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Havelgeister (German Edition)

Havelgeister (German Edition)

Titel: Havelgeister (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Wiersch
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Kinder.«
    Dann gab Bremer den beiden Rettungssanitätern ein Zeichen. Sie nahmen Emmi Strathmann in ihre Mitte und führten sie hinunter in ihre Wohnung. Dort wartete bereits der Amtsarzt, der sie sicherlich wieder in die Asklepiusklinik einweisen würde.
    Emmis Wohnung war die reinste Zirkusmanege. In fast allen Ecken lehnten kunstvoll geschnitzte Steckenpferde, und gleich neben der Flurgarderobe begrüßte den Besucher eine lebensgroße Clownsfigur. An der roten Nase hing noch immer Emmis Schlüsselbund.
    »Morgen, Herr Kollege«, begrüßte Bremer den Amtsarzt. »Wäre es möglich, dass ich kurz mit ihr unter vier Augen rede?«
    »Natürlich, nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen. Sie wird uns ja nicht davonlaufen.«
    »Bestimmt nicht«, sagte Bremer und schob Emmi in die Küche. »Emmi, wo sind die Quittensamen?«, fragte er und wies auf den oberen Teil des Türrahmens.
    »Was meinst du damit, Doktorchen?«
    »Als ich das letzte Mal hier war, hing über jeder Tür ein kleines Säckchen, und du hast mir erzählt, da seien Quittensamen drin. Wo sind die Säckchen jetzt?«
    »Das hast du dir gemerkt?«
    »Emmi!«
    »Ich brauche sie nicht mehr. Letzten Monat hat Willi endlich nachgegeben und sich von mir ins Licht schicken lassen. Es hat aber auch lange gedauert. Schließlich ist er schon zwanzig Jahre tot und ist genug durch die Gegend gespukt. Immer wieder habe ich auf ihn eingeredet, aber er wollte einfach noch nicht gehen.«
    »Und was hat das mit den Quittensamen zu tun?«
    »Weißt du, mit den Quittensamen ist es wie mit dem Knoblauch bei Vampiren. Sie halten die Geister ab und hindern sie daran, dich permanent zu belästigen. Mein Willi ist jahrelang immer noch zu mir gekommen, und ich konnte oft nachts nicht schlafen, weil er mir immer wieder Fragen gestellt hat. Ob ich ihn betrogen habe, mit wem ich jetzt liiert sei und so weiter. Er war notorisch eifersüchtig. Aber vor gut einem Monat ist sein alter Kumpel Eduard gestorben, und er war so unvorsichtig, auf die Beerdigung zu gehen. Die Chance habe ich genutzt und ihm mit den Quittensamen anschließend den Weg in meine Wohnung verbaut. Da muss er wohl gemerkt haben, dass ich etwas cleverer bin als er, und er es nun wahrscheinlich nicht einmal mitbekommen würde, wenn ich mich in meiner Wohnung mit jemandem treffe. Und da er mit Eduard und Fritz, der vor zwei Jahren gestorben ist, seine alte Skatrunde wieder komplett hatte, hat er sich schließlich von mir ins Licht schicken lassen.«
    Als Emmi das erste Mal von ihrer Gabe berichtete, hatte Bremer ihr keinen Glauben geschenkt. Da er die alte Zirkusdame aber mochte, hatte er ihr trotzdem zugehört, auch wenn sie in seinen Augen etwas verrückt war. Aber nun, da sowohl Manzettis Nachbar als auch seine Mutter von Menschen berichtet hatten, die mit erdgebundenen Geistern kommunizieren, war Emmi so etwas wie seine Kronzeugin.
    »Und wo sind die Samen jetzt? Hast du damit andere Geister verhext?«
    »Doktorchen«, grinste Emmi. »Geister kannst du nicht verhexen. Du kannst mit ihnen reden oder ihnen Barrieren bauen. Mehr geht nicht.«
    »Du bist wirklich klug, Emmi. Weißt du auch, was es heißt, wenn man Quittensamen in die Hosentasche von Jungs steckt? Was kann das bedeuten?«
    Emmi brauchte nicht lange zu überlegen. Sie war schließlich Expertin. »Dann ist das ein Schutzschild. Manche Geister sind auch böse und nicht so harmlos wie mein Willi. Sie ärgern dich und bringen dich in brenzlige Situationen. Um einen Menschen zu schützen, steckt man ihm Quittensamen in die Hosentasche, dann hindert es die Geister, sich ihm zu nähern.«
    »Und wenn man einem Toten welche in den Mund streut?«
    Emmi zog die Augenbrauen zusammen. »Hat das jemand getan?«
    Bremer nickte.
    »Das ist aber gegen unsere Berufsehre. Wir haben unsere Gabe, weil wir Geister ins Licht führen sollen, und nicht, um sie daran zu hindern. Streust du nämlich einem Verstorbenen Quittensamen in den Rachenraum, kann sein Geist den Körper nicht verlassen und muss auf der Erde bleiben. Ich kenne keine von uns, die so etwas tut.«
    »Emmi, wo sind deine Samen jetzt? Hast du sie noch?«
    Emmi zog die Schultern hoch. »Tut mir leid. Neulich kam eine Frau und hat sie sich geholt.«
    »Eine Frau?«
    »Ja. Sie besitzt auch die Gabe, kommt aber nicht von hier. Und deshalb hatte sie wohl auch keine Möglichkeit, sich ordentliche Quittensamen zu besorgen. Da sie die aber dringend brauchte, habe ich ihr meine gegeben.«
    »Und wie heißt diese

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