Havanna für zwei
erwähnt.
»Ach, den hast du nie kennengelernt«, wehrte Sophie hastig ab. »Ich war nur ein paar Wochen mit ihm zusammen.«
»Hat Paul ihn gekannt? Er hat mal beiläufig so was erwähnt, irgendeine Promotion-Aktion im Floridita. Ich bin mir sicher, dass Evans dafür zuständig war.«
»Er war ganz unten auf der Rangleiter. Ich glaube, er war nicht lange bei Evans.«
Der Kellner stellte drei Cocktailgläser auf den Tisch.
Sophie schnappte sich ihres hastig und verschanzte sich dahinter. »Haben Sie eine Speisekarte? Wir wollen hier essen!«, wandte sie sich an den Kellner.
Emma runzelte irritiert die Stirn. Dass Sophie mal einen Freund aus Pauls Firma hatte, hörte sie zum ersten Mal. Warum hatte er ihr das nie erzählt?
»Also, Emma aus Irland, was wollen Sie später noch machen?«
Aber Emma zerbrach sich immer noch den Kopf über ihre Schwester und Pauls Kollegen. Sie sehnte sich danach, ihre Wissenslücken aus den Wochen vor Pauls vorzeitigem Tod zu schließen. Doch Donal hatte sie gewarnt, nach Anhaltspunkten und Hinweisen zu suchen, die vielleicht nicht existierten, und gesagt, dass sie wahrscheinlich nie erfahren würden, warum Paul so und nicht anders gehandelt hatte.
»Mir egal«, meinte sie schulterzuckend. »Ach ja, ich will tanzen gehen. Wie wär’s mit dem Casa de la Música, das uns unser Taxifahrer empfohlen hat?«
»Dann gehen wir ins Casa de la Música!«, verkündete Greg.
Nachdem sie sich die Bäuche mit Gerichten aus der riesigen Auswahl an Menüs mit Hummer und Meeresfrüchten auf der Speisekarte des Floridita vollgeschlagen hatten, gingen sie zu Fuß den kurzen Weg über den Parque Central und die Calle Neptuno zum Casa de la Música. Als sie vor dem Eingang standen, sahen sich die Schwestern an. Sie hatten beide denselben Gedanken.
»Sieht aus wie dieser Saal in Longford, in den wir als Teenies immer gegangen sind, wenn wir Tante Joan besucht haben.«
Sophie hatte Emma die Worte aus dem Mund genommen. Der trostlose Korridor mit dem verwahrlosten Blumenkasten gleich hinter der Tür hätte zu einer Disco in den achtziger Jahren im ländlichen Irland führen können.
Greg zahlte die fünfzehn CUC Eintritt für alle, und sie traten durch eine riesige Pendeltür, aus der der Rhythmus eines Modern Dance Mix mit einem Salsa-Beat drang.
»Die Bar könnte eine Renovierung vertragen!«, raunte Sophie Emma ins Ohr.
Emma betrachtete die kahle Theke, an der fünf schwache Lichter die Getränke hinter den Barkeepern beleuchteten. Es gab keine große Auswahl an Marken oder Getränken, dafür aber reihenweise Havana-Club-Flaschen. Kein Wunder, dass auf der Karte so viele Rumcocktails angeboten wurden.
»Setzen Sie sich doch, meine Damen, ich hole uns was zu trinken«, verkündete Greg.
»Danke«, antwortete Sophie mit einem koketten Lächeln und lotste ihre Schwester zu einem Tisch an der Tanzfläche.
»Als ich das letzte Mal auf so was saß, ging ich noch zur Schule«, bemerkte Emma und rückte sich einen orangefarbenen Plastikstuhl zurecht. »Es ist schön, mal einen etwas anderen Nachtclub zu erleben als sonst im Urlaub.«
»Hier stinkt’s! Und ich muss aufs Klo. Ich wette, die Toiletten sind grauenvoll.«
»Ach, es ist nur alt. In Irland haben wir uns inzwischen daran gewöhnt, dass alles picobello und brandneu ist.«
Sophie verdrehte die Augen und stapfte los, um das WC zu suchen.
Greg kam mit drei Mojitos zurück und stellte sie auf den Tisch.
»Danke, Greg«, murmelte Emma und nippte an ihrem.
»Wo ist Sophie?«
»Sie ist gleich wieder da.«
»Mit Sophie hat man viel Spaß, Emma aus Irland, aber sie hat nicht das Niveau ihrer großen Schwester!«, sagte er augenzwinkernd.
Emma errötete und trank noch einen Schluck.
»Heute Abend tritt ein Sänger auf. Er ist ein Star hier in Kuba. Erst danach wird richtig getanzt.«
Gabriel Martinez war ein großartiger Künstler und sang anderthalb Stunden lang. Ein paar Einheimische standen auf und tanzten zu seiner Musik. Die Touristen, hauptsächlich Südamerikaner und Kanadier, saßen am Rand und sahen bewundernd zu, wie man Salsa tanzt.
Als der DJ die Bühne betrat, stürmten alle auf die Tanzfläche. Es war anders als alles, was die Irinnen je zuvor erlebt hatten. Ein junges kubanisches Paar stach aus der Menschenmenge hervor. Der Mann trug eine Baseballkappe und ein eng anliegendes weinrotes Hemd, das seine dunkle Haut wunderbar zur Geltung brachte. Er war so beweglich und biegsam wie ein Gummiband. Seine exotisch aussehende
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