Hautnah
Gras bewachsene Fläche, von Blumen- und Gemüsebeeten unterbrochen, sanft zu einem Teich hin abfiel. Dahinter begann der Wald. Am äußersten Ende des Gartens stand eine verfallene Scheune, die sich zur Seite neigte, als könne sie jeden Augenblick einstürzen.
»Da geht niemand rein, verstanden?«, mahnte Lara.
»Nicht mal zehn Pferde würden mich dazu kriegen«, sagte Olly.
Es war ziemlich voll. Gäste standen in der Nähe einer Feuergrube zusammen oder hatten sich am Boden auf Decken niedergelassen, tranken Wein und unterhielten sich. Der Klang von Gelächter und der Duft von auf Holzkohle gegrilltem Fleisch erreichten sie selbst aus über dreißig Metern Entfernung, als sie durch den Vorgarten gingen.
»Wie sind die alle so schnell hierhergekommen?«, wunderte sich Marcus.
»Du warst Ewigkeiten weg, Dad«, sagte Olly. »Wir dachten schon, die alten Schätzchen hätten dich aufgefressen.«
»Man muss sie umgarnen.« Marcus zwinkerte.
» DIE WAYLANDS !« James löste sich aus einer Gruppe. Auch an diesem Abend war er wieder in fließendes Weiß gekleidet und sah aus wie ein gewaltiges Segel. Die Gespräche verstummten, und alle wandten sich ihnen zu. Dann brandeten lauter Willkommensjubel und Applaus auf.
»Scheiß Amis«, brummte Olly.
»Scheiß Theaterfritzen, meinst du wohl«, sagte Bella. Sie ließ den Blick durch die Menge schweifen. Wahrscheinlich, vermutete Lara, hielt sie Ausschau nach diesem Jungen, Sean.
»Seid still, ihr beiden«, bat Marcus sie. Er setzte sein offizielles Lächeln auf und steuerte seine Familie auf James und das Zentrum des Trubels zu.
»Meine Lieben.« James erdrückte Marcus in einer bärenstarken Umarmung und ging mit ihnen zusammen weiter in Richtung Haus. »Was in Gottes Namen hat euch so lange aufgehalten?«
»Dad musste erst noch ein Bad in der Menge nehmen«, erklärte Olly.
»Und wir haben uns verfahren«, ergänzte Lara. »Es ist wirklich schön hier.« Sie näherten sich der Feuerstelle, einem Erdloch von der Größe eines Sarges, voll mit weißglühenden Kohlen, über denen auf einem eisernen Rost Fisch und Fleisch brieten.
»Nicht wahr?«, sagte James. »Betty hat sie letztes Jahr ausgehoben. Wie viele Partys wir schon um diese Feuergrube herum gefeiert haben! Im Angebot sind Jakobsmuscheln, Shrimps, Buffalo Wings, Burger und Würstchen. Und der Mais steht hoch, deswegen gibt es auch noch die lokale Spezialität der Saison.« Er deutete auf einen Zuber mit Wasser, in dem ganze, ungeschälte Kolben Zuckermais schwammen. »Wenn man sie einweicht, verbrennen sie nicht. Aber du liebe Zeit, wo habe ich nur meinen Kopf? Da mache ich euch zuerst mit dem Essen bekannt statt mit den Gästen! Kennt ihr schon June und Brian, die zwei fantastischen Stars unseres Musicals? Und das sind Frank, Josh, Shelley, Dana, Nicholas, Dave, Dave und Dave, Sarah, Anne, Tony, Ed, Tot, Peter, Martha, Sylvester, Madonna – nein, nicht die Madonna. Und Nancy, Darius, Oleanna, Jose, Sol, Johnny, Helene, Janette und Brianna; dann haben wir noch Cara, Stacey, Tipper, Madison, Megan, Taylor und Selina.«
»Ich weiß nicht, ob ich mir all eure Namen auf Anhieb merken kann, aber ich freue mich, euch kennenzulernen«, sagte Marcus.
»Hi!«, riefen alle im Chor zurück und hielten ihre Gläser hoch.
»Weitermachen«, befahl James und führte die Familie Wayland auf die Veranda zu. »Größtenteils sind es Darsteller aus dem Musical. Einige von ihnen spielen auch im schottischen Stück mit, aber das eigentliche Ensemble kommt erst in ein oder zwei Tagen an. Wir durchmischen gerne alles ein bisschen.«
»Wo ist denn Betty?«, erkundigte sich Lara.
»Oh, die ist drinnen und kümmert sich mit Trudi zusammen um die Salate. Nun denn, Familie Wayland«, sagte James. »Seid ihr bereit für eure Überraschung? Ich halte es nämlich nicht länger aus.« Er öffnete die Fliegengittertür zur Küche, in deren Mitte ein mit zahlreichen Salatschüsseln und Brotkörben beladener Tisch stand. Betty war über die Spüle gebeugt und schnitt eine Wassermelone in Scheiben. Sie hatte ein langes Halterneck-Kleid aus Lurex an, das Bianca Jagger im Studio 54 hätte tragen können, und darüber eine Fünfziger-Jahre-Blümchenschürze.
»Ihr Lieben.« Sie legte das Messer weg und nahm die Schürze ab, bevor sie jeden Einzelnen, einschließlich des ziemlich steifen Olly, umarmte und küsste. »Dann ist es also so weit?«, fragte sie James.
»Es ist so weit«, bestätigte James.
»Trudi, Schatz, wir bräuchten
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