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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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in regelmäßigen Abständen im Rasen steckten. Sie waren es, die den Hund aufgehalten hatten.
    Der jedoch hatte sich sofort wieder gefangen und kläffte weiter, knurrte und fletschte die Zähne vor Wut, dass er sie nicht erreichen konnte. In der Ferne stimmten andere Hunde mit ein, und ihr Gebell hallte in den umliegenden Hügeln wider.
    »Faszinierend.« Lara streckte dem Tier die Zunge heraus. Dann ließ sie den Stein fallen und setzte sich wieder in Bewegung.
    Sie war erst wenige hundert Meter weit gekommen, als ein zweiter großer Hund über die Straße auf sie zugesprungen kam. Wie sein Vorgänger, so hatte auch er sie ganz eindeutig ins Visier genommen, allerdings schien seine Absicht eine andere zu sein. Lara blickte sich nach Steinen um, sah aber keine in Reichweite. Sie verhielt sich ganz still, weil sie hoffte, dem Tier auf diese Weise zu signalisieren, dass sie keine Bedrohung darstellte.
    Wenige Schritte von Lara entfernt blieb der Hund stehen und musterte sie aus runden gelben Augen. Er war riesig, noch größer als der andere Hund, wie eine schwarze Dänische Dogge. Er duckte sich, und sie machte sich mit geballten Fäusten bereit, ihm einen Schlag gegen das Herz zu versetzen, sobald er sie ansprang. Zu ihrem Erstaunen jedoch legte er sich auf den Boden und sah winselnd zu ihr hoch.
    »Hallo, mein Junge.« Lara hielt ihm die Hand hin. Besser, man macht ihn sich zum Freund als zum Feind, dachte sie.
    In geduckter Haltung kroch der Hund über den Weg auf sie zu, bis seine Schnauze fast ihre Finger berührte. Als sie ihn streichelte, kam er ihr entgegen und schmiegte sich an sie wie eine Katze. Dann machte er Sitz und hielt ihr eine Vorderpfote hin.
    »Freut mich, dich kennenzulernen.« Lara schüttelte ihm die Pfote. Sie fühlte an seinem Hals nach einer Marke, damit sie ihn mit Namen ansprechen konnte, aber er hatte keine. »Wie soll ich dich denn nennen? Wie wäre es mit Hund? Also, Hund, ich muss dann mal weiter.«
    Sie entfernte sich ein paar Schritte, dann blieb sie stehen und blickte zurück. Hund saß da, schaute ihr nach und sah aus, als wolle er ihr winken, wenn er es nur gekonnt hätte.
    Bis auf einen Beinahe-Zusammenstoß mit einem leuchtend blauen Vogel, der einen Federkamm auf dem Kopf hatte, gab es keine weiteren Zwischenfälle. Irgendwann gelangte Lara an eine Brücke, die zurück über den Fluss führte, ohne dass sie ein zweites Mal an dem Höllenhund vorbeimusste.
    Als sie wieder beim Haus ankam, war es fast schon zu heiß zum Laufen. Aber die Stunde körperlicher Betätigung hatte ihr Gehirn mit Endorphinen überschwemmt, und sie fühlte sich beinahe wie neugeboren. Sie beugte sich über das Treppengeländer der hinteren Veranda, um ihre Schenkel zu dehnen, und atmete tief ein und aus, damit ihr Herzschlag sich wieder beruhigte.
    Im Haus war alles still – es war noch niemand wach. Wieder staunte sie über die Fähigkeit ihrer Familie, den Jetlag einfach wegzuschlafen. Als sie in die Küche ging, um sich ein Glas Wasser einzugießen, hörte sie vorn vor dem Haus ein Kratzen. Sie ging durch den grauenvollen Eingangsflur und öffnete die Haustür. Dort saß Hund und blickte sie mit zum Gruß erhobener Pfote an.
    »Hallo«, sagte sie und kraulte ihn hinter den Ohren. »Ich würde dich ja reinlassen, aber das geht leider nicht. Mr Wayland und der junge Master Wayland haben nämlich eine Allergie gegen Kerle wie dich. Aber warte kurz, mein Junge.«
    Hund schien sie verstanden zu haben, denn er machte keinerlei Anstalten, über die Schwelle zu kommen. Lara ging zurück in die Küche, fand im Topfschrank eine Plastikschüssel, füllte sie mit Wasser und trug sie nach draußen auf die Veranda. Hund war offenbar sehr durstig, denn er schlappte alles auf.
    Die nächsten zwei Stunden verbrachte Lara damit, unter Ausnutzung ihrer Restenergie vom Sport den schimmeligen Kühlschrank sowie die Küchenschränke mit ihren schmierigen Fünfziger-Jahre-Auslegepapieren und Fliegenkadavern zu schrubben.
    Sie war auf Händen und Knien und wollte sich gerade den letzten Schrank vornehmen, als sie jemanden hinter sich spürte.
    »Toller Arsch«, hörte sie Marcus sagen.
    Sie hob den Kopf und sah ihn an, wobei sie sich mit dem Unterarm die Haare aus dem Gesicht schob.
    »Geht es Jack gut?«
    »Bestens. Schläft wie ein Baby. Was machst du da?«, fragte er und sah auf sie herab. Er trug noch das T-Shirt und die Unterhose vom Vortag.
    »Wie sieht es denn aus?«, fragte sie zurück. »Das wird ganz schön

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