. Als könnte es sie irgendwie retten.
    »Warum hast du deine Telefonnummer geändert?«
    Sie steckte das Handy in die Handtasche und trat an seinen Sessel. »Was glaubst du, warum? Die hab ich nur Kunden gegeben, die öfter kamen.« Sie betonte das Wort »Kunden«, als würde sie als Geschäftsfrau, Industriespionin oder Innenarchitektin arbeiten. »Aber manchmal fangen sie an, mich zu verarschen; sie glauben, sie können Wichstelefonate mit mir führen, oder sie finden's cool, mich morgens um sechs anzurufen, wenn ihre Frau in der Dusche ist.« Sie stellte einen Fuß auf ihr Knie und begann, die Riemchen aufzumachen. »Oder die Frau findet die Nummer, ruft mich an und kriegt Anfälle. Soll ich die anbehalten? Die Schuhe?«
    »Nein.«
    Sie zog die abgetragenen Pumps aus und kickte sie unter den Sessel. Dann nahm sie eine Zigarette aus der Handtasche und zündete sie an. »Sieh dir den Rauchmelder an.« Sie deutete mit dem Kopf zur Decke. Ein BH-Polster war mit Klebstreifen über dem Sensor befestigt. »Das ist es, was die meisten Mädels hier von Nichtraucherzimmern halten.« Sie richtete sich auf, zog den Slip aus und schleuderte ihn zu den Schuhen. An der Innenseite war ein Ann-Summers-Etikett eingenäht. Ann Summers. Respektabler Sex. Auf der High Street erhältlich. Nicht wie in seiner Anfangszeit in London, wo man bis zur Berwick Street fahren musste, um einen Sexshop zu finden. »Du bist mein Letzter heute Abend. Ist gut gelaufen heute.«
    »Du kannst sie wieder anziehen.«
    »Die Pumps?«
    »Die Hose.«
    »Hä?«
    »Ich will nur reden.«
    Sie musterte ihn. »Du hast mich bezahlt. Wenn du bezahlt hast, ist das Geschäft gemacht. Wenn du es dir anders überlegst, bist du der mit der Arschkarte.«
    »Behalt das Geld.«
    Sie zog zweimal an ihrer Zigarette und musterte ihn von oben bis unten. »Ich bleibe nicht mehr als fünfzehn Minuten. Dann ist Schluss. Reden ist nicht billiger als Sex. Okay?«
    »Es geht um einen Freier.«
    »O nein, das meinst du nicht ernst. Ich weiß, dass du ein Bulle bist, Jack.«
    »Seit wann?«
    »Schon immer.«
    »Woher?«
    »Liegt an deinem Gang. Du gehst, als würdest du jeden Moment damit rechnen, dass dich einer anspringt.«
    »Siehst du mir deshalb nie in die Augen?«
    »Nein. Ich sehe dir nicht in die Augen, weil du nicht willst, dass jemand dir in die Augen sieht. Das wusste ich, als ich dich das erste Mal gesehen hab: Das ist einer, der nicht an das erinnert werden will, was er tut, dachte ich. Er muss ein Bulle sein.«
    Er setzte sich auf das Bett. »Kann ich eine Zigarette haben?«
    Sie hielt ihm die Schachtel hin. Er nahm eine und ließ sich Feuer geben. Ihre Fingernägel waren kleine Kunstwerke: Auf jedem funkelte eine Schneeflocke aus Flitter. Auf so etwas konnte eine Frau Stunden verwenden, und ein Mann würde es nie bemerken, weil er es viel zu eilig hatte, die Bedürfnisse seines Schwanzes zu befriedigen.
    »Aber über diesen Freier wirst du reden wollen«, sagte er. »Das hab ich einfach im Gefühl.«
    »Willst du mir

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