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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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die ihre kernigen Besitzer in ihnen unternehmen. Komm, Jacko, wir müssen jetzt langsam weiter. Sonst kommt Daddy zu spät zur Arbeit.«
    »Aber …«
    »Kein Aber. Gina wartet, und ich will mich nicht verspäten.«
    »Aber wann ist Mummy denn wieder da?«
    »Früh genug, um dir dein Abendessen zu machen.«
    Lara musste sich zwingen, nicht vor Erleichterung laut aufzuseufzen, als die beiden zu Ginas Haus weitergingen. Zum Glück hatte Jack, wie jeder kleine Sohn, der zu seinem Vater aufschaut, dessen Irrtum geglaubt. Ausnahmsweise einmal freute sich Lara, dass Marcus so dumm war.
    Eine weitere Ewigkeit schien zu verstreichen, und sie musste sich langsam und vorsichtig unter der Decke auf den Rücken drehen, um sich etwas Abkühlung zu verschaffen und freier atmen zu können. Dann wurde die Tür geöffnet, und sie spürte, wie Stephen sich auf den Fahrersitz schwang. Sie hörte, wie er etwas neben sich auf den Beifahrersitz legte, dann war seine Hand auf ihr.
    »Hi«, sagte er.
    »Jack und Marcus sind vorbeigekommen«, berichtete sie und hielt seine Hand fest.
    »Ich weiß. Ich musste drinnen warten, bis sie weg waren«, flüsterte er. »Bleib liegen, bis wir aus dem Ort raus sind.«
    Lara hielt seine Hand fest. »Könnten wir nicht ganz kurz beim Haus vorbeifahren und meine Kontaktlinsen holen? Olly und Bella sind so früh noch nicht wach.«
    »Zu riskant«, erklärte Stephen. »Wir müssen hier so schnell wie möglich verschwinden.«
    Sie spürte einen Ruck durch den Wagen gehen, als Stephen anfuhr, auf der Straße wendete und sie sich auf den Rückweg machten. Lara wusste, dass sie an Ginas Haus vorbeikommen würden, und betete, dass Marcus Stephen nicht am Steuer sehen würde. Andererseits hatte er ihn bisher nur in seiner Zirkus-Verkleidung zu Gesicht bekommen, Sam Miller würde er aller Voraussicht nach also nicht erkennen. Sowieso gab es kein Zurück mehr. Sie hatte den kritischen Punkt längst überschritten. Sie musste sich Stephens treusorgenden Händen überlassen. Und natürlich tat sie nichts lieber als das.
    Es gab niemanden auf der ganzen weiten Welt, dem sie mehr vertraute.

39
    D ie Luft ist rein«, verkündete Stephen, sobald er das Haus flüchtig nach Eindringlingen durchsucht hatte. »Kommst du einen Augenblick lang alleine zurecht? Ich muss schnell ein paar Dinge da drin erledigen.« Er deutete erst auf das Päckchen in seiner Hand, dann auf sein Arbeitszimmer, in dem Lara mit Marcus telefoniert und ihm die Lüge aufgetischt hatte. »Danach haben wir den ganzen Tag für uns. Nimm dir, was du möchtest.« Er zeigte ihr ein hohes Bücherregal neben dem Küchenbereich. »Und hier hast du ein bisschen Musik.« Er wählte etwas auf einem iPod, der auf einer wunderschönen holzverkleideten Kompaktanlage stand. Morrissey erfüllte die Luft.
    »Aha, wieder der Charming Man?«, fragte Lara, während sie im Bücherregal stöberte.
    »Das hier ist neuer. Years of Refusal heißt das Album.« Stephen verschränkte die Arme vor der Brust, lehnte sich gegen die Wand und musterte sie. »Aber er spricht uns noch genauso stark an wie früher. Seine Themen sind jetzt andere, aber trotzdem habe ich immer das Gefühl, als würde er die Geschichte meines Lebens erzählen. Weißt du, was ich meine?«
    »Was Morrissey wohl dazu sagen würde, wenn er wüsste, dass Stephen Molloy sein größter Fan ist?« Sie sah zu Stephen auf, betrachtete sein vollkommenes kantiges Gesicht und war wie geblendet von seiner Erscheinung. Er war mit jeder Faser seines Wesens ein Star.
    »Weißt du was? Das wäre ihm scheißegal. Und deswegen liebe ich ihn.«
    Lara lächelte.
    »Wir sehen uns in ein paar Minuten.« Stephen ging zu ihr und zog sie in die Arme. »Rühr dich nicht vom Fleck.«
    »Ich glaube, das könnte ich auch gar nicht«, entgegnete sie. »Mit meinen schlechten Augen.«
    Sie strich über die Bücher in Stephens Regal und ging ganz dicht heran, um die Titel entziffern zu können. Es gab jede Menge Kochbücher und auch einige Reihen mit moderner Lyrik. Auf Augenhöhe zog sich ein Bord voller Kunstbücher – theoretische Werke und Monographien – über die ganze Breite der Wand. Sie durchsuchte die nach Alphabet geordneten Titel und fand den Alice-Neel-Band, den Bella sich angesehen und der ihr so gefallen hatte. Lara hob das Buch aus dem Regal und trug es zum Sofa, wo sie es auf ihren Knien aufschlug und sich mit zusammengekniffenen Augen vorbeugte, um die Bilder zu betrachten.
    Beim Blättern öffnete sich das Buch wie

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