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Havelgeister (German Edition)

Havelgeister (German Edition)

Titel: Havelgeister (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Wiersch
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stöckelte.
    »Was darf ich für Sie tun?«, fragte sie in dem Augenblick, als das Kabinenlicht wieder anging und die Aufforderung, sich anzuschnallen, erlosch.
    »Würden Sie mir ein Glas trockenen Rotwein bringen?«, bat Wegmann und freute sich nicht nur über den Anblick der bildhübschen slowenischen Stewardess.
    So ließ sich die Zeit bis zur Landung um 01:10 Uhr verbringen.

37
    Bremer war als erster die Treppen hochgelaufen, Manzetti ihm dicht auf den Fersen. Manzetti war sich immer noch nicht sicher, ob er dem Computerfreak trauen könnte, aber was blieb ihm anderes übrig. Bremer schien sich ganz sicher zu sein. Und auf den war er schließlich angewiesen. Oben drückte der Doktor auf die Klingel, wie vereinbart 3xkurz, 3xlang, 3xkurz. SOS.
    Sebastian öffnete mit einer tiefen Verbeugung.
    »Es ist mir eine Ehre, die Herren«, sagte er und ließ dann seinen Besuch in die Wohnung ein.
    »Red nicht so’n Zeug«, schimpfte Bremer den Sohn seines Assistenten und deutete einen väterlichen Klapps auf den Hinterkopf an.
    Sebastian zog den Kopf ein und führte die beiden dann in sein Arbeitszimmer. Ein Raum, wie ihn Manzetti bislang nur im Film gesehen hatte. Monitore von vier festen und drei mobilen Computern flimmerten durch das Zimmer, und der Schweiß, der sofort auf seine Stirn trat, ließ keinen Zweifel, dass die Dinger zuverlässig jede Menge Wärme produzierten.
    »Ich habe schon mal ein bisschen vorgearbeitet«, sagte Sebastian und ließ sich auf einen blauen Sitzball nieder, mit dem er bis vor ein Notebook rollte, auf dem Luftbilder einer sehr kargen Landschaft zu sehen waren. »Zu denen komme ich später. Erst mal hab ich hier ein bisschen was über Henry Wegmann«, sagte Sebastian. Nach einem Tastendruck erschien ein Dossier über den Journalisten vom Märkischen Kurier, das bei Manzetti sofort ein ungutes Gefühl auslöste. Konnte man in so kurzer Zeit etwa auch sein Leben so ausführlich sezieren?
    »Man kann«, sagte Sebastian, der offenbar Manzettis Gesichtsausdruck richtig entschlüsselt hatte. »Wir hinterlassen jeden Tag unendlich viele Spuren von uns im WWW. Freiwillig und unfreiwillig. Ich bin nur denen nachgegangen, die unser Spezi wissentlich gelegt hat.«
    »Und wie geht das?«, interessierte sich Bremer, der mit einer Grappaflasche und drei Gläsern aus der Küche kam. Er kannte sich offensichtlich gut aus in dieser Wohnung.
    »Ich habe mir, als ich ihm den Obduktionsbericht in sein Büro gebracht habe, seinen Stick ausgeliehen. Und wie ich es vermutet habe, benutzt er den nicht nur an seinem Rechner in der Redaktion, sondern auch zu Hause. Und da ist jede Menge drauf, was genügend Fäden liefert, die man dann im Netz nur noch aufdröseln muss.«
    »Was zum Beispiel?«, fragte Manzetti, der Sebastian noch immer nicht zu hundert Prozent traute, auch wenn Bremer da ganz anderer Meinung war.
    »Sieht sich gerne Pornos an auf einer Seite mit Frauen, die im Alter seiner Mutter sein dürften. Einkaufen geht er zumeist bei Real, wo er intensiv das dortige Punktesystem nutzt. Und das verrät uns, dass er mit Vorliebe und bei jedem Einkauf Rotwein mitnimmt. Tavernello Rosato, ein Liter im Tetrapack für 1,59.«
    Manzetti verzog sein Gesicht, als hätte er akute Bauchschmerzen bekommen, wogegen Bremer sein Gesicht freudig erregt in die Breite zog. Auch er kaufte sich hin und wieder einen Tetrapack, immer dann, wenn es nicht um Geschmack, sondern um Wirkung ging.
    »Ansonsten ist er sauber, hat also keine Kontakte mit Geheimdiensten oder anderem Kram.«
    »Woher weißt du das?«, fragte Manzetti. »Wenn er mit irgendwelchen Diensten auf einer sicheren Leitung kommuniziert? Dann bist du draußen.« Das war Manzettis eingeschränkte Sicht, entstanden aus einer nicht zu überbietenden Selbstüberschätzung der Polizei.
    Sebastian hatte die richtige Antwort parat. »Mit sicheren Leitungen ist es wie mit Peter Pan. Es gibt sie beide, aber nur in den Träumen kleiner Jungs.« Er drückte wieder auf einen Buchstaben seiner Tastatur, woraufhin das Dossier über Wegmann verschwand und wieder die Luftbilder erschienen. »Das sind aktuelle Bilder aus einer Drohne der US-Army über Afghanistan. Das Pentagon war so freundlich, mich mitfliegen zu lassen.«
    Es war unglaublich, aber warum sollte Manzetti an Sebastians Worten zweifeln?
    »Das meintest du also vorhin mit der freien Autobahn?«, wandte er sich an Bremer, der bereits sein Grappaglas neu befüllte.
    »Genau. Datenautobahn. Sebastian ist diesbezüglich

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