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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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Apotheke zu gehen und sich einen Schwangerschaftstest zu kaufen. Die rosafarbene Linie, die Sekunden nach dem Kontakt mit ihrem hormongeschwängerten Urin im Sichtfenster des Plastikstäbchens erschienen war, hatte wenig dazu beigetragen, ihren Appetit zu zügeln. Im Gegenteil, sie hatte ihre Kalorienzufuhr noch verdoppelt und sogar auf der Arbeit angerufen und Lügenmärchen von einer angeblichen Grippe erzählt, um in Ruhe zu Hause auf der Couch liegen und essen zu können und dabei zuzusehen, wie sich die Gäste in der Jeremy Kyle Show gegenseitig zerfleischten.
    Damals hatte sie mit dem Gedanken gespielt, es Marcus erst zu sagen, wenn es schon zu spät war. Aber als er an jenem Wochenende nach Hause gekommen war – er hatte eine kleine Rolle in einem Ayckbourn-Stück in Southampton gehabt –, war ihm, das musste sie ihm zugutehalten, die Veränderung sofort aufgefallen. Vielleicht hatte es auch an der Anzahl Mr-Kipling-Törtchen-Verpackungen im Recyclingmüll gelegen. Was auch immer der Grund war, sie war aufgeflogen. Und genauso kam sie sich auch vor: als läge die Schuld, dass sie schwanger geworden war, allein bei ihr. Dabei war er derjenige, der sich weigerte, Kondome zu benutzen, und stattdessen auf die unzuverlässige Methode des Coitus interruptus schwor. Wahrscheinlich hätte sie die Pille nehmen oder zu irgendeiner anderen Form der Verhütung greifen sollen. Aber Erstere war ihr zu unnatürlich und kam ihr, gemessen an den wenigen Gelegenheiten, zu denen überhaupt Verhütung benötigt wurde, übertrieben vor. Und mit Letzterer hatte sie keinerlei Erfahrung. Kontrolle war für sie zeit ihres Lebens ein eher abstraktes Konzept gewesen.
    Es begann mit einem Monat inneren Ringens, hin- und hergerissen zwischen drei Polen: ihrem Mann, ihrem Gewissen und ihrem Körper. Und es endete im Park vor der Klinik, mit Marcus’ verzweifelten Beschwörungen einer strahlenden Zukunft, in der sie jede Menge Freiräume hatte und Jack ganztags in die Schule ging, gesund und glücklich war und alle Vorteile genoss, die es mit sich brachte, wenn die einzigen Geschwister wesentlich älter waren und er die Aufmerksamkeit seiner Eltern nicht mit einem weiteren, jüngeren Geschwisterkind teilen musste.
    Schon während er sprach und dabei ihre Hand streichelte, wusste sie, dass seine Motive in Wahrheit komplett selbstsüchtig waren. Er wollte nicht noch stärker gebunden sein. Er wollte sich als Ernährer der Familie nicht noch unzulänglicher fühlen.
    Letzten Endes hatte sie sich von ihm in die Klinik begleiten lassen, wo man ihre Daten aufnahm, sie in ein blaues, hinten offenes OP -Hemd steckte, ihr etwas zur Beruhigung gab und sie in ein Wartezimmer zu lauter Frauen setzte, die nicht einmal mehr in der Lage waren, ihre eigene Anwesenheit, geschweige denn die der anderen, wahrzunehmen. Als sie an der Reihe war, wurde sie in den Vorbereitungsraum gebracht, wo man sie auf eine Trage legte und ihr intravenös ein Narkosemittel verabreichte. Ihre nächste Erinnerung war, wie sie, mit ausgetrocknetem Mund und einer Vlieseinlage zwischen den Beinen, von einer freundlichen, aber resoluten Schwester sanft wachgerüttelt wurde und in unkontrolliertes Schluchzen ausbrach.
    Und als sie nach dem Eingriff nach Hause gekommen war, schweigsam und am ganzen Körper zitternd, hatte ihr Heißhunger kein bisschen nachgelassen. Ganz im Gegenteil.
    Und jetzt saß sie auf der Veranda und fragte sich, ob die rostige Hollywoodschaukel den zusätzlichen zehn Kilo Gewicht, die sie mit sich herumschleppte, überhaupt gewachsen war.
    Aber das Joggen würde helfen, und das Gute am Wiedersehen mit Stephen war, dass sie seitdem fast keinen Bissen heruntergebracht hatte.
    Erneut war da dieses Gefühl von Erleichterung, vermischt mit Scham: Wie wäre es gewesen, Stephen nach all den Jahren gegenüberzutreten und schon wieder schwanger zu sein?
    »Hier kommt der Tee«, verkündete Marcus, als er mit zwei Bechern auf die Veranda trat. »Rutsch rüber.«
    Sie machte Platz für ihn auf der Schaukel. Sein Dior-Aftershave – das er eher aus kosmetischen denn aus funktionellen Gründen auflegte, da er sich einen Bart wachsen ließ – kitzelte ihr in der Nase.
    »Jemand hat im Bad ganz fantastische Arbeit geleistet. Ich fühle mich allen Ernstes sauberer, nachdem ich die Dusche benutzt habe.«
    »Gut.« Lara probierte von ihrem Tee. Er schmeckte scheußlich. Lipton’s war die einzige halbwegs erschwingliche Marke im Supermarkt gewesen – eine winzige

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