Havanna für zwei
Aufträge an Land zu ziehen. Bestellungen, die jetzt nicht mehr eingelöst würden. Sie las ihre restlichen E-Mails, die meisten von verärgerten Ladenbesitzern und Einkäufern. Dann stieß sie auf eine, die sie zweimal hinsehen ließ. Sie war von Greg Adams.
Tut mir leid, wie alles gelaufen ist. Aber ich bin der Bürokratie in Kuba auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Hoffe, wir sehen uns in 6 Wochen???
Kuss, Greg
Die E-Mail zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht, obwohl sie sich selbst dafür hasste, diesem Schlawiner nachzugeben. Aber wie sollte sie in sechs Wochen irgendwo hinreisen? Sie hatte hohe Kreditkartenschulden. Ihre Hypothek war zum Glück nicht ganz so hoch, aber ihren kleinen Mazda-Sportwagen abzubezahlen würde jetzt problematisch. Sie hatte noch nie im Leben ohne eigenes Einkommen dagestanden; sogar als Schülerin hatte sie schon im Pub gejobbt, um sich Schminke und CDs leisten zu können. Sie musste jemandem von den schrecklichen Neuigkeiten erzählen, aber Emma oder Louise hörten ihr im Moment bestimmt nicht zu. Sie stürmte aus dem Büro.
»Tschüs, Sophie!«, rief Harry ihr nach, was sie völlig ignorierte.
Sie rannte die Treppe hinab und stieg in ihren Wagen. Sie würde ins Beaumont Hospital fahren und ihren Vater besuchen. Daddy war bisher immer für sie da gewesen.
Louise ging zur Anmeldung und sprach die Brillenschlange mit dem verkniffenen Gesicht an.
»Entschuldigen Sie, können Sie mir sagen, ob Larry Owens noch auf der Herzstation ist?«
Ohne auch nur aufzublicken, tippte die Frau ein paar Zahlen in den Computer und wartete.
»Er ist in St. Bridget’s, beim OP-Informationsgespräch.«
»Danke«, sagte Louise steif. Emma war vorhin schon bei ihm gewesen und hatte ihr versichert, dass ihr Vater in viel besserer Verfassung war.
»Louise?«
Überrascht, ihren Namen zu hören, drehte sie sich um.
Es war Jack, dessen Anblick ihr ein Lächeln aufs Gesicht zauberte.
»Ich hab mich schon gefragt, ob ich dich hier treffe«, meinte er. »Man hat mich hergeschickt, um eine Krankenhausreportage zu schreiben. Hast du Zeit für einen Kaffee?«
»Klar. Wie ist es dir ergangen? Ich hab an dich gedacht.«
»Mir ging’s schon mal besser. Erinnerst du dich an Peter Kelly?«
Louise dachte kurz nach. »Der Name kommt mir bekannt vor. War das nicht ein Freund von dir?«
»Ja. Tja, wir haben neulich Abend zusammen ein Bier getrunken, und er hat von dir gesprochen!«
Louise errötete. »Gehen wir in die Kantine.«
»Wie geht’s deinem Dad?«
»Ich will gerade zu ihm. Es hat sich herausgestellt, dass der Einbruch vielleicht sogar ein Segen für ihn war. Er benötigt einen dreifachen Bypass und hätte jederzeit tot umfallen können, wenn sie es hier nicht festgestellt hätten.«
»Ist ja schräg.«
Sie liefen weiter den Korridor entlang, bis sie zur Kantine kamen.
Wieder rief jemand nach Louise, und diesmal wusste sie schon, wer es war, bevor sie sich umdrehte.
»Sophie! Willst du zu Dad?«
Sophie schüttelte ihre Lockenpracht. »Ich hatte einen grauenhaften Vormittag. Als ich in die Firma kam, musste ich feststellen, dass ich ohne Arbeit dastehe.« Sie musterte Jack, und Louise sah förmlich, wie ihr Gehirn arbeitete. »Sophie Owens. Ich bin Louises Schwester«, flötete sie mit einem breiten Lächeln.
»Ich bin Jack.«
Sophie legte neugierig den Kopf schief. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«
Louise fühlte sich unbehaglich. Das war Sophie auf Männerjagd im Reinformat.
»Was ist denn mit der Firma?«, fragte Louise, obwohl es ihr nach allem, was Sophie Emma angetan hatte, sehr schwerfiel, ihr in die Augen zu sehen.
»Mein Chef hat den Laden letzte Woche dichtgemacht und allen per E-Mail mitgeteilt, dass er das Land verlässt. Es ist surreal. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Es sind so viele Menschen arbeitslos.«
»Möchten Sie mitkommen? Wir wollen einen Kaffee trinken«, schlug Jack vor.
»Gerne. Ich könnte einen gebrauchen.«
Louise war sauer. Wie schaffte es Sophie nur, ihr immer alles zu verderben, sogar einen unschuldigen Kaffee mit Jack? Sie sah sofort, dass er sie attraktiv fand. Es schien keine Rolle zu spielen, wo Sophie war, sie hatte einen biologischen Magneten, der die Männer unwiderstehlich anzog. Sie brauchte sich gar nicht zu bemühen, und sie waren hin und weg.
Sie reihten sich in die Schlange ein und warteten.
»Willst du was essen?«, fragte Louise Jack.
»Nein danke.«
»Ich nehme einen Schoko-Muffin«, verkündete Sophie und deutete auf einen
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