Hautnah
beschrieben hatte. Es war mit abblätternder Farbe handgemalt und dermaßen alt, dass man es in einem der Antikläden rund um die Bibliothek hätte verkaufen können. »Wäscherei« stand in verschlungener Schreibschrift darauf, darunter waren zwei Kinder abgebildet, die Kleider in einer Zinkwanne wuschen, während um sie herum Seifenblasen aufstiegen. Ganz unten auf dem Schild deutete ein Pfeil zu einer staubigen Einfahrt, die unmittelbar hinter einem abbruchreifen Haus um die Ecke führte. Lara hoffte, dass die Wäscherei mehr als bloß Zinkwannen zu bieten hatte, um den großen Sack Schmutzwäsche zu reinigen.
Sie war froh, als sie in dem niedrigen Häuschen am Ende der Einfahrt insgesamt zehn große Waschmaschinen und fünf Trockner vorfand. Abgesehen von einer einzelnen Wäscheladung, die in einem der Trockner im Kreis herumgeschleudert wurde, war der Waschsalon leer. Lara blieb stehen und betrachtete das Braun, Beige und Grau der Kleider in der Trommel, als sie an ihr vorbeiwirbelten. Die Hitze im Waschsalon machte das Atmen fast unmöglich, und Lara fluchte leise, als sie spürte, dass ihre Achseln feucht wurden – sie hatte vergessen, nach der Dusche Deo zu benutzen. Es kam ihr so sinnlos vor, frische Kleider vollzuschwitzen, während man die alten wusch. Einen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken, sich bis auf die Unterwäsche auszuziehen und das Kleid mit in die Maschine zu werfen.
Sie stopfte die Schmutzwäsche in die Trommel, fütterte den Schlitz mit Vierteldollarstücken und die Waschpulverschublade mit Waschpulver. Dann drehte sie sich zu Jack um, der wie ein Klecks Butter in seinem Buggy hing. »Wollen wir nach draußen gehen und das Buch hier lesen?«, fragte sie und holte sein derzeitiges Lieblingsbuch, Wir gehen auf Bärenjagd, aus ihrer Handtasche.
»Nein«, antwortete Jack.
»Was möchtest du denn machen?« Sie hatten eine Stunde, bis die Wäsche durchgelaufen war, und Lara wollte nicht den ganzen Weg zurück zum Haus gehen, um dann zwanzig Minuten Zeit zu haben, bevor sie erneut losmussten.
»Ich will schaukeln«, quengelte Jack. »Und es ist so heiß, ich halt das nicht aus.«
Er verzog sein verschwitztes kleines Gesicht zu einer missmutigen Grimasse. Lara sah sich im Waschsalon um. Mit seinen Wänden aus billigem Plastiklaminat und dem abgewetzten Linoleumfußboden war er fast genauso trostlos wie ihr Haus. Lara fragte sich, wer auf die Idee kam, in einem Ort wie diesem einen Waschsalon zu betreiben. Seine versteckte und durch Bäume geschützte Lage machte ihn zu einem idealen Ort für Unfug aller Arten. Jack hat recht, dachte sie. Die Schaukel ist tausendmal besser, als hier herumzusitzen und zu warten.
Da Jack behauptete, zum Gehen zu müde zu sein, schob Lara ihn im Buggy nach draußen. Sie vermutete, dass sie, um zum Spielplatz zu gelangen, die Abkürzung über den Schulhof nehmen konnten. Sie überquerten gerade den Parkplatz vor der Wäscherei, als ein Wagen mit hoher Geschwindigkeit um die schwer einsehbare Straßenecke in die Einfahrt gebogen kam. Lara schrie auf und versetzte Jacks Buggy einen Stoß, so dass er in eine Hecke rollte. Hätte sie nicht so schnell reagiert, hätte der Wagen den Buggy gestreift oder sogar Schlimmeres. Das Auto kam mit kreischenden Bremsen zum Stehen.
»Immer sachte«, sagte Lara, als sie sich wieder gesammelt hatte.
Die Fahrerin des Wagens stieg aus und murmelte etwas zu sich selbst. Ohne Lara und Jack eines Blickes zu würdigen, marschierte sie schnurstracks in den Waschsalon. Lara sah nichts als jede Menge Beige und ein braun-türkis gewürfeltes Tuch, das sie vom Vortag aus dem Diner wiedererkannte.
»Unmöglich«, sagte Lara laut zu Jack in der Hoffnung, dass die Frau es hören würde. »Sie hätte uns umbringen können.« Sie überlegte, ob sie genug Mumm hätte, hineinzugehen und die Frau auf ihr Verhalten anzusprechen. Doch dann kam diese keine Minute später mit einer vollgestopften Tasche wieder heraus. Hinter der großen Sonnenbrille konnte Lara das Gesicht der Frau nicht erkennen, aber sie hatte einen verkniffenen, bitteren Zug um den Mund. Sie warf die Wäsche auf den Rücksitz ihres Wagens, sprang auf den Fahrersitz und setzte mit quietschenden Reifen in einem weiten Bogen zurück, bevor sie davonraste und den Geruch verbrannten Gummis zurückließ.
»Erstaunlich«, sagte Lara.
»Böse Frau«, sagte Jack.
»Ganz böse Frau«, pflichtete Lara ihm bei.
Links vom Parkplatz führte ein Trampelpfad einen mit Gras bewachsenen
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