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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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sah erschöpft aus, und seine Augen waren blutunterlaufen.
    »Hallo, ihr Lieben.« James küsste Lara auf die Wange. »Was verschafft mir die Ehre?« Eine seiner irritierenderen Eigenschaften war, dass er normalerweise über die Energie eines aufgedrehten Hundewelpen verfügte. Ihn so verhalten zu erleben war geradezu beunruhigend.
    »Geht es dir gut?«, erkundigte sich Lara.
    »Ach, na ja. Nur ein bisschen im Stress.«
    Er ließ sie ein, nahm hinter dem Schreibtisch im Foyer Platz und bedeutete Lara, sich auf den Stuhl gegenüber zu setzen. »Es sind zusätzliche Proben für das Musical anberaumt worden, und dann muss ich mich auch noch um das schottische Stück kümmern. June und Brian haben sich verkracht und reden nicht mehr miteinander – nicht mal auf der Bühne –, und meine Lady McB liegt mir ständig damit in den Ohren, dass ihr die Unterkunft nicht passt. Als hätte ich nicht schon genug am Hals.« Er stand auf, ging zum Küchen-Einbauschrank und füllte einen Wasserkocher. »Aber genug von mir. Was kann ich für dich tun, Lara, Liebes? Kaffee? Pfefferminztee?«
    »Pfefferminztee, bitte.« Lara hatte bei Gina schon so viel Kaffee getrunken, dass sie ihr Herz klopfen hörte.
    »Na«, sagte James und drehte sich zu ihr um. »Ist das nicht schön.«
    »Ich wollte mit dir über das Haus reden«, begann Lara und hörte ihre Stimme im hohen, holzverkleideten Foyer widerhallen. »Mir hat gerade eben jemand erzählt, was dort passiert ist.«
    »Ah.« James presste sich die Finger tief in die Schläfen. »Warte eine Sekunde«, bat er und zog einen Korb mit Spielsachen hervor, auf dem Gebrauch NUR für Spiel- und Krabbelgruppe stand.
    Jack schlängelte sich von Laras Schoß und nahm Kurs auf die Spielsachen.
    »Betty, bist du noch da unten?«, rief James die Treppe hinunter. Er goss zwei Tassen Pfefferminztee ein und brachte sie zum Tisch.
    »Ich kann mich einfach nicht losreißen«, sagte Betty, die mit einem Maßband um den Hals die Stufen hinaufkam. »Oh, hallo, Lara, Schatz.« Sie ging zu Lara und küsste sie.
    »Sie weiß über das Larssen-Haus Bescheid.«
    »Oh«, machte Betty. »Oje.«
    »Bevor du noch mehr dazu sagst, Lara«, begann James, »möchte ich, dass du weißt, dass wir keine andere Wahl hatten. Wir stellen grundsätzlich allen unseren Schauspielern eine Unterkunft zur Verfügung, und in Marcus’ Fall bedeutete das, dass wir gezwungen waren, eine komplette Familie unterzubringen, was uns ziemliche Kopfschmerzen bereitet hat. Wir sind darauf angewiesen, dass Leute aus dem Ort uns entweder umsonst oder für sehr wenig Geld Zimmer bereitstellen, und Betty und ich haben Monate im Voraus damit zu tun, alles zu organisieren. Eine Bleibe für euch alle fünf zu finden wäre so gut wie unmöglich gewesen – wenn unser großzügiger Wohltäter nicht gewesen wäre, der das Haus aus dem Larssen-Nachlass gekauft und es uns gestiftet hat. Damit hat er das Problem gelöst, mit dem ihr als Familie uns konfrontiert habt.«
    »Aber ihr wisst, was in dem Haus passiert ist?«
    »Selbstverständlich wissen wir, was in dem Haus passiert ist«, sagte James.
    »Alle wissen das.« Betty setzte sich neben Lara und nahm ihre Hand. »Aber mal ehrlich, Liebes, das ist doch Schnee von gestern.«
    »Warum habt ihr uns nichts davon erzählt?«
    »Was hätte das genützt?« James gähnte, ließ sich gegen seine Stuhllehne sinken und verschränkte die Hände hinter dem Kopf.
    »Aber euch muss doch klar gewesen sein, dass wir es früher oder später rausfinden würden?«
    »Ich habe eine Million Dinge um die Ohren, Lara«, rechtfertigte sich James. »Wir sind wohl einfach davon ausgegangen, dass es reicht, wenn wir das Haus ausräumen und gründlich saubermachen. Dass ihr euch einlebt und es euch gemütlich macht, und dass es dann nicht so schlimm werden würde, selbst wenn ihr es herausfindet. Und es ist doch auch nicht so schlimm, oder? Es ist ein wunderschönes Haus. Ich bitte euch ja nicht, für immer dort wohnen zu bleiben, nur für einen Sommer lang. Die meisten Leute wären dankbar«, fügte er hinzu.
    »Das ist unnötig, Schatz«, sagte Betty zu James.
    »Ich bin einfach nur so erledigt«, erwiderte James und rieb sich die Augen.
    »Ich würde sagen, das Haus war weder ausgeräumt noch sauber, als wir angekommen sind«, widersprach Lara und schluckte trocken.
    »Das erwähntest du bereits, Liebes. Aber wir haben die Arbeiter angewiesen, es komplett leer zu räumen, bevor sie die Möbel reinstellen. Stimmt’s?« Betty

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