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Havelsymphonie (German Edition)

Havelsymphonie (German Edition)

Titel: Havelsymphonie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Wiersch
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Kopf zur Seite und hielt beide Hände vors Gesicht.
    „Geben Sie sich keine Mühe, Herr Manzetti. Autisten schauen nur Personen in die Augen, denen sie vertrauen. Spüren sie fremde Blicke, wenden sie sich ab.“
    Als Manzetti wieder aufgestanden war, um zur Tür zu gehen, sprang unvermittelt Arno an ihm vorbei und hüpfte neben Mario auf das Bett. Nach etwa zehn Sekunden nahm Mario die Hände herunter und schaute Arno an. Manzetti beobachtete die Szenerie aufmerksam und mit viel Respekt. Er blieb stumm und stellte keine Fragen, obwohl sie ihm auf der Zunge brannten.
    Als sie ungefähr fünf Minuten – oder vielleicht waren es auch zehn, Manzetti konnte die Zeit nicht genau eingrenzen – vollkommen regungslos im Zimmer verharrt hatten, fassten Arno und Mario sich an den Händen und schaukelten mit ihnen hin und her, wie es Kinder bei bestimmten Spielen tun.
    Draußen auf dem Flur sagte Manzetti schließlich: „Er vertraut Arno.“
    „Sieht so aus“, bestätigte Christian Wagner.
    „Können wir Arno nicht als Übersetzer engagieren? Mario hat vielleicht etwas gesehen, was uns bei der Lösung eines Mordfalls weiterhelfen kann.“
    „Sie meinen, weil die beiden womöglich miteinander kommunizieren?“
    „Genau“, sagte Manzetti.
    „Vergessen Sie’s.“
    „Warum?“, wollte Manzetti wissen.
    „Vergessen Sie’s. Die beiden reden in einer Sprache, die wir nicht verstehen.“

5
    Draußen auf der Straße nahm Manzetti sein Handy und rief im gerichtsmedizinischen Institut an. Bremer war noch da, und so klopfte er zehn Minuten später an dessen Tür.
    „Ich auch“, sagte er mit Blick auf den Becher des Mediziners und ließ sich schwer auf einen Stuhl in dem verkramten Büro fallen.
    „Na klar, Commissario.“ Bremer war offenbar besserer Laune als noch am Morgen. Er drückte noch einmal auf eine Taste der Kaffeemaschine und sah zu seinem Gast.
    „Haben Sie auch Zucker? Für Kaffee brauche ich welchen.“ Manzetti warf mit Schwung seinen Mantel auf ein kleines Sofa und knöpfte das dunkelblaue Jackett auf.
    Ohne Kommentar schmiss Bremer eine kleine Tüte durch den Raum und schaute zu, wie sich Manzetti ungelenk danach bücken musste. Dann griff er zu einem Teller, auf dem eine vor Fett triefende Bratwurst lag, und nahm sie mit den Fingern auf. Bevor er abbiss, stellte er endlich die Frage, die schon lange im Raum stand: „Was kann ich für Sie tun? Es geht doch um den Mord, oder rauben Sie mir aus Langeweile die Zeit?“
    „Natürlich geht es um den Mord.“ Manzetti sah etwas angewidert auf den Teller in Bremers Hand.
    „Aha“, gab Bremer von sich und setzte sich mit seiner Bratwurst Manzetti direkt gegenüber.
    „Müssen Sie das Ding hier essen?“, fragte der Hauptkommissar, denn dort, wo im Nebenraum zerschnittene Leichen lagen, würde er keinen Bissen herunterbekommen.
    „Muss ich. Oder soll ich zum Essen immer erst ins Stadtzentrum fahren?“
    „Nein. Aber wie wäre es mit der Kantine?“
    „Hätte ich machen können. Am Telefon klangen Sie aber so, als wollten Sie unbedingt sofort mit mir reden. Da dachte ich, dass ich Sie besser nicht unnötig warten lasse.“ Bremer biss genüsslich in die Bratwurst, drehte den Rest wie ein Exponat vor seinen Augen hin und her und sah zu, wie ein Klecks Ketchup auf den Teller fiel. „Was wollen Sie denn nun wissen?“, fragte er mit vollem Mund.
    „Die Leiche. Haben Sie die schon untersucht?“
    „Aber selbstverständlich, Commissario“, antwortete Bremer diesmal erst, nachdem er fertig gekaut hatte, und fügte hinzu, dass ihn die Tote fast den ganzen Tag gekostet habe.
    „Und? Was haben Sie herausgefunden?“
    „Nicht viel Neues.“ Bremer stellte den Teller neben sich auf den Tisch.
    „Nicht viel Neues?“, wiederholte Manzetti und erhob sich schwerfällig aus dem Stuhl.
    „Nein. Sie wurde wirklich erstochen, der Brieföffner ist bis ins Herz vorgedrungen. Die Todesursache ist somit eindeutig geklärt.“
    „Ist das alles?“
    „Nein. Ihr Gesicht war mit Öl eingerieben und am Haaransatz fand ich Gipsspuren.“
    Manzetti sah kurz von der Tasse auf. „Gips … Sie meinen doch nicht, dass sich jemand einen Abdruck gemacht hat?“
    „Doch, dafür spricht auch das Öl.“
    „Welches Öl? Man braucht doch bei einer Leiche kein Öl, um einen Gipsabdruck zu nehmen. Es kann ihr doch nicht wehtun, wenn die Maske abgenommen wird.“
    „Vielleicht war sie noch gar nicht tot, als das geschah, vielleicht wurde sie erst danach ermordet.“
    „Das könnte

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