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Haut

Haut

Titel: Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Und manche taten es immer, wenn der Wind die Richtung änderte. Wie Powers. Der Mann war ein Albtraum.
    In der heutigen Andacht ging es hauptsächlich um Misty Kitsons Telefonunterlagen und darum, wie gut Powers in der Fernseh-Pressekonferenz herübergekommen war. Caffery lehnte an der Wand, trank sein Whisky-Cola und dachte nicht an Misty Kitson, sondern an Susan Hopkins. Sie und Lucy Mahoney, so weit war er inzwischen gekommen, hatten einander wahrscheinlich nicht gekannt. In Hopkins' Adressbuch und sonstigen Unterlagen wurde Mahoney nicht erwähnt, und auch umgekehrt fand sich nichts. Susans Verwandte und Freunde hatten den Namen Mahoney nie gehört; allerdings fand der Boyfriend von der Ölplattform, »Lucy Mahoney« höre sich nach einem Pornostar an, wenn Caffery die Wahrheit wissen wolle. Trotzdem - es gab einen Zusammenhang zwischen den beiden Frauen. Irgendetwas verband sie miteinander, da war er sicher. Und das hatte eine hässliche Erkenntnis zur Folge, die sich anfühlte, als öffnete sich ein dunkles, bodenloses Loch vor ihn: Es war nicht Arnos Chipeta, sondern jemand anders. Jemand, der kalt und raffiniert war und einen Mord als Selbstmord tarnen konnte. Und der Gründe hatte, einem Hund die Haut abzuziehen.
    »Sie waren ziemlich schweigsam heute, was?« Nach dem Meeting holte Powers ihn auf dem Korridor ein. »So still hab ich Sie noch nie erlebt.«
    Caffery blieb an der Tür zu seinem Büro stehen. Er hielt noch immer die Cola-Dose in der Hand. Er versuchte gar nicht, sie zu verstecken; er wusste, was Powers in seinem Aktenschrank aufbewahrte. »Es gab nicht viel zu sagen.«
    »Sie waren heute Morgen nicht im Büro, wie ich gehofft hatte.«
    »Doch, war ich. In aller Frühe. Ich hab wie versprochen die Einsätze verteilt. Und dann bin ich zum Lunch gegangen.«
    Nachdenklich musterte Powers erst ihn, dann die Cola-Dose. »Jack, ich sag's, wie es ist. Ich trinke im Dienst. Ich tu's einfach. Solange die Arbeit getan wird und mich keiner von der Verkehrspolizei in Almondsbury dabei erwischt, wie ich auf der falschen Fahrbahn über die M 4 rase, ist es egal. In zwanzig Jahren hat noch kein Mensch ein Wort darüber verloren.« Er blickte auf. »Und wissen Sie, warum nicht?«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich meine Arbeit tue, und niemandem auf die Nerven gehe. Ich gehe den Leuten nicht auf die Nerven, und ich tanze nicht aus der Reihe, und deshalb kann mir niemand etwas anhaben. Aber wenn es anders wäre, wenn ich einer wäre, der die Leute wütend macht und sich nicht ins Team einfügt...«, er machte eine Pause, »...dann würden sie mich durch den Wolf drehen. In einer Sekunde. Durch den Wolf.«
    Caffery sah ihn lange an. Dann stieß er die Bürotür auf und ging hinein. Er stellte die Dose auf den Tisch, setzte sich hin, knöpfte sein Jackett auf und schlug es locker zurück. Dann winkte er Powers mit beiden Händen heran, als forderte er ihn zu einem Schlag auf. »Na los. Geben Sie's mir, wenn Sie müssen.«
    Powers musterte ihn wachsam und kam dann zögernd herein. Er schloss die Tür hinter sich und nahm Platz. »Ich höre, Sie waren zum Lunch in Clifton.«
    »Das hat sich ja schnell herumgesprochen.«
    »Turnbull ist loyal.«
    »Wie schön. Dabei dachte ich, zwischen ihm und mir ist was ganz Besonderes.«
    »Und dann, höre ich, waren Sie bei einer Obduktion.«
    »Ja.«
    Powers' Gesichtsausdruck zeigte sanfte Ratlosigkeit. »Wissen Sie, Jack, ich habe Probleme damit zu begreifen, was ein leitender Detective der MCIU bei einer Routineobduktion zu suchen hat, während er eigentlich zusammen mit uns anderen am Fall Kitson arbeiten sollte. Die District Police spricht von einem Selbstmord.«
    »Aber die Ärztin sieht es anders. Sie hält es für einen Mord. Und ich glaube, es gibt einen Zusammenhang mit dem anderen >Selbstmord<, von dem ich Ihnen erzählt habe. Lucy Mahoney. Ich möchte, dass wir die beiden Fälle übernehmen, als zusammenhängende Morde.«
    »Sie möchten was?«
    »Sie hängen zusammen. Lucy Mahoneys Tod war kein Selbstmord, und allmählich stimmt die Ärztin mir zu. Ich möchte sie beide in unsere Zuständigkeit holen, und als Erstes müssen Sie mir einen Durchsuchungsbeschluss besorgen. Ich muss Mahoneys Bankunterlagen sehen.«
    Powers seufzte und fuhr sich mit der Hand über den Kopf. Er sah kein bisschen glücklich aus, aber er nahm sich Zeit und brachte sich mit seiner beruhigenden Atemtechnik wieder unter Kontrolle. Als er seine Fassung wiedergefunden hatte, klang seine Stimme

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